Monat: November 2013

Proceso de Paz

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Proceso de Paz

Als ich vor 13 Jahren das erste Mal nach Kolumbien kam, steckte das Land noch immer im Bürgerkrieg. Das klingt hart und für unsere, „westlichen“ Ohren übertrieben, aber nichts anderes fand in Kolumbien seit Mitte der 60er Jahre statt.
Zu dieser Zeit gab es noch eine extrem aktive Guerilla mit Attentaten im ganzen Land, weniger in den Großstädten. Aber ich durfte Zeuge werden, wie eine Autobombe nur einige Quadras von mir entfernt in Bogotá gezündet wurde. Außerdem war in weiten Teilen des Landes an Busreisen nicht zu denken. Zu groß, zu unübersichtlich, zu unkontrollierbar das Land. „Überall“ saßen Guerillaverbände. Und Kolumbien war nicht umsonst für seine Entführungsindustrie – auch von Touristen – bekannt, durch die Millionen eingenommen sowie international öffentlicher Druck auf die rechte Regierung ausgeübt wurden. Als ich damals in Cali war, wollte ich eigentlich einen Abstecher nach Popayán machen. Aber im letzten Moment kam etwas dazwischen. Am gleichen Tag wurden drei Holländer aus einem Bus von Cali nach Popayán gezogen und verschwanden für ein paar Monate in den Wäldern. Auch das war knapp.
Dann aber kam Alvaro Uribe an die Macht, ein Politiker aus recht rechtem Lager, mit guten Beziehungen zum Paramilitar, der mit harter Hand und Milliardenunterstützung der USA („Plan Colombia“, eingeführt unter seinem Vorgänger Pastrana) den Kampf gegen Drogenanbau und -handel und Guerilla ordentlich verschärfte. Durchaus mit Erfolg!
Das Land ist heute viel sicherer. Es geht natürlich nicht allen Kolumbianern besser (obwohl sich auch die wirtschaftliche Situation Kolumbiens in den letzten 10 Jahren verbessert hat), weil rechte Politik (in Südamerika) eben auch immer mit einem gehörigen Schuss Protektionismus einhergeht. Das heißt, der Wohlstand der Reichen wird bewahrt und vermehrt. Bekanntes Spiel, das also auch ganz ohne FDP hervorragend funktioniert!
Uribes Zeit ist inzwischen vorbei und die neue Regierung unter Santos setzt auch wieder auf Verhandlungen. Zurzeit läuft der „Proceso de Paz“ (Friedensprozess), der erstmal seit 40 Jahren tatsächliche Hoffnung auf Frieden aufkommen lässt. Die beteiligten Parteien kommen in Havana/Kuba zusammen und dort werden fünf große Inhalte verhandelt. Gerade gab es einen „Acuerdo“ (Einverständnis) über den zweiten Verhandlungspunkt, über die „politische Teilhabe“ der FARC (Fuerzas Armadas Revolutionarias de Colombia), dem größten Guerillaverband Kolumbiens. Und als nächster Punkt steht jetzt der Drogenhandel auf der Tagesordnung.
Große Teile der Bevölkerung sehen diesen Prozess sehr kritisch. Zum Teil wird Präsident Santos dafür kritisiert, der Guerilla zu große Zugeständnisse zu machen. Dahingehend hat sich Expräsident Uribe ebenfalls geäußert, was natürlich kein positives Zeichen ist, wenn der Expräsi mit gestrecktem Bein in die Verhandlungen grätscht. Aber so ist er nun mal, der Uribe…!
Ein interessanter/kniffliger Verhandlungspunkt kommt aber noch (natürlich sind alle knifflig). Aber besonders kritisch in der Bevölkerung wird beobachtet, inwieweit die Amnesie-Regelung für die Guerilleros verhandelt wird. Da gibt es nämlich nur eine geringe Kompromissbereitschaft in der Gesellschaft. Auf der anderen Seite darf man erwarten, dass die Verhandlungsführer der Guerilla möglichst straffrei davonkommen wollen. Wie gesagt: knifflig!
Insgesamt muss dieser Prozess aber sehr positiv betrachtet werden. Denn die Chance, endlich Frieden ins Land zu bringen, darf nicht vergeben werden. Sonst würden wieder Jahre der Unsicherheit und Unruhe folgen! Und davon haben eigentlich alle Kolumbianer genug!

