essen + trinken
Noch mehr Wurst und Schnapps!
Noch mehr Wurst und Schnapps!
Worum geht’s denn heute? Corona, US-Wahlen, Klimawandel, Flüchtlingslager, Hetze, Terror…
Nein, liebe Freunde. Einer muss sich ja um die wichtigen Themen kümmern. Denn heute geht’s wirklich um die Wurst. Oder halt Stopp! Ist das schon zu irreführend, weil diese Wurst-Metapher womöglich nicht fleischhaltig genug ist? Hmmm…
In dieser Woche stimmte das EU-Parlament darüber ab, ob auch in Zukunft vegane und vegetarische Produkte noch Wurst, Schnitzel oder Burger heißen dürfen. Kein Witz! Gut, dass wir dafür ein hochbezahltes EU-Parlament haben. Die Begründung ist, solche Bezeichnungen seien für die Verbraucher*innen irreführend. Noch mal, auch wenn ich mich wiederhole: kein Witz!

Die armen Pommes daneben sehen auch schon ganz verwirrt aus…!
Wie beschränkt sollen denn die Leute sein? Halten Politiker*innen das Volk tatsächlich für so dumm, sich von einem Produkt, das ausdrücklich „vegane Wurst“ heißt, so sehr verwirren zu lassen, dass sie glauben, es sei Fleisch drin. Solche Leute glauben sicher auch, Jägerschnitzel sei ein Leckerbissen für Kannibalen oder Granatapfel ein Sprengstoff. Und wird eine Fleischtomate in Zukunft noch so heißen dürfen, so ganz vegan…? Wir leben in verwirrenden Zeiten und sehnen uns nach der großen Einfachheit zurück, als Wurst noch Wurst war. Okay, die Höhle war nass und kalt und der Empfang war mäßig, aber sonst war doch alles besser…!
Insgeheim warte ich auf die erste Unterlassungsklage eines traditionellen Metzgermeisters gegen die großen Wurstkonzerne, der dafür die gleiche Argumentation anführt, mit der die Fleischlobby vorgeht, und die „Wurst als kulturelle Errungenschaft“ ins Feld führt. Denn dann müssten sich plötzlich die Konzerne verteidigen, ob und inwiefern ihre fragwürdigen industriellen Erzeugnisse noch die ehrenwerte Bezeichnung Wurst verdient haben. Fände ich mal eine interessante Wendung dieser Diskussion. (Für Wurstfreund*innen empfehle ich diesen interessanten und auch ein bisschen ekligen Clip über industrielle Wurstproduktion und spoiler schon mal den leckeren Fachausdruck Separatorenfleisch)
Ach ja, eine Frage bleibt noch: Fleischpflanzerl darf man weiterhin sagen oder was?!?!1!! Warum…? Weil das ironisch ist und Veganer*innen keine Ironie verstehen oder was…? Die Behelfslogik versagt an dieser Stelle, da ja gleichzeitig „vegane Wurst“ zwar nicht ironisch, aber doch für jeden mit dem IQ einer Teewurst verständlich und trotzdem ausreichend irreführend ist. Logical Meltdown!
Im Hintergrund summen* die Unionspolitiker*innen Hand in Hand mit den Lobbyist*innen des Bauernverbands pandemiekonform (weil in Pandemiezeiten nicht gesungen werden darf) ihre Hymne: „Wes Wurst ich ess, des Lied ich summ…“
Schon vor fast vier Jahren gab es eine ähnlich dumme Debatte und einen ähnlich dummen Blog dazu:
https://tommiboe.com/2016/12/29/wurst-ist-wurst-und-schnaps-ist-schnaps/
Held des Frühstücks
Held des Frühstücks
(Endliche wieder eine Fotolovestory!)
Prolog, Kurzversion, in Klammern angemessene Reaktionen, als Vorschlag: Herr Boe ist im Sabbatical (geil!) und will reisen (geil, äh, Stopp, Corona, fuck: ungeil!) und hat seine Wohnung zwischenvermietet (clever, äh, Stopp, Corona: Scheißdreck!) und sitzt daher bei seinen Eltern in der Lüneburger Heide (oh, wie idyllisch!) –

in seinem Kinderzimmer (HAHAHAHA!!1!). – Geht’s noch blöder? Ja! Das Womo mit dem er endlich loswill, fährt nicht (Taschentuch anbieten!) – Ende Prolog!

