kleiner grenzverkehr
Kleiner Grenzverkehr – Welcome to Belize
Kleiner Grenzverkehr – „Welcome to Belize!“
Fotolovestory: heute ohne Liebe!
Ich nehme den Grenzübergang zwischen Chetumal, Mexico, und Corozal, Belize. Dafür steige ich in Chetumal in einen „Chickenbus“, einen alten US-amerikanischen Schulbus. Der Bus ist voll und ich ergattere einen der letzten Plätze ganz hinten. Was ein gutes Zeichen dahingehend ist, dass ein voller Bus nicht mehr warten muss, sondern gleich losfährt. So passiert es aus. Alle Fensterchen sind auf, sodass das bisschen Zugluft einen sonstigen Hitzetod verhindert.
An der Grenze müssen alle raus und zum mexikanischen Grenzhäuschen. Da ich ganz hinten im Bus sitze, bin ich auch der letzte in der Schlange und der einzige, der mit einem Reisepass unterwegs ist und am Grenzposten seine Ausreisegebühr abdrücken muss. Ich reiche zwei Scheine nach innen und warte auf mein Wechselgeld, meinen Stempel und meinen Reisepass. Aber es dauert. Was macht der Typ?! Er lächelt und kramt hinter dem Schalter rum. Alle anderen sind längst wieder im Bus. Ich werde gefragt, ob es mir in Mexico gefallen, natürlich, ob ich bald wiederkomme, si claro, und reicht mir nach einer weiteren Ewigkeit strahlend zwei Hände voll (ungefähr ein Kilo) Wechselgeld über den Tresen. Muchas gracias!
An der belizischen, belizianischen, beliziösen Grenze (wie auch immer!) steige ich durch die Ladeluke hinten aus, bin also dieses Mal weiter vorne in der Schlange. Allerdings pfeift mich der Busfahrer zurück, da ich auch meinen Rucksack durch das Grenzgebäude bringen muss. Zudem bin ich natürlich wieder der einzige, der Einreiseformular und Zollerklärung ausfüllen muss. Das müssen Mexikaner und Belizen nämlich nicht tun. Hoffentlich wartet der Bus auf den Gringo und lässt mich nicht an der Grenze zurück. Machen sie nicht.
Dafür passiert etwas anderes Lustiges. Als ich in den vollen Bus einsteige, tobt im Bus bereits ein fetter Streit. Ein Mann und eine Frau schreien sich und bewerfen sich mit übelsten Flüchen. Dank ihrer Staatsbürgerschaft (belizianisch) sind einige ungehobelte englische Schimpfworte dabei. Der Bus als große Bühne. Ich setze mich vergnügt, hol die Kamera raus und bestelle Popcorn. Der Streit geht im weitesten Sinne um die Sitzplätze und der Mann am Fenster fühlt sich durch die dicke Frau belästigt. Die Frau steht im Gang und brüllt ihn an, während der Rest der Insassen sich teils amüsiert, teils aufregt, da es wegen der beiden Schreihälse nicht weitergeht. Daher versuchen einige, auf die beiden beruhigend einzuwirken, was allerdings genau das Gegenteil bewirkt. Denn jetzt flippt der Mann gegenüber den Friedensstifter komplett aus und beschimpft nun diese quer durch den Bus. Er kriegt sich gar nicht mehr ein. Jeder Kommentar macht ihn noch wilder. Er eskaliert vollkommen, zum Glück nur sprachlich!
Ein großer Spaß! Meine Nebensitzer grinsen mich an: „Welcome to Belize!“
Einige Insassen rufen jetzt nach dem Busfahrer. Der solle mal endlich eingreifen. Wir wollen schließlich weiter. Aber der Busfahrer hat sichtlich wenig Lust, sich in diesen Streit einzumischen. Durchaus verständlich, denn der Typ kommt ziemlich assi/aggro rüber. Und so verlässt der Busfahrer schließlich den Bus und geht rüber zum Grenzpersonal und kommt kurz darauf mit zwei Polizisten wieder. Diese befördern, unter lautem Prostestgeschrei auf der einen und großem Applaus auf der anderen Seite, die beiden Streitäxte schließlich aus dem Bus. Hämische Kommentare begleiten die beiden nach draußen. Der Mann schreit noch wilde Drohungen zurück, die im Bus aber eher locker aufgenommen werden: „Yeah, but we’re still in the bus!“
Abschlussgelächter. Polizist mit Krakeelheinis ab. Bus fährt los in den Sonnenuntergang. Vorhang! Applaus!
