Monat: Februar 2014

Glück mit den Sternen am Ende der Welt

Gepostet am Aktualisiert am

Glück mit den Sternen am Ende der Welt

Den Satz „Man braucht auf so einer langer Reise auch mal ein bisschen Glück“ kann man in die Tonne kloppen. Das ist Blödsinn! Denn man braucht definitiv einen Haufen Glück! Auch wenn mein venezolanischer Reisepsychologe mir beigebracht hat „No es cuestión de leche, es cuestión de actitud“, also: Es ist nicht die Frage von Glück sondern der Einstellung. Ich konnte allerdings den Zusammenhang von persönlicher Einstellung und folgenden Wetterereignissen bisher noch nicht feststellen. Auch wenn ich natürlich immer mein Tellerchen aufesse (man weiß ja nie…). Andererseits bin ich meistens durchaus guter Dinge, also positive Grundeinstellung, und das Wetter hat meistens gut mitgespielt. Ich hab mich bisher weitestgehend mit Regentänzen zurückgehalten. Man muss sich auch mal beherrschen können. Ihr kennt ja solche Situationen! Abends einen getrunken und dann übermütig mit irgendwelchen Indios ums Feuer getanzt und schwupps vierzehn Tage Dauerregen. Ich weiß Bescheid und werfe mich auf alle tanzenden Indios – in freundschaftlicher Umarmung und mit einem gerüttet Maß an interkultureller Kompetenz selbstverständlich.
Die spanischen Besatzer haben auf Feuerland ja wenig bis nichts an Urbevölkerung überleben lassen. Folglich tanzen hier auch keine Indios und es regnet dementsprechend wenig, trotz der vielen betrunkenen, tanzwütigen Touristen.
Mein heutiges Ziel war der Glaciar Martial, der Hausgletscher von Ushuaia, der im Sommer zum Wandern und im Winter zum Skifahren einlädt. Bevor es losging, hab ich mich noch übers Wetter informiert, was in Feuerland traditionell sehr wechselhaft sein soll. Genauso waren dann auch die Vorhersagen, wenn ich die Seiten im Netz wechselte:wechselhaft. Meine deutsche Standardseite wetteronline.de bescheinigte sehr gute Aussichten, sonnige Abschnitte und bis zu 15°C, während die argentinische Pronóstico wechselhaftes Wetter mit Regen und wesentlich kühleren Temperaturen ansagte. Naja, eine Seite würde wahrscheinlich irgendwie richtig liegen. Mit der Vorhersage Winde aus südlichen Richtungen sollten jetzt bitte nicht spontan Saharastaub und Hitzewelle assoziiert werden. Denn südlich von Feuerland liegen nur noch Meer und Antarktis!
In jedem Fall ist mein Rucksack vollgestopft mit Schlechtwetterklamotten, die ich alle nicht brauche! Yeah! Es wird ein herrlicher, quasi windstiller Tag, sogar die Sonne scheint vorbei. Ich lächele passend dazu und verzichte auf eine Beschwerde beim argentinischen Wetterdienst. Vom Gletscher aus hat mein eine tolle Aussicht auf Ushuaia und den Beagle-Kanal.
In Zusammenhang mit der Verlässlichkeit von Meteorologen fällt mir wieder meine Eselsbrücke ein, wie ich mir merken kann, was Astrologie und was Astronomie ist. Das hatte ich immer durcheinander gebracht. Es hatte auch nichts geholfen, das erneut nachzuschlagen. Beim nächsten Mal war der gleiche Knoten wieder im Gehirn. Bis mir meine großartige Eselsbrücke eingefallen ist, nämlich die Wortkreation „Astrolüge“ und schwupps ist mir der Zusammenhang klar, dass der Astrologe für die Lügen, die er per Horoskop verbreitet, zuständig ist. (Eigentlich ein schöner Job: Berufslügner!) Eine Wortkreation, die übrigens auch mit „Meteorolüge“ ganz gut funktioniert. Nur dass hier die Mutwilligkeit der Lüge natürlich nicht so krass im Mittelpunkt steht wie bei der Horoskopverarsche.
Zum Abschluss, apropos Sterne und weil die Antarktis ja quasi um die Ecke ist, noch eine Kleinigkeit aus dem Klugscheißerseminar. Da habt ihr vielleicht beim nächsten Blick an den Sternenhimmel etwas zum Klugscheißen, ganz beiläufig natürlich. Woher kommt eigentlich der Name Antarktis?
Der Name Arktis kommt vom Sternbild des kleinen Bären, dessen lateinischen Namen viele kennen, Ursa Minor. Entscheidend ist allerdings der griechische Name, nämlich „Mikri Arktos“. Und da in diesem Sternbild der Polarstern steckt, wurde die Region im hohen Norden Arktis genannt, quasi dort wo Bär und Polarstern wohnen. Antarktis ist demzufolge die Region auf der anderen Seite, die „Anti-Arktis“, auf der gegenüberliegenden Seite vom Bären. Bitteschön!