 

Fundstück – Orientierungshilfe für Taxifahrer

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Fundstücke in Fernwest – Orientierungshilfe für Taxifahrer

Heute morgen, noch nördlich vom Äquator, auf dem Weg zum Busbahnhof meine neue Kamera mit Schwung auf den Boden geworfen (nicht fragen warum!): kaputt!
Nach Quito gefahren, inzwischen südlich vom Äquator (ja! Es gibt kein Beweisfoto!), und dort einem Taxifahrer Orientierungsunterricht verpasst. Der war echt zu doof für alles. Schon beim Einsteigen, und ich hatte lediglich eine ganz grobe Orientierung, fuhr er in die falsche Richtung. Ich dachte erst, aha, Touri-Rundfahrt. Aber er war einfach zu dämlich, es hat ewig gebraucht und wir waren noch nicht mal nahe dran. Ich hab mehrfach überlegt, ob ich während der Fahrt das Taxi wechseln sollte (so wie einst Colt Seavers). Er konnte auch keine Karte lesen. Ich hatte einen Stadtplan dabei, zumindest der Innenstadt, aber da waren wir schließlich die ganze Zeit. Er hat mehrfach Passanten gefragt und sich mehrfach verfahren. Waren schließlich, wo ganz anders. Da wir soweit von unserem Ziel entfernt waren, kannte auch niemand am Straßenrand die gesuchte Querstraße… Ich kam mir ein bisschen vor wie bei Monty-Pythons „Orientierungslauf für Orientierungslose!“
Ich hab wiederholt versucht, ihm zu erklären, dass wir hier nicht richtig sein können. Als wir endlich da doch waren (ein Passant konnte ihm den Weg beschreiben), wollte er noch mal zum Abschluss, um quasi letzte Zweifel an seiner Unfähigkeit zu beseitigen, in die falsche Richtung abbiegen. Nachdem ich dreimal nach links gesagt hatte, würgte er schließlich den Motor ab und blockierte den Verkehr.
Und dann verlangte er 15 $! Für die Entfernung, die wir zurückzulegen hatten, hätte ich mit 2-3 $ gerechnet. Aber er meinte, wir wären ja total lange unterwegs gewesen. Ich habe ihn dann beim Aussteigen so laut ausgelacht und verspottet, dass er eigentlich mich bezahlen müsste, weil wir sonst immer noch unterwegs wären, sodass er schließlich losgefahren ist, ohne dass ich überhaupt was gezahlt habe! Dabei hatte ich schon einen 5$-Schein in der Hand. Schön, dass das auch mal anders herum geht. Weil sonst ziehen einen ja immer die Taxifahrer ab…

Und sonst so?!

Dann: eingecheckt, losgelaufen und spontan für morgen früh meinen Galapagos-Trip geplant, Schnäppchenangebot, dafür leider nur den 5-Tages-Trip, kann aber im Haus der Tourorganisatoren noch drei Tage bleiben (für 10$ die Nacht), zum Tauchen und weiteren Erkundigungen. Aber cool: kleines 8-Mann-Boot, also keine Massenabfertigung!
Dann: direkt Weiterflug nach Bralisien gebucht (auch Angebot)
Und zum Abschluss noch ins Einkaufszentrum, um mir eine neue Kamera zu kaufen!
Yeah! Jetzt was essen und dann geht’s morgen früh auf die Inseln.

mein Boot !
mein Boot !

