Monat: April 2020

Verschwörungstheoretiker Schuld an Frühlingsdürre?

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Verschwörungstheoretiker Schuld an Frühlingsdürre?

Liebe Verschwörungsagnostiker*innen,

ich weiß, ihr wollt das nicht hören. Zu viele Verschwörungstheorien kursieren zurzeit durch den coronalen Orbit. Andererseits, da kann ja eine neue Theorie mehr oder weniger auch nicht schaden, zumal es nur indirekt um Corona geht. In erster Linie geht es um die Gründe für die erneute Dürre in Deutschland.

Ich sitze gerade in der Lüneburger Heide fest und beobachte aus sicherer Entfernung das Infektionsgeschehen sowie das weltweite Verschwören. Und wer viel Zeit hat oder sehr langsam durch die Gegend läuft, schaut ab und zu auch mal nach oben und dabei den Himmel genauer an, auch kritisch…

Verschwörungstheorie-Theoretiker Boe beim kritischen Blick in den Himmel!

Und mir fällt schon seit Wochen auf, dass der Himmel extrem blau ist und quasi streifenfrei.

Sehr blau, streifenfrei, sehr verdächtig!

Schon auffällig und verdächtig, dass gerade in Zeiten stark ansteigender verschwörungstheoretischer Aktivitäten plötzlich keine Chemtrails mehr am Himmel zu sehen sind.

Ein interessanter Zusammenhang, der sich mit aktuellen Verkaufszahlen von Aluhüten belegen lässt (siehe Diagramm).

Neben Amazon ist auch die deutsche Aluhutindustrie ein klarer Kriegsgewinnler der Coronakrise

Und während in den Anfangsjahren der Verschwörungstheorien die Theoretiker*innen und Anhänger*innen ihre Aluhelme noch selber falteten, ist der moderne Aluhut natürlich längst ein Hightech-Produkt, der ja auch den aktuellen Gefahrenlagen gerecht werden muss. Der Fachhandel bietet moderne Aluhüte an, die neben Aluminium vor allem Silberjodidverbindungen enthalten. Genau diese Verbindungen stellen den Großteil der Chemtrails dar. Diese Silberjodidverbindungen dienen in hohen Atmosphärenschichten als Kristallisationskerne, das heißt, sie beschleunigen die Tröpfchen- und Wolkenbildung, (eben die typischen Streifen am Horizont.)

Aufgrund der stark angestiegenen Aluhelmproduktion kommt es zu erheblichen Silberjodidengpässen, sodass die Regierungen ihre geheimen Chemtrail-Experimente einstellen mussten. Allerdings fehlen dadurch wesentliche Kristallisationskerne in der Atmosphäre, was die derzeitige Trockenheit erklärt.

Die aktuelle Dürre steht also in direktem Zusammenhang mit den gestiegenen verschwörungstheoretischen Aktivitäten. So gesehen sind die Verschwörungstheoretiker*innen schuld an der Dürre.

q.e.d.

Und morgen basteln wir uns einen Mund-Nase-Schutz aus Alufolie. Ich freu mich schon!

Nächstenliebe oder lieber nächster Spargel?

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Nächstenliebe oder lieber nächster Spargel – oder: Deutscher Spargel müsste man sein!

So! Und jetzt können wir uns alle mal entspannt zurücklegen und uns auf unsere deutschen Schultern klopfen. Denn ja, wir gehören zu den Guten. Bescheiden sind wir zwar, aber hier und jetzt darf man das mal sagen: Wir gehören zu den Guten! Gerade erst haben wir 43 arme, unbekleidete, äh, unbegleitete Flüchtlingskinder von den griechischen Inseln geholt, mit einem Sonderflieger! 43! Mehr als ein Dutzend!

Und jedem, der sagt, ja, aber andere Länder nehmen gar keine Kinder auf! sage ich: Im Ernst! Nur weil andere Länder noch größere Assis sind als wir, müssen wir uns nichts, aber auch gar nichts darauf einbilden! 43 mag zwar, mathematisch gesehen, größer als Null sein, moralisch ist aber immer noch verdammt nahe an Null.