Herrlich! Manchmal muss man gar nichts machen, um was zu erleben! Nur die Fotos natürlich!
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Kleiner Grenzverkehr, Teil 4
Kleiner Grenzverkehr, Teil 4
In Punta del Diablo traf ich drei Norddeutsche, die gerade aus Brasilien nach Uruguay eingereist waren. Sie wollten ein paar Tage in Uruguay verbringen, bevor es dann weiter nach Buenos Aires gehen sollte. Sie führten, während ich am gleichen Tisch saß, eine interessante Diskussion. Interessant deshalb, weil ich ähnliche Gespräche auch immer mit meinem inneren Team führe. Ihr kennt vielleicht diese Drecksäcke Einerseits und Andererseits, die einfach nicht die Fresse halten können.
Die Jungs waren über Chui/ Chuy eingereist. Der Ort hat zwei Schreibweisen, eine portugiesische und eine spanische, weil er genau auf der Grenze liegt. Und ihnen ist so etwas Ähnliches wie mir zwischen Paraguay und Argentinien passiert (siehe https://tommiboe.wordpress.com/2014/01/14/kleiner-grenzverkehr-teil-3/). Der grenzübergreifende Bus hielt zwar auf der brasilianischen Seite zum Pässestempeln aber nicht auf der uruguayischen, sondern fuhr einfach direkt weiter zum Busterminal. Ohne weiter zu überlegen, fuhren die drei nach Punta del Diablo, was ungefähr eine Stunde von der Grenze entfernt liegt.
Ich hatte ihnen gerade von meinem letzten Grenzverkehr berichtet und noch eine Episode erzählt, dass die Argentinier recht humorlos sein können, wenn ihnen ein Stempel fehlt, und sich im Gegenzug ihre Humorlosigkeit ordentlich bezahlen lassen.
Angefeuert durch meine Berichte entfachte sich eine lebhafte Diskussion darüber, was sie nun tun sollten. Während einer der drei meinte, am besten sei es wohl, gleich am nächsten Tag zurück nach Chui/ Chuy zu fahren und sich die uruguayischen Einreisestempel abzuholen, war ein anderer dafür, einfach ganz entspannt abzuwarten, was eine Woche später bei der Ausreise passieren würde. Getreu dem Motto: „No risk, no fun!“ oder „Was willste denn mal deinen Enkeln erzählen…?!“ Der dritte von ihnen schwankte noch in seiner Meinung, sodass die möglichen Ausreiseszenarien ein paar Mal durchgespielt wurden. Ich spielte ein bisschen mit, brachte zusätzliche Argumente ein und fand den Gedanken total spannend, wie das wohl ausgehen würde.
Schließlich, nachdem ein Hostelmitarbeiter meinte, es würde höchstens 800 Peso Strafe kosten (knapp 30€), einigten sie sich auf die Risikovariante, also: einfach Weiterreisen! (Wobei ich persönlich die Aussage des belgischen Surfers/ Hostelmitarbeiters nicht sonderlich überzeugend oder kompetent fand. Aber manchmal reicht ja eine moralisch-symbolische Unterstützung völlig aus, um eine Entscheidung zu treffen.)
Ich rang den dreien noch das Versprechen ab, mir mitzuteilen, wie und mit welchen Komplikationen der anstehende Grenzverkehr ablaufen würde. Das würde hoffentlich eine nette Episode für meine Rubrik „kleiner Grenzverkehr“ geben. Also „hoffentlich“ natürlich aus meiner und nicht aus ihrer Sicht! Denn eventuelle Grenzschwierigkeiten würden eine Geschichte selbstverständlich entschieden interessanter machen.
Gut eine Woche später erhielt ich die Nachricht, dass alles ohne Probleme und ohne Kosten abgelaufen sei. Laaaangweilig! Diese Urus sind einfach zu nett. Denen waren es also völlig egal, dass die Jungs ohne Einreisestempel durch ihr Land tourten. So eine lockere Einstellung macht die Urus natürlich sehr sympatisch. Man stelle sich so etwas in einem anderen südamerikanischen Land oder spaßeshalber mal in den USA vor…! Aber auch deutsche Behörden sind, wenn man nicht gerade EU-Bürger ist, in solchen Angelegenheiten ziemlich humorbereinigt.
