Dümmer geht immer
Macht der Worte
Macht der Worte
Ständig und überall ist von der Flüchtlingskrise die Rede. Von „Verteilungskrise“ oder „Ungerechtigkeitskrise“ hingegen wird überhaupt nicht berichtet, obwohl die wachsende Ungleichheit in unserer Gesellschaft (mit)verantwortlich für die derzeit so düstere Stimmung in Deutschland ist. Denn rational haben (durchaus berechtigte) Zukunftsängste wie Altersarmut wenig bis gar nichts mit den Flüchtlingen zu tun sondern mit der verfehlten Sozialpolitik der vergangenen Jahre. Der Zusammenhang mit den Flüchtlingen ist eher postfaktisch, wie man seit neuestem sagt.
Noch krasser indes finde ich, dass sich die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Flüchtlingskrise bei uns verkehrt hat. Denn inzwischen wird Flüchtlingskrise mit jenen Problemen verbunden, die wir in Deutschland mit den Flüchtlingen haben. Es ist also nicht mehr die Krise der Flüchtlinge, die vor Krieg, Tod, Hunger, Vertreibung und sonstigem Elend fliehen, sondern es ist unsere Krise. Welch eine perverse Verdrehung! Plötzlich sind wir die Opfer und wir leiden unter der Flüchtlingssituation! Krasse Sache!
Nur eine derart verblendete und kranke Sicht der Dinge lässt den behelfslogischen Schluss zu, auf Flüchtlinge zu schimpfen und sie als Schuldige auszumachen. Schuldig wofür…?! Für ihre erbärmliche Situation? Oder gar für unsere sozialen Ungerechtigkeiten…?
Dass die rechten Populisten von AfD und CSU das für ihre Stimmungsmache instrumentalisieren, mag nicht verwundern. Das ist der Job von Populisten. Wenn sich ein Arschloch wie ein Arschloch benimmt, so what? Das ist zwar scheiße aber durchaus authentisch. Aber was ist mit all den anderen? Den Parteien aber auch unserer Medienlandschaft? Was ist da los…?! Wer redet stattdessen von Verteilungskrise, Ungerechtigkeitskrise, Arbeitsmarktkrise (Arbeit: ja; davon leben können: nein), Steuervermeidungskrise, Armuts- und Reichtumskrise, Klimakrise…?! Niemand! Anscheinend wird das alles nicht als Krise wahrgenommen. Komisch! Für mich sind DAS unsere Krisen, die für die derzeitige Situation und damit auch die Stimmung und die Ängste in Deutschland verantwortlich sind.
Wir brauchen dringend einen linken Populismus, der diese Begriffe so oft und so laut wiederholt, dass sie endlich Gehör finden. Auch die Linken müssen sich der Populistenweisheit bewusst werden: „Wer sich ständig wiederholt, hat recht!“ Die CSU hat dieses Prinzip übrigens schon lange verstanden.
A.Scheuer bleibt b.scheuert!
A.Scheuer bleibt b.scheuert!
– Ein Fortsetzungsroman
Dass die CSU eine Obergrenze für Vernunft und Verstand bei ihrem Personal eingeführt hat, ist schon lange vermutet worden.
Diese These hat nun wieder einmal mein Lieblings-Generalsekretär Andreas Scheuer mit seiner Senegalesen-Parabel bestätigt. Und nachdem er sich selbst rechts überholt hatte und dabei geblitzt worden war, hat er sich in allen Talkshows der letzten Woche als Weltmeister im Rückwärtsrudern der Relativitätstheoretiker präsentiert.
Schon unglaublich, wie die CSU gegen den Erfolg der AfD vorgehen will. Verbrüderung mit Victor Orban, täglichen Obergrenzen, Burkaverbot, Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft, Beschneidungs- und Vollbartverbot. Was noch…?! Vielleicht wird ja demnächst auch noch Roland Koch exhumiert und in CSU-Farben umlackiert. Mit dem Erfolgskonzept „Wo kann man hier gegen Ausländer unterschreiben?“ wurde schließlich schon mal ein Wahlkampf gewonnen.
Immerhin kann sich ein Seehofer auch hinstellen und Sätze sagen wie „Wir sind weltoffen, aber nicht multikulti“, ohne dass ihm dabei das Hirn explodiert. Klingt für mich so balla balla wie: „Wir sind schon für Weltoffenheit, äh, aber in den Grenzen von 1938!“
Und unser Verkehrsoberdödel Dobrindt soll vom Erfolg der AfD so beleidigt gewesen sein, dass er rumgequengelt hat: „Menno! Rechts überholen ist voll daneben!“ Und er wolle sich beim ADAC erkundigen, ob das auf deutschen oder zumindest bayrischen Autobahnen nicht verboten oder zumindest mautpflichtig sei.
Nachdem die CSU jetzt Gegenwind für Ihre Flüchtlingspolitik von prominenten Katholiken bekommen hat, gab sich A.Scheuer genervt: „Schauen Sie sich meine Äußerungen und meine Politik doch einmal an. Glauben Sie wirklich, dass das „C“ in CSU für christlich steht!“
Wie auch immer: A.Scheuer bleibt b.scheuert und Blaukleid bleibt Brautkohl!