Am meisten kotzt mich die Berichterstattung an. Frage: Wie oft darf man eigentlich über so wenig Kinder berichten…?! Gibt es da einen Koeffizienten vom Deutschen Ethikrat…? Wird ein gewisser Wert überschritten, wird die Nachricht wegen Heuchelei oder mangelnder Verhältnismäßigkeit eingestellt oder der Intendant wird abgesetzt oder dem Nachrichtensprecher explodiert der Kopf.

Als den deutschen Spargelbauern Ernteverluste drohten, wurden trotz Lockdown und geschlossener Grenzen 80000 Erntehelfer eingeflogen. Zurzeit kommen auf ein Flüchtlingskind 1860 Erntehelfer und ich befürchte, großartig wird sich diese Quote nicht verändern.

Bei aller Corona-bedingten Sensibilisierung für soziale und gesundheitliche Aspekte scheinen nach wie vor ökonomische Problemstellungen um ein Vielfaches relevanter zu sein als humanitäre. Die Scheinheiligkeit der deutschen Politik wird mal wieder überdeutlich. Warum lassen sich humanistische Werte, die die Aufnahme junger Flüchtender, die unter erbärmlichen Bedingungen in überfüllten Lagern hausen, fordern und christlich-abendländische Werte, die sich um die Rettung der Spargelsaison kümmern, nicht verbinden?

Ich habe nichts gegen Spargel. Bitte, sollen sie den Spargel retten und die Spargelbauern und die ganze Sauce-Hollandaise-Industrie dazu. Aber wie kann man gleichzeitig diese Flüchtlingskinder nicht retten?! Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass das „C“ in CDU oder CSU nicht für „Spargel“ steht!

Und so beendet Herr Boe diesen Bericht, frei nach Brecht: „Erst kommt das Spargelfressen, dann die Moral!“

Wofür steht noch mal das Abendland? Welche Werte wollen wir verteidigen?
Von wegen Zwiebeltürmchen! Heilig ist dem Deutschen der Spargel!

Mehr Rhabarber in Niedersachsen

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Mehr Rhabarber in Niedersachsen

Der Wolf treibt schon seit längerem sein (Un-)Wesen im Landkreis Uelzen (hier bin ich gerade „Corona-gestrandet“). Und so wie ein marinierter Schweinenacken vor der deutschen Grillsaison sicher ist, genauso geht’s zurzeit den Schäfern und besonders seinen Schäfchen mit dem Wolf. Regelmäßig berichtet die AZ, die Allgemeine Zeitung, von den Kollateralschäden durch den Wolf. Die Emotionen kochen hoch: Wolfschützer auf der einen Seite, Schäfer, Tierhalter sowie die Bürgerinitiative „wolfsfreie Dörfer“ auf der anderen Seite! Ganzseitige Berichterstattungen mit ausgeweideten Schafen bebildert!

Meine Emotionen erreicht das zwar nicht, aber ich freue mich irgendwie über die thematische Ablenkung. Schön, mal wieder etwas ganz anderes zu hören. Auch das Schaf gehört also zur Risikogruppe. Aber eigentlich tat es das schon immer. Irgendwie. Auch schön, dass ich mich nicht positionieren muss: pro Schaf oder pro Wolf. Tendenziell halte ich es natürlich mit G.F. Unger: „Es gibt Fresser und Gefressene. Und solange der Wolf das Schaf frisst, sollte man danach trachten, kein Schaf zu sein!“ Ist doch nicht so schwer…!

Bei aller Aufregung fehlt mir in den Berichten die wissenschaftliche Expertise, die ich dieser Tag gewohnt bin. Kein einziger führender Lupologe wurde befragt, die Berner Konvention, immerhin ein völkerrechtlicher Vertrag des Europarates, wird mit keinem Wort erwähnt und wie ist überhaupt die Reproduktionszahl R von Schaf und Wolf im Landkreis. Liebe AZ, alte Waidmannsregel: Erst kommt der Faktencheck, danach wird das „Halali“ zum Abschuss des Wolfes geblasen. Kann doch nicht so schwer sein!

Anmerkung in Klammern (Muss ich im Sabbatjahr und Corona-Exil hier die Regionalzeitungen erziehen oder was...!? Erst erschießen und dann Personalien feststellen? Wir sind hier doch nicht bei der US-Polizei!)