Aber in Uruguay scheint das alles, ganz harmlos zu sein. Denn hier ticken die Uhren ohnehin eine Nuance entspannter. Allein ihr Präsident, José Mujica, ist eine spezielle Nummer. „Pepe“ Mujica ist ein „Staatsdiener“, der die Bedeutung dieses Titels tatsächlich verstanden hat und diesen Namen im Gegensatz zu der seelenlosen Politikerkaste auch wirklich verdient. So verzichtet er auf 90 % seines Gehalts, fährt noch seinen uralten VW-Käfer, hat Bolivien und Paraguay einen eigenen Überseehafen auf uruguayischem Boden angeboten, um deren Entwicklungschancen zu verbessern (siehe https://tommiboe.wordpress.com/2014/01/13/fundstucke-aus-fernwest-hafengeschenke/), und hat in einem besonders kalten Winter Obdachlose auf seine Finca eingeladen. Zudem liegt das Land gerade mit der UN im Clinch, weil es Marihuana legalisiert. Lässt sich aber von der globalisierten Doppelmoral nicht einschüchtern, sondern zieht die Sache konsequent durch, weil es ihm vernünftig erscheint! Scheiß auf die Meinung der USA und ihrer Freunde oder Ex-Freunde…
Bravo! Uruguay hat also entschieden mehr zu bieten als „drei U auf engstem Raum“ (Funny van Dannen)!
Kleiner Grenzverkehr, Teil 3
- Kleiner Grenzverkehr, Teil 3
Auch wenn ich mich wiederhole: Die Einreise nach Paraguay war wieder nicht das Problem!
Mein Nachtbus von Posadas/ Argentina nach Uruguay fährt erst um 21:45 Uhr los. Da bleibt mir also ein ganzer Tag. Zuerst besichtige ich die bedeutenden Ruinen der Jesuitenmission in Trinidad, ca. 45 min. von Encarnacion (Paraguay) entfernt. Danach verbringe ich noch ein Stündchen am neuen Strand des aufgestauten Paraná und hole gegen 18:00 in meinem Hotel mein Gepäck ab. Ich nehme ein Colectivo, das mich direkt zum Terminal in Posadas bringen soll. Hab also genügend Zeit für die vielleicht 10-15 km. Nach einer knappen halben Stunde kommt der Bus, der sich so lange durch Encarnacion müht, bis auch jedem, der auch nur im Entferntesten mal überlegt hatte, über die Grenze zu fahren, die Gelegenheit ermöglicht wurde zuzusteigen.
Ich sitze mit meinem Gepäck direkt hinter dem Fahrer, um ihn fragen zu können, wann ich aus dem Bus springen muss, um meinen Pass abstempeln zu lassen. Auf der Hinfahrt war alles so schrecklich einfach und schnell gegangen. Aber man weiß ja nie… Und dieses Aber kommt natürlich nicht zufällig oder versehentlich daher. Wir passieren die paraguayische Seite. Der Bus verlangsamt seine Fahrt. Es steigt aber niemand aus. Ich frage den Busfahrer, ob hier nicht die „Inmigración“ sei – die Antwort: Nein – und ob ich hier nicht für meinen „Salida“ (Ausreise)-Stempel raus müsse – wieder: Nein! – „Hä…?!“ denke ich mir. Und während ich noch zwei-, dreimal „Hä…?!“ denke, fährt der Bus schon weiter. Und spätestens als wir auf die große Länder verbindende Brücke über den Rio Paraná biegen, wird mir klar, dass das soeben natürlich doch die Inmigracion gewesen war und dass ich dort sehr wohl meinen Stempel hätte abholen müssen. Ich frage also schnell zwei Männer, die neben mir stehen und: Ja! – FUCK! In dem Moment wird der Bus in der Mitte der Brücke langsamer. Fetter Rückstau bei der argentinischen Einreise. Das gibt mir einen Augenblick, um die Dinge zusammenzufassen. Ich erkläre dem Busfahrer kurz und unhöflich die Ausreisemodalitäten für Touristen mit internationalem Reisepass. Er meint, dann müsse ich eben mit dem nächsten Colectivo wieder zurück. „Toller Tipp, du Arsch!“ Der Stau macht nicht den Eindruck, als würde hier demnächst etwas passieren. Also steige ich mitten auf der Brücke aus.