Barum, frühmorgens, 9:00, Herr Boe entspannt mit Kaffee und Zeitung im Garten (sooo schlimm ist es Zuhause gar nicht!). Vaddern betritt die Szenerie, winkt mit betretener Miene von der Terrasse den Sohn herbei. Herr Boe läuft, federnden Schrittes (ist klar!), den Hügel zum Herrenhaus hinauf.

Eine böse Vorahnung treibt seinen Instinkt an. Doch es kommt schlimmer als vermutet: Der Joghurt ist aus! Feige Joghurtdiebe, unfähiges Personal (wozu hält man sich eigentlich immer noch – oder schon wieder – einen Sohn im Haus?), das die Joghurtnotfallreserve unzulänglich kontrolliert. Mit einem Kompositum ausgedrückt: Frühstückskatastrophe!
Im Hause Boe gelten zwei eiserne Regeln: „Wer nicht mag, ist der Beste“ und „Schon ein Joghurt kann ein ganzes Frühstück retten“ und „Frokost er dagens viktigste måltid“.
So kann und darf der Morgen nicht beginnen. Zum Glück ist Herr Boe Katastrophenschutz erfahren, zwängt sich in sein Superfrühstücksheldenkostüm,

schließt das E-Bike mütterlicherseits kurz und saust wie der große Bruder des Windes hinauf zum Obsthof nach Tätendorf-Eppensen. Ja, das gibt’s wirklich!

( Allerdings muss ich fairerweise zugeben: Herr Boe fährt nur nach Tätendorf, Eppensen beginnt erst etwas weiter östlich. Dafür hat ein Freund von Herrn Boe Miss Tätendorf-Eppensen geheiratet. Zusammenhang…? Egal!) und besorgt Joghurt und fangfrische Brötchen, damit der Morgen gelingen kann.

Eine Viertelstunde später überreicht der Sohn und Held des Frühstücks in Personalunion die Einkäufe. Der Vadder rätselt bereits entspannt am Frühstückstisch, hat inzwischen schon etwas gegessen und ist daher nicht mehr so fressleidig, was ihn auch des Dankes entbindet.
Epilog: Das Frühstück ist gerettet. Ein neuer Tag kann beginnen!

Anm. der Red.: Natürlich sind alle Handlungen, Personen und übrigens auch die mitgebrachten Erdbeeren frei erfunden.