Fundstück – Cachos

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Fundstücke in Fernwest – Cachos

Ich liebe Märkte! Und heute ist Markttag in Otavalo! Die Stadt ist voll! Die Indigenas aus den umliegenden Dörfern strömen samstags in die Stadt, um zu kaufen und zu verkaufen. Und natürlich wird auch überall Essen angeboten. Na, da mach ich doch mal mit. Habe heute schon eine ordentliche Vulkankraterseeumrundung (freue mich schon den ganzen Tag drauf, dieses Wort zu benutzen!) vollbracht, bringe also den nötigen Appetit mit, um mich ein bisschen durch den Markt zu futtern.
Als Appetizer: gebratene Platano maduro con queso – schon mal nicht schlecht. . (Allerdings aufgepasst beim Drogenkauf! Als „Maduro con queso“ wird auch die Mischung aus Mariuhana und Kokain bezeichnet!)
Als Hauptgericht: Spanferkel (lecker)
Und als Nachtisch: geröstete „Cachos“ mit knusprigen Maiskörnern. Und ich glaube, ich muss das nicht übersetzen. Denn die Bilder sprechen für sich!
Und was soll ich sagen: Ich habe das ganze Tütchen im Gegenwert von 0,50 $ aufgegessen und auch noch drei Stunden später sind alle kleinen Krabbelfreunde drin geblieben! Außerdem muss ich mir um meinen heutigen Proteinhaushalt wohl keine Sorgen machen!

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Postkartentraum(a)

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Postkartentraum(a)

Neulich bekam ich die brüderliche Aufforderung, meinen Onkelpflichten doch bitte nachzukommen. Moritz würde sich so sehr über Postkarten freuen! – Wer schon mal in Venezuela oder Kolumbien versucht hat, Postkarten zu verschicken, der weiß: Klingt einfach, ist es aber nicht! Der Traum von der Postkarte wird schnell zum Trauma!
In Popayán hatte ich eine wichtige Hausaufgabe zu erledigen: Meine Meldung zur Rückführung in den Schuldienst, mein Resozialisierungsprogramm also. Online hatte ich das schon aus Bogotá erledigt. Aber der bürokratische Verwaltungsapparat braucht zwanghaft etwas zum Abheften! Also musste ich das ganze in Papierform nach Deutschland schicken und in Popayán fand einen entzückenden, zentral gelegenen internationalen Postservice, bei dem ich meine Dokumente problemlos abschicken konnte. (Ja, problemlos! Während der 100$-Klebstoff noch immer nicht wegen Adressschwierigkeiten in Mérida/Venezuela angekommen ist. Aber ich rege mich gar nicht mehr auf!)
Den Umschlag hatte ich in der einen Block entfernten Universitäts-Papeleria gefunden. Heute war alles einfach und langweilig!
Da das so prima geklappt hatte, wurde ich natürlich sofort übermütig und beschloss (Onkelpflichterfüllung!), mich auf Postkartensuche zu machen. Die meisten verdächtigen Läden hatten zwar nichts, aber dann bekam ich in meinem Hostel einen sicheren Tipp: Denn ja verdammt, es gäbe diesen einen total verrückten Laden, in dem so krasse Sachen wie Postkarten gehandelt würden. Wahrscheinlich ein ehemaliger Drogenkartellanaußendienstangestellter, der einen neuen Kick brauchte!
Und tatsächlich gab es dort Postkarten. Mir wurde ein ganzer Stapel gereicht und ich konnte zwischen Karten von Popayán mit Kirchen und mit Karten von Popayán mit anderen Kirchen auswählen. Genau das richtige Motiv also für einen 5jährigen! Ich entschied, Moritz keine Kirchenporträts zu schicken, dafür meine Schule damit zu beglücken (1x Kollegium, 1x SMV). Kurz danach stand ich wieder vorm Postbeamten meines Vertrauens, aber nein, Postkarten könnten sie nicht verschicken. Aha! Warum? – Nein! Ach so! – Aber die Papeleria war nah. Ich erstand einen weiteren Umschlag, steckte die Karten hinein und verschickte sie eben als Brief. Wenigstens das ging ja heute prächtig.
Zurück im Hostel offenbarte ich meinem Bruder meine gespaltene Einstellung zu Kirchenkarten für Kinder. Aber er versicherte mir, wie sehr sich der Kleine freuen würde. Zumal er in einem katholischen Kindergarten war und da würde eine Kirche mehr oder weniger auch nichts kaputt machen.
Gut! Ich sprintete los: eine Karte, einen Umschlag und ab dafür. Guter, braver Onkel! – Immerhin wusste ich jetzt, warum es keine Postkarten zu kaufen gab. Weil man sie nicht verschicken kann. Auch mal eine gute Erklärung!
Mein erster Tag in Ecuador: Ich gehe von meinem Hostel um eine (1) Ecke und laufe in ein Geschäft mit Auswahl (!) an Postkarten und es gibt in gleichen (!) Laden Briefmarken dazu. Krasse Idee eigentlich! Die Frau sagt mir, um’s wirklich zu übertreiben, dass ich die beschriebene Karte sogar bei ihr abgeben kann. Ich falle in Ohnmacht.
Nach erfolgreichem Mützenkauf auf dem berühmt-berüchtigten Markt von Otavalo, verliere ich beinahe erneut das Bewusstsein, als ich gegen einen öffentlichen Briefkasten laufe. So etwas habe ich ja noch nie gesehen? Was ist denn heute los? Ach richtig, ich bin in Ecuador!
Jetzt müsste ich eigentlich täglich Postkarten schreiben! Aber nur an wen…? Hab gar keine Adressen dabei! Okay, die erste eingehende Adresse bekommt eine Postkarte aus Ecuador!