Auf der Gegenseite ist kein Stau. Hin und wieder kommen Autos vorbeigesaust. Zu schnell, um sie gefahrlos anhalten zu können. Da stehe ich wortwörtlich im Niemandsland auf der Brücke über den Paraná und fluche auf den dämlichen Busfahrer und ein bisschen auf mich selbst. Ich mache mich auf den Weg zurück. Es ist eine sehr lange Brücke! Immer wieder blicke ich mich um. Vielleicht kommt ja mal ein langsames Auto oder tatsächlich ein Colectivo? Oder vielleicht auch ein Motorrad…? Genau so eines hält tatsächlich neben mir. Für 20 Peso nehme er mich mit, so sein Angebot. Für 10 Peso steige ich mit meinem kompletten Gepäck hinten auf und lass mich wieder zur paraguayischen Seite bringen. Das wäre ein sehr langer mit vielen Flüchen übersäter Fußmarsch geworden.
Ich bekomme meine Stempel und steige in das nächste Colectivo, das nur fünf Minuten später vorbeikommt. Wir fahren bis zum Ende der Schlange auf der Brücke, wo ich wieder aussteige und an den wartenden Autos vorbeilaufe. Ein paar Minten später überhole ich auch „meinen“ ersten Bus und winke dem Fahrer lächelnd zu. „In your face, Arschnase!“ Inzwischen haben etliche andere das Colecivo verlassen und so marschiert ein ganzes Grüppchen über die Brücke auf die argentinische Grenzstation zu. Die Argentinier nehmen ihren Job offenkundig etwas ernster und kontrollieren tatsächlich jedes Fahrzeug, was bei uns Fußgängern zum Glück viel schneller geht.
So! Wie jetzt zum Terminal? „Mein“ Colectivo wird wohl noch mindestens ein Stündchen brauchen oder zwei. In dem Moment hält auf der anderen Straßenseite ein einzelnes Taxi, das ich mir mit einem netten paraguayisch-argentinischen Pärchen teile, die mir sogar noch zu einem ansprechenden (Schwarz-)Kurs meine restlichen Guaraní in Peso zurücktauschen.
Wir sind rechtzeitig am Terminal und ich bin schon gespannt auf meinen nächsten Grenzwechsel, der ja schon morgen kommt, dann nach Uruguay.
„Grenzstau auf Brücke über Rio Paraná im Abendrot; in Öl“ schöner Gemäldetitel

Kleiner Grenzverkehr, Teil 2
Kleiner Grenzverkehr, Teil 2
Man darf das jetzt nicht so formulieren, dass ich Schwierigkeiten bei der Einreise nach Paraguay gehabt hätte. Es verhält sich eher so, dass ich Schwierigkeiten bei der Ausreise aus Brasilien gehabt hatte.
Mein Weg führte mich nach meinem Pantanal-Aufenthalt und meinem Start ins Neue Jahr in Bonito am 2.Januar nach Bela Vista, dem nächsten Grenzort. Es handelt sich um einen kleinen Grenzübergang. Also hatte ich mich vorher bei Leuten in Bonito als auch im Internet erkundigt, ob ich dort auch die Grenze passieren konnte. Da kann man sich ja nie richtig sicher sein. Ich bestieg meinen Bus um 8:00, musste noch einmal nach 2 Stunden Wartezeit in Jardím umsteigen und war dann gegen 13 Uhr in Bela Vista angekommen.
Ich wollte mich nicht lange aufhalten, sondern schnappte mir ein Taxi und versuchte dem Fahrer mit meinen begrenzten, zu 104% auf dem Spanischen beruhenden Portugiesisch-Kenntnissen klarzumachen, dass ich an die Grenze wollte. Der nickte das überzeugend ab und wir fuhren los. Als wir nach einer Weile ein verdächtig nach einem Grenzgebäude aussehendes Grenzgebäude passierten, fragte ich vorsichtig, ob hier die nicht vielleicht die Grenze sei. Ich wiederholte mehrfach das Wort „sello“, was zumindest im Spanischen Stempel bedeutet. Er sagte Jaja und fuhr weiter über eine Brücke. Aha! Drei Minuten später hielten wir in einer Einkaufstraße eines kleinen Ortes auf der paraguayischen Seite direkt vor einer Geldwechselstube. Stolz lächelte mich mein Fahrer an. Ich erklärte ihm, dass ich einen Stempel für meinen Reisepass bräuchte, weil ich sonst später Probleme bekommen könnte, zum Beispiel bei der Ausreise. Jetzt machte sein Gesicht Aha!