Und dass es in der Arktis tatsächlich (Eis-)Bären gibt und in der Antarktis natürlich keine („Anti“, ist ja klar!), beweist doch nur, dass auch die Sterne mal Glück haben können.

im Hintergrund Ushuais und der Beagle-Kanal, im Vordergrund der Reiseberichterstatter und Hobby-Astrolüge Herr Boe.
im Hintergrund Ushuaia und der Beagle-Kanal, im Vordergrund der Reiseberichterstatter und Hobby-Astrolüge Herr Boe.

Fundstück – motorisierte Straßenmusik

Gepostet am Aktualisiert am

Fundstücke in Fernwest – motorisierte Straßenmusik

Schön ist sie ja nicht immer: Straßenmusik! Oder meistens, also meistens nicht schön. Aber hin und wieder lohnt es sich doch, mal etwas genauer hinzuhö… nee, hinzusehen in diesem Fall. Obwohl nach dem Hinsehen lohnte sich das genaue Hinhören dann auch noch einmal. Denn neben dem Straßen- und Musikerlärm konnte man noch einen weiteren, für Straßenmusik nun wahrlich ungewöhnlichen Lärm ausmachen: nämlich das Knattern eines Generatoren!
Ein genauer Blick aufs Foto zeigt neben den drei Musikern ein wenig abseits einen Generator stehen, der die Kapelle mit Strom versorgt. Qualitativ machte das die Musik nicht besser. Aber mein heutiger Originalitätspreis in der Höhe von fünf Peso ging direkt an die Musiker! (Ja, ich weiß diese Preise sind heutzutage erbärmlich notiert. Aber es geht hier natürlich auch um den Symbolgehalt einer solchen Auszeichnung)

rechts neben der Kapelle am Boden steht u dröhnt (im Bild nicht zu hören) der Generator.
rechts neben der Kapelle am Boden steht u dröhnt (im Bild nicht zu hören) der Generator.

Fundstück – Trelew – pünktlichstes Flughäfchen der Welt

Gepostet am Aktualisiert am

Fundstücke in Fernwest – Trelew – pünktlichstes Flughäfchen der Welt

Für meine Weiterreise in den südlichsten Süden Argentiniens hab ich mich für einen Flug von Trelew, eine knappe Stunde mit dem Colectivo von Puerto Madryn, nach Ushuaia/ Feuerland/ Ende der Welt entschieden. Es gibt sogar einen zweistündigen Direktflug. Da fällt die Entscheidung gegen zwei Tage im Bus leicht.
Der Flug soll um 10:35 gehen. Ich nehme morgens mein Colectivo und bin der einzige Passagier (!), der dort um 9:00 sein Gepäck aufgibt. Ich trink noch einen Kaffee. Dort sitzen schon zwei deutsche Mädels, während kurz darauf eine französische Reisegruppe eintrifft. Auf dem Bildschirm erkenne ich, dass alle vier Flüge des heutigen Tages pünktlich sein werden (Foto).
Um 9:45 macht die Sicherheitsschleuse auf. Ich warte die Reisegruppe ab, schlendere zum Sicherheitsbereich und geb noch schnell mein Taschenmesser ab (bravo!). Als ich die Treppe zum Boarding hochrolle, ist schon kein Franzose mehr zu sein. Da wird auch schon mein Name ausgerufen. Ich schaue auf die Uhr: 10:00 Uhr! Aha! Habe ich mal wieder etwas verpasst. Liegt der Flughafen in der gälischen oder venezolanischen Zeitzone, die geht ja schon mal gerne eine halbe Stunde anders. Fünf Minuten später sitze ich auf meinem Platz und Boarding is completed. Die Maschine kommt im übrigen aus Buenos Aires, landet hier nur zwischen und hatte wohl einen Tiger im Tank oder ordentlichen Rückenwind.
Wie auch immer, wir fliegen eine halbe Stunde vor dem Zeitplan los. Das ist mir auch noch nicht passiert. Warum auch nicht?! Mit Drängeleien auf der Startbahn ist hier jedenfalls nicht zu rechnen!

Alle 4 (!) Flüge pünktlich und wir fliegen sogar eine halbe Stunde früher los. Nicht schlecht, Trelew!
Alle 4 (!) Flüge pünktlich und wir fliegen sogar eine halbe Stunde früher los. Nicht schlecht, Trelew!

Fundstück – Stand up Paddling – Nachlese

Gepostet am Aktualisiert am

Fundstücke in Fernwest – Stand up Paddling – Nachlese!