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Fundstück – Danke für die schlauen Ratschläge

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Fundstücke in Fernwest – Danke für die schlauen Ratschläge!

So! Dann bin ich nun in Ecuador, sitze im Bus auf dem Weg von Ibarra nach Otavalo und in meinen Händen meine erste ecuadorianische Zeitung. Und dann darf ich das lesen: „No deje que su bocaza arruine el momento. En boca cerrada no entran boscas.“ Selbst schuld! Was lese ich auch mein Horoskop. Aber es kann doch echt nicht sein, dass man einmal in drei Monaten sein Horoskop liest und dann wird mir gesagt: „Lass dein großes Mundwerk nicht den Moment ruinieren. In einen geschlossenen Mund fliegen keine Fliegen!“ Was erlaubt sich diese Zeitung?! Und woher kennt die mich so gut?

Diese merkwürdigen Zufälle häufen sich. In Palomino, in Kolumbien, habe ich in meiner Unterkunft ein ziemlich ramponiertes Buch gefunden. Dort befand sich, um es genau zu sagen, auch genau ein (1!), nämlich dieses Buch. Es hörte auf den Namen „No es cuestion de leche, es cuestion de actitud!“ Zu deutsch: „Es ist nicht eine Frage der Milch (hier: des Glück), sondern eine Frage der Einstellung!“ Ich habe das Vorwort gelesen und durfte feststellen, dass das Buch von mir handelt. Geschrieben von einem venezolanischen Psychologen und es geht um die richtige Einstellung Entscheidungen gegenüber. Und das ist (vielleicht nicht allen bekannt) meine ganz große Stärke! Also wenn ich eines kann, also nicht kann, aber so richtig, dann Entscheidungen treffen! Seitdem begleitet mich dieses Buch auf meiner Reise und darf mir kluge Ratschläge geben.

Und als wäre das nicht genug der Zufälle, stand in Bogotá in dem bisher einzigen Glückskeks ganz Südamerikas (also meiner ganzen Reise) folgender hilfreicher Spruch: „Las decisiones de hoy son los hechos del mañana!“ Also ungefähr: „Die Entscheidungen von heute sind das Geschehen von morgen!“

Ja, irgendwann reicht’s doch wirklich oder? Was kommt denn als nächstes…?

mein heutiges Horoskop
mein heutiges Horoskop
besagtes Buch über die Milch
besagtes Buch über die Milch
unverschämter Glückskeks
unverschämter Glückskeks