Zwei Minuten später hielten wir vor einem kleinen Gebäude am Straßenrand, noch auf der Seite Paraguays. Ich versuchte einen vorsichtigen Einwand „Sello de Saida“, was Ausreisestempel auf Portunhol heißt, so wird das Sprachgemisch aus Portugiesisch und Spanisch hier liebevoll genannt. Mein Taxifahrer war aber schon halb im Gebäude. Na gut! Ich folgte und durfte endlich mal wieder guten Gewissens jemanden auf Spanisch anreden. Der Grenzbeamte bestätigte mir, dass ich hier meinen Einreisestempel bekommen könnte. Ja, schön, aber ich bräuchte ja noch einen Ausreisestempel Brasiliens, nicht wahr? Ja, aber den gebe es auf der anderen Seite nicht, war die Antwort. Bitte was? Dafür müsse ich nach Ponta Pora. Das ist der nächste Grenzübergang zwei Busstunden weiter südlich. Ja wie, Moment, noch mal zum Mitdenken und Nachvollziehen. Auf der einen Seite der Grenze gibt es Stempel und bei den Kollegen von anderen Seite gibt es keine? Ja, das habe ich richtig verstanden und schön zusammengefasst.
Ich hatte vorher schon gelesen und gehört, dass die Brasilianer an der Grenze wenig Spaß verstehen, wenn ein Stempel fehlen würde. Und hier war ihnen plötzlich alles egal…? Da ich aber die Absicht hatte, in ein paar Tagen wieder nach Brasilien einzureisen und zwar nicht über diesen putzigen Grenzübergang, würde der fehlende Ausreisestempel unter Umständen Scherereien bedeuten. Auch diese Vermutung konnte mir der paraguayische Grenzer bestätigen. Ich müsse, um meine Papiere in Ordnung zu halten, über Ponta Pora einreisen.
Und so kutschierte mich mein Taxifahrer nach einem Kurzaufenthalt auf paraguayischem Boden wieder zurück zum Busterminal nach Bela Vista, wo ich, um den Tag perfekt zu machen, für heute kein Busticket mehr nach Ponta Pora bekam, sondern nur für den nächsten Morgen um 6.
Sollte ich erwähnen, dass mir der Wirt meiner letzten Pousada empfohlen hatte, direkt nach Ponta Pora zu fahren, und ich am Vortag bestimmt auch noch ein Busticket bekommen hätte? Tja, da will man mal die eingetrampelten Pfade des Grenzverkehrs verlassen und schon strandet man im Grenznirgendwo zwischen Brasilien und Paraguay.
Zumindest sind hier die Pousadapreise niedriger als in Bonito. Und mal schauen, was man hier zu essen bekommt. Außerdem, Herr Boe, Abenteuer buchen und wenn’s dann eintritt, den Veranstalter verklagen, das passt auch nicht zusammen! (ja, ich bin ja schon ruhig…)
Nächster Tag: Die blöden Hähne hatten bereits die blöden Hunde geweckt, sodass sie mich auf meinem frühmorgendlichen Weg (5:30) zum Rodoviario (übertrieben kompliziertes Wort für Terminal) ordentlich verbellen durften. Hoffentlich wurden deren blöden Besitzer dadurch auch geweckt.
Drei Stunden später war ich in Ponta Pora, dem Grenzort, der funktionieren sollte. Ich fand das hervorragend versteckte Migracion-Gebäude und landete in einer langen, langsamen Schlange, die sich nach einer halben Stunde des Wartens auch noch als die falsche Schlange herausstellte. Sehen wir das mal positiv: Die andere war wesentlich kürzer. Wir lernen: Nachfragen hilft nicht immer. Nur mehrmaliges Nachfragen!
Nach meinem „Saida“-Stempel nahm ich mir ein Taxi, um das gleiche Spektakel bei den Paraguayos durchzuführen, was zum Glück viel schneller ging. Auf dem Weg zum Terminal kamen wir sogar noch an einer Wechselstube vorbei.