In der Bucht von Puerto Pyrámide auf der Península Valdés erblickte Mauricio, einer der beiden Argentinier, mit denen ich unterwegs war, ein paar Stand-up-Paddler und runzelte die Stirn: Was soll das denn sein?! – Ich erklärte ihm die bahnbrechende, Welten verändernde Idee hinter dem Spektakel. Mauricio verzog das ganze Gesicht und schüttelte angewidert den Kopf. Bah!
Ich erklärte Mauricio, dass wir in Deutschland bereits ein Sprichwort über Stand-up-Paddler hätten: „Zu blöd zum Surfen, zu faul zum Schwimmen und zu unsportlich für ALLES, was Spaß macht!“
Meiner Ansicht nach gibt es bei wenigen Dingen eine so große Diskrepanz zwischen dem, was man erreichen möchte, „total cool sein“, und dem, was man erreicht, nämlich „sich völlig lächerlich machen“. In dieser Tragik liegt wiederum schon fast wieder etwas Heldenhaftes, wenn man es mal ganz klassisch und natürlich kein bisschen ästhetisch betrachtet!
Wenn man sich vorstellt, dass jeder einzelne existierende Mensch am Ende einer erfolgreichen Evolutionskette steht. Alle seine Vorfahren konnten sich also erfolgreich fortpflanzen, wirklich ALLE, egal wie weit man zurückgeht. Und dann endet dieses elitäre Geschöpf als Krönung auf einem Surfbrett mit Nordic-Walking-Stöcken, ups, Pardon, da hab ich etwas durcheinander gebracht… Naja, aber was rege ich mich schon wieder auf!
(https://tommiboe.wordpress.com/2013/12/21/fundstuck-stand-up-paddling/) – für Teil 1 !

aus ästhetischen Gründen an dieser Stelle KEIN Stand up Paddler!
aus ästhetischen Gründen an dieser Stelle KEIN Stand up Paddler!

Fundstücke – der Lemmingvogel

Gepostet am Aktualisiert am

Fundstücke in Fernwest – der Lemmingvogel

Der heutige Tag bringt uns auf die Península Valdés, die Halbinsel der Orcas. Die halten sich aber strikt an die versprochene Jagdsaison und legen dann wohl erst im März los. Und das, obwohl der Strand bereits üppig mit Seelöwen gedeckt ist. Mit anderen Worten: no hay orcas!
Dafür ist die Tierwelt ansonsten reichhaltig vertreten und lässt sich auch Ende Februar bestaunen: Seelöwen, Seeelfanten, Magellan-Pinguine, Nandus, Guanacos, Gürteltiere und Vögel. Okay, ich geb zu, Vögel sind nicht meine Lieblingstiere. Aber der Vogel, den wir heute kennen lernen und mehrfach überfahren durften, hat mich schon beeindruckt. Nennen wir ihn mal liebevoll „Lemmingvogel“! Mit wie wenig Hirn so ein Tier durch die Evolution gekommen ist, das ist in der Tat beeindruckend! Das Habitat des Lemmingvogels ist anscheinend der Straßengraben, allerdings mit einer starken Sehnsucht zum anderen Straßengraben. Man könnte hier auch von Todessehnsucht sprechen. Denn das praktizierte Grabenwechselverhalten zeugt nicht gerade von Intelligenz oder auch nur einem Mindestmaß an Überlebenswillen.
Mauricio, der Fahrer, gibt sich wirklich alle Mühe, den Schaden gering zu halten. Aber tötungsfrei ist unsere Piste vermutlich nicht zu bewältigen. Denn egal, was man tut, der Lemmingvogel gibt sich derart Mühe, unter die Reifen zu kommen, dass man ihm einfach Absicht unterstellen muss. Der Lemmingvogel ist so ein Hühnerartiger Vogel und könnte theoretisch schon fliegen, falls er es denn eilig hätte. Denn richtig schnell laufen kann er auch nicht. Aber seine eigentliche Stärke ist es, dass er die Geschwindigkeit anderer überhaupt nicht realistisch einschätzen kann – oder eben nicht will.

Auf der Rückfahrt am Abend bewundere ich das Ausmaß des von Todessehnsucht animierten Massensuizids des Lemmingvogels. Bei meiner abendliche Recherche erfahre ich, dass auf den Straßen zwischen der Península und Puerto Madryn die höchste Federasphaltdichte Argentiniens herrscht. Hierfür werden zeitnah Satellitenbilder ausgewertet und bestimmt, zu welchem Prozentsatz die Straßen mit Federn bedeckt sind. Förderlich für einen hohen Wert ist natürlich, dass hier auch gelegentlich ein Nandu unter den Verkehrstoten ist. Und so ein platter Nandu deckt natürlich gleich ein ordentliches Stück Straße ab.

dies ist kein todessehnsüchtiger Lemmingvogel sondern "nur" ein braver und vernünftiger Nandu, dem ein Straßenrand völlig genügt.
Dies ist kein todessehnsüchtiger Lemmingvogel sondern „nur“ ein braver und vernünftiger Nandu, dem ein Straßenrand völlig genügt. 
kein Plüschtier und auch kein Lemmingvogel: Magellanpinguin
kein Plüschtier und auch kein Lemmingvogel: Magellanpinguin