Monat: Juni 2016

Fluchtwege bekämpfen

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Fluchtwege bekämpfen

Falschmeldung! Wie letzte Woche bekannt wurde, handelt es sich bei der Nachricht, die Bundesregierung wolle die Fluchtursachen bekämpfen, um eine Falschmeldung! So oft war davon die Rede, dass auch Herr Boe auf diese Nachricht reingefallen ist (vgl. https://tommiboe.com/2016/06/03/fluchtursachen-bekaempfen-am-arsch/).
Jetzt ist aber deutlich geworden, dass die „europäische Wertegemeinschaft“ (Klingt, wenn man es ein paar mal wiederholend vor sich hin murmelt, irgendwie lustig und traurig zu gleich, letztlich aber doch eher traurig…) nun doch nicht, wie vielfach kolportiert, Fluchtursachen, sondern aus pragmatischen Gründen doch bloß Fluchtwege bekämpfen will. Die böse, hinterhältige Balkanroute hat sich mit dem Türkei-Deal ja bereits hervorragend bekämpfen lassen.
Und wenn man endlich einmal Erfolg in der Flüchtlingskrise hatte, muss man dieses Erfolgsprinzip am besten gleich auf andere Fluchtwege ausweiten. Und wenn man seine abendländischen Grundwerte, auf die man bisher doch so verdammt stolz war, schon beim schmutzigen Deal mit der Türkei verkauft hat, dann kann man doch auch mit diesem Prinzip gleich weitermachen und ebenfalls mit Libyen einen, sicherlich noch viel schmutzigeren Deal machen. Dass Libyen zur Zeit gar keine richtige Regierung hat, sondern von unterschiedlichen verfeindeten Bürgerkriegsparteien kontrolliert wird… Egal! Wollen wir doch nicht immer so kleinlich sein! Auch dass die Flüchtlinge in Libyen zum Teil einkaserniert und gefoltert werden… Egal!
Mit wem soll den so ein Deal ausgehandelt werden…?! Auch egal! Hauptsache ist doch, wir müssen diese schrecklichen Bilder von ertrinkenden Flüchtlingen nicht mehr sehen (und es kommen keine Flüchtlinge mehr nach Europa)! Und wer kann sich schließlich noch an das Gefasel vom Bekämpfen der Fluchtursachen erinnern? Überhaupt, wie sollte das denn gehen?! Das wäre auch wirklich etwas zu komplex!

Wahrscheinlich lassen sich die Ausgaben, die mit diesem Deal nach Libyen fließen, auch noch als Entwicklungshilfe deklarieren, sodass wir endlich unserem in den 70er Jahren versprochenen Ziel einer Entwicklungshilfe, die 0,7% von unserem BNE entspricht, ein bisschen näher kommen. Ich gebe zu, es ist zwar fies das anzunehmen. Aber noch viel fieser ist, dass es wahrscheinlich genau so kommen wird.

 

https://tommiboe.com/2016/06/03/fluchtursachen-bekaempfen-am-arsch/

hier zum Monitor-Link:

http://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/schmutzige-deals-100.html

Fluchtursachen bekämpfen – Am Arsch!

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Fluchtursachen bekämpfen – Am Arsch!
Jaja, schon klar…! Fluchtursachen bekämpfen! Blabla… Mantrahaft tönt das gerade aus allen Politikern. Na, dann wird wohl alles gut! Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen! Jaja… Natürlich…! Vermutlich ist das alternativlos! Oder Systemrelevant! Mannmann! Dieses hohle Phrasendreschen! Als würde sich irgend etwas Grundsätzliches ändern. Tausende ertrinken im Mittelmeer und wir schwadronieren über Fluchtursachen, die wir vielleicht demnächst, also wenn’s irgendwie möglich sein sollte, unter Umständen, jedenfalls theoretisch aber mit gutem Willen… Blabla…!
Schon in den 1970ern hat sich die Bundesrepublik dazu verpflichtet, 0,7% des BNE (Bruttonationaleinkommens) für die die Entwicklungshilfe bereitzustellen (*Anmerkung). Mensch, das ist doch nett von uns. Entwicklungshilfe klingt ja auch so lieb. Wir helfen denen – freiwillig. Weil die so arm und wir so gut sind. Man könnte das Ganze ja auch als Entschädigung bezeichnen. Dafür dass die reichen Länder Jahrhundertelang die armen Länder ausgebeutet und ihrer Bodenschätze beraubt haben. Klingt dann aber nicht mehr so nett wie Entwicklungshilfe. Wäre aber vielleicht ein bisschen ehrlicher!
2014 hat Deutschland gerade mal 0,42% des BNE für Entwicklungshilfe aufgebracht. Kann ja jeder, der interessiert ist und mit großen Zahlen umgehen kann, mal ausrechnen, was bei einem BNE von 3000 Mrd. Euro da eingespart wurde. Ach so, und in all den Jahren davor natürlich auch. Also scheiß auf Fluchtursachen!
Nur fünf Länder halten sich an ihre 0,7%-Verpflichtung. Schweden, Norwegen und Luxemburg liegen bei ca. 1%, außerdem noch die Dänemark und seit neuestem Groß Brittanien.
In Deutschland ist im letzten Jahr der Anteil immerhin auf 0,52% gestiegen. Allerdings nur, weil die Bundesrepublik die Aufwendungen für die Flüchtlinge in Deutschland mit eingerechnet hat. Das ist zwar gemäß Berechnungsregeln der OECD in Ordnung, wirkt aber trotzdem ziemlich seltsam, wenn Deutschland Entwicklungshilfe in Deutschland leistet und sich damit auch noch die Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte schönrechnet.
Richtig unangenehm wird’s, wenn man gleichzeitig die Entwicklung der Waffenexporte Deutschlands betrachtet. Allein im ersten Halbjahr 2015 wurden Waffenexporte für 6,35 Mrd. Euro genehmigt (für 587 Mio. davon in Arabische und Nordafrikanische Staaten). Der gesamte Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung steht 2016 bei 7,4 Mrd. Euro, hat also gerade mal den Gegenwert von Stuttgart21 (konservativ geschätzt).
Worum ging’s den Politikdarstellern noch mal…? Ach ja, richtig, Waffen exportieren, um damit in den Krisengebieten die Fluchtursachen zu bekämpfen. Oder so ähnlich… Sorry, ich muss jetzt aufhören, mir wird schlecht!

0,7% entwicklungshilfe02

(Grafik: ONE DATA report 2015)

*Anmerkung: Das 0,7 Prozent-Ziel wurde 1970 von der UN Generalversammlung beschlossen. Industrialisierte Länder verpflichteten sich damals dazu, die offizielle Entwicklungshilfe für Entwicklungsländer schrittweise zu erhöhen. Sie versprachen ihr Bestes zu geben, um einen Mindestnettobetrag von 0,7 Prozent des Bruttosozialproduktes bis zur Hälfte des Jahrzehnts zu erreichen.

„Ihr Bestes zugeben!“ Wie zynisch geht’s denn..?!