Die Grenze zwischen Brasilien und Paraguay ist einfach ein Grünstreifen, der zwischen zwei Straßen verläuft. Wenn man das nicht weiß, würde das niemand merken. Die Stadt (oder die beiden, Ponta Pora und Pedro Juan Caballero) sitzt also mitten auf der Grenze. Man kann also unkontrolliert drüberfahren, -gehen und theoretisch auch drüberpinkeln.
Aber wehe du hast keinen Stempel! Dann musst du ohne abzuschütteln zurück!
Kleiner Grenzverkehr
Kleiner Grenzverkehr – Teil 1
Ich nehme den „kleinen“ Grenzübergang zwischen Venezuela und Kolumbien, zwischen Maracaibo und der Península La Guajíra, vor dem in manchen Reiseführern gewarnt wird. Ui! Das klingt doch nach Abenteuer. Ich weiß aber inzwischen, dass das nichts weiter zu bedeuten hat.
Nach einem schwül-heißen Tag in Maracaibo fällt mir der Abschied aus der Ölhauptstadt Venezuelas nicht sonderlich schwer. Immerhin konnte ich beim gestrigen Abendessen im einzigen sich drehenden Restaurants Venezuelas das einzigartige Naturphänomen Catatumbo über dem Lago de Maracaibo zumindest noch von Weitem erblicken. Das ist so etwas wie Polarlicht light für Venezolaner: ständig zuckende Blitze ohne Donner!
Am Terminal wird mir dieses Mal schon vorm Eingang „Maicao!“ entgegen gerufen, mein kolumbianischer Grenzort. Es wird mir der Dienst in einem „Por Puesto Taxi“ angeboten. Dabei handelt es sich um eines dieser uralten US-Schlachtschiffe, in denen man einen Platz (also nicht das ganze Taxi) erwirbt. Das Ganze ist zwar etwas teurer als ein Bus aber natürlich viel billiger als ein Taxi selbst. Außerdem hält es nicht überall und sollte dadurch eigentlich schneller sein. Immer verdächtig, wenn das Wort „eigentlich“ in solchen Zusammenhängen fällt!
Naja, warum nicht? – Warum nicht, erklärt sich mir im Verlauf der nächsten Stunde, in der wir auf die nötigen 5 Passagiere warten, die das „Por Puesto“ voll machen! Jaja, es geht gleich los… Sonst wird weiter gewartet…
Nach einer Stunde sind die Wartenden (inklusive mir) sauer genug, sodass uns das Personal dieses „Por Puestos“, dann auch zu viert losfahren lässt. (Auf dem Foto unten erkennt man die vier Männer, die sich mit unserer Fahrt beschäftigt haben, also mehr oder weniger für das „Reiseunternehmen“ arbeiten, unter dessen Flagge unser rollender Mülleimer segelt. – Nicht eingerechnet auf dem Extra-Foto der freiberufliche Typ, der mit Trillerpfeife den Leuten beim Einparken hilft, ob sie wollen oder nicht. Was auch so ein Job ist, den man mal für ’ne Viertelstunde, aber bitte keine Minute länger, übernehmen würde.)
Um Fahrweisen und deren -vergehen soll es hier nicht gehen. Das würde den Rahmen völlig sprengen. Nur so viel: Wer auch nur einen einzigen Tag auf venezolanischen Straßen er- und überlebt hat, wird sich in Europa nie wieder über irgendetwas aufregen (können). Versprochen!
Natürlich müssen wir, bevor’s losgeht, auch noch mal volltanken, was verständlich ist, wenn man sich erinnert, dass Tanken in Venezuela nur Zeit, aber niemals Geld kostet. Die Strecke dauert ungefähr zwei Stunden (theoretische Fahrzeit) und auf den letzten hundert Kilometern vor der Grenze gibt es keine Tankstellen mehr.
Unser junger Fahrer hält aber später trotzdem noch zweimal an, um sich am Straßenrand den Tank auffüllen zu lassen (siehe Foto). Das eine Mal auf offener Strecke an einer wilden Müllhalde, an der dann eine dubiose Person mit Plastikflaschen zwischen den Büschen hervorspringt… Hä?! Ich begreife das nicht! Das Benzin ist in Venezuela quasi ein Werbegeschenk der sozialistischen Regierung an sein Volk. Warum also kurz vor der Grenze überteuerten illegalen Sprit tanken? Hä?! – Beim zweiten Nachtanken sind es gerade mal ein paar Literchen für 20 Bolos, was, wie wir gelernt haben, für vier venezolanische Tankfüllungen ausreicht!
Das wirkt, auf den ersten Blick, bizarr. Aber es lohnt sich ein zweiter. Denn es lohnt sich sehr, mit einem randvollen Tank über die Grenze zu kommen, um dort so viele Liter wie möglich abzusaugen und zu verkaufen. Klingt idiotisch. Aber nicht lange, wenn man sich bewusst macht, dass der Sprit in Kolumbien zu handelsüblichen Preisen gehandelt wird (3000 Peso pro Liter = 1,15 €) und in Venezuela verschenkt wird. Zur Wiederholung und zum Weitererzählen: „An einer venezolanischen Tankstellen ist Pissen teurer als Volltanken!“ Und das ist kein Witz!
Auf der Fahrt von Maracaibo bis zur Grenze kommen wir an geschätzten acht bis zwölf Kontrollposten vorbei. Wir müssen meist nicht mal die Pässe zeigen, aber es staut sich trotzdem jedes Mal der Verkehr auf.
Schließlich kommen wir an die Grenze. Die venezolanische Grenzstelle ist geschlossen, Mittagspause. Dementsprechend vergrößert sich die Schlange der Anstehenden. Nach der Pause wird die Schlange aber dann erstaunlich schnell und ohne lästige Fragen weggestempelt. Unfreundlich natürlich und bei mir landet der Stempel auf einer Seite im Reisepass, die ausdrücklich für deutsche Vermerke vorgesehen ist. Aber sich jetzt zu beschweren, das hieße, sich selbst ins Knie zu schießen.
Bei den Kolumbianern geht’s etwas gediegener zu. Man sitzt an, in einem klimatisierten Raum! Ich bin im übrigen der einzige nicht-Venezolaner/Kolumbianer im ganzen Grenzbereich, was dafür sorgt, dass es natürlich bei mir zu Verzögerungen kommt. Mein Fachbearbeiter hat mir schon mit Schwung den Stempel in den Pass gepresst, verharrt aber und verschwindet von seinem Platz und läuft zu Kollegen im hinteren Bereich! Och, nöh! geht mir durch den Kopf! Was denn nun? Der Typ kommt trällernd, lächelnd zurück und fragt mich, ob ich nach Santa Marta fahren würde. Ich sage: Ja, wahrscheinlich schon. Ja, weil es hier Probleme gibt mit dem Pass, da müsste ich dort noch mal auf ein Amt. Hä…?! Was ist…?! – Zum Glück wartet die Kolumbianerin, die mit mir ihm Taxi saß, noch so halb neben mir und eilt zu Hilfe und fragt nach! Damit hat der Typ nicht gerechnet! Sie sagt, er soll mal genau die Adresse und seinen Namen aufschreiben und noch mal genau erklären, was denn nun Sache sei. Tatsächlich beginnt er, etwas aufzuschreiben, aber hört dann plötzlich auf und meint, irgendwie habe sich jetzt doch alles geklärt. Pasaporte und Tschüss! Hä?! Ich schüttele innerlich ein paar Mal den Kopf. Was sollte das denn werden? Mal hübsch den einzigen Gringo über den Tisch ziehen…? Von wegen Probleme und dann mit ein paar Scheinchen die Sache erledigen… Netter Versuch! Ihr Schweinepriester!
Meine Reise endet für heute in Riohacha, der größten Stadt von La Guajira, einem der trockensten Flecken Kolumbiens. Demwidersprechend geraten wir in ein extrem potentes Tropengewitter mit allem Drum und Dran. Die fünf Schritte, die ich im Terminal vom Bus zum Unterstand machen muss, machen mich nass! – Es scheppert, zuckt und knallt, als hätte der Himmel Totalschaden. Dann haut’s im Terminal auch noch den Strom raus. Die Gesamtchoreographie stimmt!
Eine Stunde später fährt mich ein Taxi durch die Seenplatte Riohachas. Was ein Spaß. Jetzt fehlt nur noch ein kaltes Aguila (das Bier der kolumbianischen Küste).
Bienvenido a Colombia!