Und während ich Scheuer mit Sokrates zurufen möchte: „Wer die Welt bewegen will, sollte erst sich selber bewegen!“, antwortet A.Scheuer: „Guter Mann, der Socrates, hat aber leider nie beim FC Bayern gespielt!“

Zum Teil 1 geht’s hier: https://tommiboe.com/2014/12/08/a-scheuer-ist-b-bescheuert/
Gier versus Neid
Gier versus Neid
Zwei Todsünden im ultimativen Endfight! Wer ist die größere Drecksau? Wer setzt sich beim moralischen Schlammcatchen durch? In der roten Ecke: der Neid, in der blauen Ecke: die Gier! Wer ist der größere Schurke?
Okay, beides sind Arschlöcher! Muss man da noch differenzieren? Ich meine: Ja! Denn einem der beiden wird, meines Erachtens, in der medialen Betrachtung viel mehr Be- und Verachtung geschenkt als dem anderen. Und die interessante Frage ist: Wenn schon beide Arschlöcher sind, warum redet man nur über den einen?!
So wird die Neiddebatte immer wieder gerne in den Ring geführt, wenn es um Forderungen nach mehr Gleichheit und Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft geht. Von einer öffentlichen Gierdebatte hingegen habe ich bisher noch gar nichts mitbekommen. Komisch eigentlich…! Bei Google erhält man für den Suchbegriff „Neiddebatte“ 278000 Treffer, für „Gierdebatte“ sind’s gerade mal 1550, mit der freundlichen Nachfrage: „Meinten Sie Bierdebatte?“ (Immerhin liegt der vorliegende Artikel bei der Google-Anfrage auf Platz 1!)
Zumindest ich finde den Zusammenhang zwischen Gier und Neid ganz interessant und mich wundert ein wenig, warum es sonst niemanden zu interessieren scheint und es niemand deutlich formuliert. Denn ist es nicht so, dass gerade die zügellose Gier einiger weniger zu einer immer größer werdenden Ungleichheit in unserer Gesellschaft führt und genau damit der Neid erst richtig angefeuert wird?
Denn Neid ist nicht bloß als bösartige Missgunst zu bewerten. Sie ist oft einfach Ausdruck von offensichtlich ungerechten Lebensverhältnissen.
In einer Gesellschaft mit Chancengleichheit und geringen sozialen Unterschieden ist der Neid, da ihm der Nährboden fehlt, schwächer ausgeprägt. Aber bei wachsender Ungleichheit, beim Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich, zwischen Unten und Oben, wächst und gedeiht auch der Neid.
So ist der Neid keineswegs das Übel selbst, sondern lediglich eine menschliche Reaktion auf das Übel, nämlich auf eine, von der Habgier angetriebene, auseinander driftende Gesellschaft. Und so lange den Gierigen und Vermögenden unserer Gesellschaft seitens der Politik weiterhin Geschenke gemacht werden (Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer, Höchststeuersatz, Kapitalertragssteuer; um mal die bekanntesten Geschenke zu nennen), wird sich an der Situation nichts verändern.
Das Vermögen hat mehr politischen Einfluss und dieser Einfluss wird durch die unstillbare Habgier nach noch mehr geleitet. Und das derzeit mit großem Erfolg, wie obige Reformen eindrucksvoll beweisen. Die Vermögen in Deutschland haben sich in den letzten, gerade mal 17 Jahren übrigens verdoppelt!
Hmm… Irgendwie ganz schön einfach und ganz schön eklig zugleich, dass das quasi widerstandslos und alternativlos funktioniert.
Also bitte: Wir brauchen keine Neiddebatte, wir brauchen dringend eine Gierdebatte!

Erbschaftssteuervermeidungsreform
Erbschaftssteuervermeidungsreform
Wozu darf man eigentlich „Reform“ sagen? Ist das ein geschützter Begriff? Gibt es da irgendwelche internationale oder moralische Standards? Oder kann ich mir einfach diese rhetorischen Sperenzchen als Einleitung sparen?
Auch eine interessante Frage: Wem dient diese unsere Regierung eigentlich, wenn sie schon nicht uns dient? Und mit uns meine ich, um Missverständnisse auszuräumen, nicht mich, da ich diese Regierung nicht gewählt habe, sondern diejenigen, die sie gewählt haben. Aber auch das sind natürlich alberne Spitzfindigkeiten!
Wie hat in diesem Zusammenhang Volker Pispers schon so treffend formuliert: Versuchen Sie mal, eine Politik durchzusetzen, von der 90% der Bevölkerung profitieren. Dafür finden Sie in Deutschland einfach keine Mehrheit!
Witzig, traurig und leider richtig! Und wir können so sehr darüber lachen und oder weinen, es scheint leider, dass eine Änderung dieser Politik nicht in Sicht sei.