Hier geht’s zu einer weiteren Fotolovestory! Ohne Erdbeeren aber mit Strand!
https://tommiboe.com/2015/08/10/fotolovestory-aus-dem-paradies/
Gentrifizierung am Oslofjord
Gentrifizierung am Oslofjord
Als ich zu Recherchezwecke nach Oslo aufbrach, wusste ich natürlich längst, dass sich Oslo seit Jahren mit Zürich um den Titel der teuersten Stadt Europas duellierte. Und die Folgen für das Leben und Wohnen in großen und beliebten Städten sind ja auch in Deutschland bekannt. Eine davon nennt sich Gentrifizierung, die in Deutschland aber keine Chance hat, da wir ja eine hocheffiziente Mietpreisbremse haben. (Aber ich wollte mich an dieser Stelle gar nicht über deutsche Politik lustig machen!)
Aber welche Sphären die Gentrifizierung am Oslofjord bereits erreicht hat, überraschte mich doch. Seit Jahren verbringe ich Pfingsten am Oslofjord und bin zu einem begeisterten Muscheljäger geworden. Am Ufer unterhalb unserer Hütte gibt es eine kleine aber gut ausgestattete Muschelbank mit ausgezeichnetem Service und großer Kundenzufriedenheit. Jahr für Jahr haben wir dort im knietiefen Wasser unsere Miesmuscheldividende abgreifen können. Mittels einer Miesmuschel-App (Blåskjell im App Store) lässt sich überprüfen, ob die Muscheln genießbar sind.
Aber in diesem Jahr durften wir Zeugen werden, dass an eben jener Muschelbank neben den Miesmuscheln bereits Pazifikaustern angesiedelt hatten. Ominöse Austernschalen am Ufer lieferten erste Beweise und tatsächlich fanden wir im Wasser die eingewanderten Drecks-Upper-Class-Austern, die sich hier ganz offensichtlich einen Verdrängungskampf mit den bescheidenen, einheimischen Miesmuscheln lieferten. Und wenn man sich mit den Gesetzen des Wohnungsmarktes auskennt, kann man sich denken, wohin das führt. Die endemischen Miesmuscheln bringen es bloß auf einen Marktwert von 3-5 Euro pro Kilo. Dafür bekommt man gerade mal eine Auster. Könnt Euch ja selbst ausrechnen, wie groß die Unterschiede im Stundenlohn sind! Zudem zahlen die Pazifikaustern ihre Steuern wahrscheinlich irgendwo in Übersee! Klar, was das für den Verdrängungskampf im Wohnungsmarkt bedeutet…!
Also sind wir gut bewaffnet mit Hammer und Sichel in den Fjord gestiegen und haben die vermeidlichen Gentrifzierungsgewinner aus unserer Muschelbank geklopft und zur Strafe, mit frischer Zitrone versteht sich, aus ihren versnobten Hochsicherheitsgehäusen geschlürft. Na klar, ein schmutziges Geschäft! Aber was macht man nicht alles in Häuserkampf, um für ein bisschen Gerechtigkeit einzutreten?!
Über die Entmännlichung des Grillens
Über die Entmännlichung des Grillens oder: Willkommen am Kastratengrill
Früher stand der Mann vor der Höhle und entfachte ein derart großes Feuer, damit auch der Nachbarclan Bescheid wusste, dass dort gerade ein amtliches Mammut gegrillt wurde. Erste Gräser wurden gesammelt und vergoren, um Bier zu brauen, und die Männer standen um das Mammut herum und redeten klug daher. Zugegeben, „klug“ ist relativ, und es wurde auch schon damals viel gerülpst und hier und da an den Eiern gekratzt. Aber auch das gehörte und gehört zum Grillen dazu. Bisher!
Letzte Woche war ich mit einem befreundeten Pärchen am See und es sollte auch gegrillt werden. Als neueste Errungenschaft wurde dort ein Lotus-Grill mitgebracht. Der ein oder andere mag jetzt gähnend wegklicken, weil er das Ding schon lange kennt. Mir hingegen war es neu. Zugegeben, ich bin nicht so der Griller! Jedenfalls wurde mir dieser rauchfreie Holzkohle-Grill als DIE Revolution überhaupt präsentiert. Und für Revolutionen habe ich mich ja schon immer interessiert.
Keine Angst, es folgt hier keine Produktwerbung (Ich bin ja kein Influencer! Deswegen fehlt an dieser Stelle auch der Link!) sondern eine kritische soziologische Auseinandersetzung über die „Entmännlichung des Grillens“.
So verspricht der Lotusgrill, dass „der Grillmeister nicht mehr abseits steht, sondern dort wo gemeinsam gegessen wird.“ Allerdings ist der Grillmeister, da der Grill ja alles alleine kann, auch weder ein Meister seines Faches noch ein Mann. Er ist austauschbar geworden. Seine über Jahrzehnte hinweg im Rauch, an der fernen Gartenkante zum Nachbarn erworbenen Fähigkeiten sind in dieser Welt nichts mehr Wert. Er ist ersetzt worden durch den/die kompetenz- und geschlechtslose/n Lotus-Griller*ix von heute. Und jetzt sitzen die Männer, die ehemaligen Grillexperten, gemeinsam mit ihren Familien am Tisch, müssen miterleben, wie plötzlich sogar ihre frisch geborenen Kinder grillen können, und denken wehmütig an früher zurück: an die Höhle und an die windige, ferne Gartenecke, wo die biertrinkenden Männer schweigend und rülpsend zusammen standen, während die Frauen Tische deckten, Gemüse schnibbelten, Tischdekorationen bewunderten und Salatrezepte austauschten.

All das, was dort am Tisch passierte, interessierte ihn nie und jetzt sitzt er selbst am Gartentisch, auf dem der tolle Kastratengrill thront, fühlt sich überflüssig und hasst sein Leben. Und so wird er noch schweigsamer, während die Frauen über den tollen Neuen schwadronieren, als wäre früher alles schlecht gewesen.
„Und schau mal, man kann den Grill sogar anfassen, ohne dass man sich daran verbrennt!“ – „Nein, toll! Und es stinkt auch gar nicht.“ – „Und Gemüse kann man auch drauf grillen!“- „Und den gibt’s auch in limettengrün!“ – „Nein! Toll!“
Dass sich die Selbstmordquote unter exgrillenden Männern signifikant erhöhen wird, ist nur ein weiterer Beweis für eine voranschreitende Entmännlichung unserer Gesellschaft. Schade, Jungs, ihr werdet mir fehlen. Ich hab immer gerne mit euch dort im Rauch am Gartenzaun ein paar Bierchen gezischt.

Auch sehr schön zum Thema Grillen: