Monat: August 2020

Philosophisches über Fernsehwerbung und sensible Körperteile

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Philosophisches über Fernsehwerbung und sensible Körperteile

Auch wenn mir einige Bekannte nachsagen mögen, ich sei nicht besonders sensibel, so stimmt das nicht für alle meine Organe. Und nein, das wird wird kein unanständiger Blog!

Während der ersten Corona-Welle verbrachte ich drei Monate bei meinen Eltern in der Lüneburger Heide und hatte das Vergnügen, gemeinsam mit meinem Vater Fernsehen und Fernsehwerbung zu gucken. So konnte ich ein besonderes Talent meines Vaters, das ich beinahe vergessen hatte, wiederentdecken und bewundern: das Talent, auf die immergleiche Werbung die immergleichen Kommentare zu geben. Wenn der Werbetreibende damit warb, „die meistverkaufte Matratze“ anzubieten, antwortete mein Vater mit Nachdruck: „Aber nicht die beste!“ Damit hat er inhaltlich natürlich Recht. Spannend finde ich eher die Hartnäckigkeit, mit der er jedes Mal aufs Neue diesen immergleichen Kommentar ungefragt und unbeantwortet absondert.

Das non-dialogische Prinzip eines nicht enden wollenden Gesprächs, das zwischen zwei Personen (oder hier: einer Person und einem Fernseher) stattfindet, die gar nicht miteinander kommunizieren. Faszinierend!

Diese Matratzenwerbung ist natürlich nur ein Beispiel von vielen. Leider – oder besser: zu meinem Glück – kann ich mich nicht an alle Kommentare meines Vaters erinnern, da ich nicht sein phänomenales Gedächtnis geerbt habe. Dafür etwas anderes, was mich zu einer anderen Werbung bringt: Kijimea-Reizdarm! Auch diese Werbung wird von meinem Vater natürlich kommentiert und da es sich immer um die gleiche Werbung handelt, können sich auch die Kommentare nicht verändern, was einer gewissen väterlichen Logik entspricht, aber für andere auf Dauer recht ermüdend sein kann…!

Jedenfalls hab ich meinen Reizdarm in gerade Linie von meinem Vater übernommen. Genauer gesagt, haben wir natürlich beide unseren eigenen… Aber diese Spitzfindigkeiten machen es nicht besser! Wie auch immer… Mich begleitet mein nervöser Darm schon mein Leben lang. Aber ich käme nie auf die Idee, gegen meine PAD („Performance Anxiety Diarrhoe“) Kijimea einzuwerfen. Was soll das denn bringen? Meine Darmwand ist von 100 Millionen Nervenzellen umhüllt und in Stresssituationen funktioniert der Sympathikus hervorragend. Das geht dann alles ruckizucki oder auch flitzikacki, wenn man so will! Und in welchem Moment sollte ich jetzt Kijimea einwerfen? Und in welche Körperöffnung überhaupt oder doch direkt in die Darmwand injizieren…? Sorry!

Meiner Ansicht nach ist das Schulklo so etwas wie der Truppenübungsplatz für Reizdarmpatienten. Ich jedenfalls hab damals vor jeder Klausur das Schulklo besucht und in schrecklichem Zustand hinterlassen und möchte beim Facility Management des Lessing-Gymnasiums Uelzen in aller Form für meinen sensiblen Darm um Entschuldigung bitten.