Wie auch immer! Ich neige ja dazu, das Positive zu sehen. Und mir reicht es ja schon, wenn hin und wieder mal eine Nachricht vorbeischaut, die so gar nichts mit Corona zu tun hat. So wie diese hier:

„Mehr Rhabarber in Niedersachsen!“

Krass oder?! Jetzt mal ehrlich: Hättet Ihr das gedacht? Nur gut, dass trotz Lockdown und Reiseverbot noch Erntehelfer eingeflogen worden sind. Zum Glück sind Spargel und Rhabarber systemrelevant… Wusstet Ihr eigentlich was „der Rhabarber ist in diesem Jahr gut“ auf Norwegisch heißt? „Rabarbra er bra i år!“

Morgen an dieser Stelle leckere Rezepte für systemrelevanten Rhabarberkuchen!

Im Landkreis Uelzen gibt es noch andere emotionale Themen: Wölfe, Schafe, Rhabarber…! „Der Wolf, das Lamm – Hurz!!!“ (H.P. Kerkeling)

Wer doch noch mehr Sinnvolles und Sinnfreies zu Corona erfahren möchte, bitte: https://tommiboe.com/category/corona/

Mit bunten Eiern aus der Krise!

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Mit bunten Eiern aus der Krise!

Mir geht gerade mächtig auf die Eier*stöcke, dass sich in der Corona-Krise alles ist in Schwarz-Weiß, Ja-Nein, links-rechts, Hü-Hott aufteilt. Entweder Krise als Chance oder Krise als Scheiß. Dabei gibt es doch so schöne Grautöne, so ein frisches Steingrau zum Beispiel, und zwischen dem Einerseits-Andererseits ist eben auch viel Vielleicht, Weiß-Nicht-So-Genau und Sowohl-Als-Auch zu erkennen, wenn man möchte. Aber Corona scheint, nichts für Mittelwege übrig zu haben. Entweder Vollbremsung oder Tempo 200. Aber nicht so schön mit 120 auf der Mittelspur cruisen, sodass man sich dabei in ruhigem Ton sachlich mit einem Thema auseinandersetzen, Gefahren und Chancen erörtern kann und dabei mit Emotionen und Ausrufezeichen sparsam umgeht. Schwierig zurzeit…

Und ich weiß, einige kotzen bereits im Strahl, wenn irgendwelche privilegierter Dödel*innen (wie ich) die Krise als Chance beschreibt. Und natürlich ist für sehr viele diese Krise einfach eine Katastrophe, ob gesundheitlich, wirtschaftlich, sozial… Keine Frage und keine Relativierung. Denn das ist die eine und auch die beherrschende Seite der Corona-Krise.

Aber für andere stellt sich die Frage, und ich gehe noch weiter, für andere (hier: Politiker*, Journalist*, Philosoph*, Soziolog*innen, Wirtschaftsheinis und andere, die Zeit und Muße zum Denken haben) sollte, ja, muss sich gerade jetzt die Frage stellen, was könnte oder sollte denn nach der Krise anders und vielleicht besser sein als vorher. Denn in dieser Zeit des Durchatmens, des Stillstandes, in der sich das Hamsterrad plötzlich nicht mehr wie gewohnt dreht und dreht und dreht, sich die globalisierten Werkbänke des Turbokapitalismus‘ in Superslomo befinden, öffnet sich ein seltenes Zeitfenster, in dem Fragen gestellt werden können, wie unser Danach eigentlich aussehen soll und ob das, was wir als Normalität kennen und zu der viele so schnell wie möglich zurück wollen, überhaupt normal oder gar wünschenswert ist.

Und diese Fragen beschäftigen sich nicht nur mit drängenden Veränderungen im Gesundheitssystem, sondern auch mit Verzicht und Konsum, Ökonomie und Ökologie, Verkehrs- und Energiewende, sozialer Gerechtigkeit, Umverteilung, Besteuerung von Großkonzernen (wie Amazon, einer der Großprofiteure der Corona-Krise), Entprivatisierung von Grundversorgung und vielem mehr.

Und gerade jetzt höre ich schon einige Politiker*innen, manche leiser, manche lauter, die den Marsch zum Zurück zur Normalität blasen und die behaupten, für andere Gedanken sei jetzt wirklich keine Zeit. Aber, stopp! Wann wenn nicht jetzt ist genau dafür Zeit…?