Da kann Siggi Gabriel schon wahlkämpferisch ankündigen, die „soziale Gerechtigkeit“ im nächsten Wahlkampf zu exhumieren… Wer soll ihm das schon abkaufen, unserem TTIP-Siggi, wenn er mit seiner SPD Millionärswohlfahrtsgesetze wie gerade bei der Erbschaftssteuer erlässt? Geht’s noch SPD? Da dreht sich sogar die FDP im Grabe um. Denn die FDP braucht jetzt wirklich niemand mehr, wenn so dummdreiste Gesetze ganz ohne sie durchgedrückt werden. Denn mehr Klientelpolitik geht ja nun wirklich nicht. Dafür braucht man noch nicht mal Verschwörungstheorien.
Da kann man jetzt nur auf die Grünen und die Linken hoffen, um diesen Scheiß im Bundesrat zu entsorgen. Ansonsten muss es wohl mal wieder Karlsruhe richten.
Schon irgendwie peinlich das Ganze. Aber, naja, was haben wir denn anderes erwartet…?!
Fluchtursachen bekämpfen – Am Arsch!
Fluchtursachen bekämpfen – Am Arsch!
Jaja, schon klar…! Fluchtursachen bekämpfen! Blabla… Mantrahaft tönt das gerade aus allen Politikern. Na, dann wird wohl alles gut! Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen! Jaja… Natürlich…! Vermutlich ist das alternativlos! Oder Systemrelevant! Mannmann! Dieses hohle Phrasendreschen! Als würde sich irgend etwas Grundsätzliches ändern. Tausende ertrinken im Mittelmeer und wir schwadronieren über Fluchtursachen, die wir vielleicht demnächst, also wenn’s irgendwie möglich sein sollte, unter Umständen, jedenfalls theoretisch aber mit gutem Willen… Blabla…!
Schon in den 1970ern hat sich die Bundesrepublik dazu verpflichtet, 0,7% des BNE (Bruttonationaleinkommens) für die die Entwicklungshilfe bereitzustellen (*Anmerkung). Mensch, das ist doch nett von uns. Entwicklungshilfe klingt ja auch so lieb. Wir helfen denen – freiwillig. Weil die so arm und wir so gut sind. Man könnte das Ganze ja auch als Entschädigung bezeichnen. Dafür dass die reichen Länder Jahrhundertelang die armen Länder ausgebeutet und ihrer Bodenschätze beraubt haben. Klingt dann aber nicht mehr so nett wie Entwicklungshilfe. Wäre aber vielleicht ein bisschen ehrlicher!
2014 hat Deutschland gerade mal 0,42% des BNE für Entwicklungshilfe aufgebracht. Kann ja jeder, der interessiert ist und mit großen Zahlen umgehen kann, mal ausrechnen, was bei einem BNE von 3000 Mrd. Euro da eingespart wurde. Ach so, und in all den Jahren davor natürlich auch. Also scheiß auf Fluchtursachen!
Nur fünf Länder halten sich an ihre 0,7%-Verpflichtung. Schweden, Norwegen und Luxemburg liegen bei ca. 1%, außerdem noch die Dänemark und seit neuestem Groß Brittanien.
In Deutschland ist im letzten Jahr der Anteil immerhin auf 0,52% gestiegen. Allerdings nur, weil die Bundesrepublik die Aufwendungen für die Flüchtlinge in Deutschland mit eingerechnet hat. Das ist zwar gemäß Berechnungsregeln der OECD in Ordnung, wirkt aber trotzdem ziemlich seltsam, wenn Deutschland Entwicklungshilfe in Deutschland leistet und sich damit auch noch die Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte schönrechnet.
Richtig unangenehm wird’s, wenn man gleichzeitig die Entwicklung der Waffenexporte Deutschlands betrachtet. Allein im ersten Halbjahr 2015 wurden Waffenexporte für 6,35 Mrd. Euro genehmigt (für 587 Mio. davon in Arabische und Nordafrikanische Staaten). Der gesamte Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung steht 2016 bei 7,4 Mrd. Euro, hat also gerade mal den Gegenwert von Stuttgart21 (konservativ geschätzt).
Worum ging’s den Politikdarstellern noch mal…? Ach ja, richtig, Waffen exportieren, um damit in den Krisengebieten die Fluchtursachen zu bekämpfen. Oder so ähnlich… Sorry, ich muss jetzt aufhören, mir wird schlecht!
(Grafik: ONE DATA report 2015)
*Anmerkung: Das 0,7 Prozent-Ziel wurde 1970 von der UN Generalversammlung beschlossen. Industrialisierte Länder verpflichteten sich damals dazu, die offizielle Entwicklungshilfe für Entwicklungsländer schrittweise zu erhöhen. Sie versprachen ihr Bestes zu geben, um einen Mindestnettobetrag von 0,7 Prozent des Bruttosozialproduktes bis zur Hälfte des Jahrzehnts zu erreichen.
„Ihr Bestes zugeben!“ Wie zynisch geht’s denn..?!