Nach der Finanzkrise 2008/9 gab es auch so einen einschneidenden Zeitpunkt, öffnete sich kurz ein Zeitfenster, als viele sagten: Moment mal, so kann das jetzt aber wirklich nicht weiter mit der Finanzspekulation, den Hochgeschwindigkeitstransaktionen und so weiter… Einige erinnern sich vielleicht noch vage.

Und selbst in dieser Situation, als die Schwächen, Fehler und Gefahren des Finanzsektors deutlich wurden, gab es kein beherztes Gegensteuern, keine weitgreifenden Reformen und Regulierungen. An den Spielregeln der Finanzmärkte änderten sich nur sehr wenig. Und so kehrte die Normalität, egal wie unsinnig und gefährlich sie war, zurück. Die Chance war vertan!

Das habe ich im Sinn, wenn ich über die Krise als Chance rede. Denn sie ist eine Chance und sie ist gleichzeitig auch eine Katastrophe. Aber darin liegt kein Widerspruch. Daher finde ich es schade, wenn sich diesbezüglich Lager bilden, die sich beschimpfen und verunglimpfen.

Aber es gibt noch eine dritte Seite (und ich höre die Jungs und Mädels von der FDP schon tröten) und das sind diejenigen, die genau davon profitieren und die schon bisher davon profitierten, dass demnächst alles so schnell wie möglich zurück auf den Vorkrisen-Status gestellt wird, dass die oben genannten Aspekte nicht weiter thematisiert oder hinterfragt werden, dass die Sinnfrage nach unserer Normalität eben nicht gestellt wird.

Was wird bleiben? Was wird sich ändern? Kosmetische, schönheitschirurgische Veränderungen am Gesundheitssystem, ein steuerfreier Bonus für Pflegekräfte, Applaus vom Balkon…?

Wenn das alles ist… Wow!

Die Eier sind bunt und so ist das Leben, da kann auch das steingraue Shirt von Herrn Boe nicht drüber hinwegtäuschen!

Über Kuckucke und Arschkrampenkapitalisten

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Über Kuckucke und Arschkrampenkapitalisten

Vielen Dank, Adidas, für so viel Selbstentblößung! Das erlebt man ja auch selten!

Testfrage aus dem kleinen Einmaleins der Imagepflege: Wie verschaffe ich mir ein richtig geiles Image? Kreuze an!

  1. Ich fabriziere in meinen Nähereien Atemschutzmasken mit meinem Logo drauf und verteile sie in ganz Deutschland (in der ganzen Welt) umsonst!
  2. Ich verweigere, trotz Milliardengewinnen in den letzten Jahren, Mietzahlungen in meinen Einzelhandelsläden und fordere Milliardenunterstützung von der Regierung!

Tja, dafür braucht man eigentlich kein BWL-Studium. Andererseits, und das ist mein Verdacht, vielleicht verhindert das sogar eher eine vernünftige Beantwortung.

Denn wer sich noch wundert, wie unsolidarisch und, sagen wir es ruhig, wie asozial das Ganze ist, der hat einfach nicht das wirkliche Wesen des Kapitalismus‘ verstanden, in dem Gewinnmaximierung nun mal über allem steht. Aber dass Konzerne, die in den letzten Jahren von Milliardengewinn zu Milliardengewinn gesegelt sind (bei adidas in 2019: 1,9 Mrd €), derart ihre zügellose und unverschämte Gier (natürlich nur im Dienste und in der Verpflichtung ihren Anteilseigner*innen gegenüber) entblößen, das ist schon ganz großes Kino.

Mich erinnert die Nummer an ein Video über Kuckuckskinder. Darin sitzt das eine fette Kuckuckskind im Nest eines kleinen Teichrohrsängerpärchens und reißt sein Maul auf und schreit: „ICH! ICH! ICH!“, nur um kurz darauf die anderen Eier aus dem Nest zu schmeißen, um den ganzen Rettungsschirm seiner Eltern für sich zu beanspruchen. Und jetzt alle: „Ohhh, das arme Einzelkuckuckskind!“

Die traurige Wahrheit dahinter scheint zu sein, dass weder Kuckuck noch adidas (und andere Konzerne) anders können. Beiden steckt ihr skrupelloses Verhalten tief in ihrer DNA, wohingegen Anstand und Moral ihnen fremd sind. So gesehen sind Evolution und Kapitalismus beides Arschlöcher.