Covid-19
Über die Grenzen der Toleranz!
Über die Grenzen der Toleranz!
Ist es so weit? Müssen wir uns jetzt tatsächlich Sorgen um Donald Trump machen? Müssen wir einem wie Trump nur das Beste wünschen, liebe Humanisten und Teilzeitmoralisten?
Oder lachen wir über die Berufssarkastiker, die sagen: Das hat das arme Covid-19 nun wirklich nicht verdient! Und was ist, wenn das Virus jetzt durch Trump mutiert und noch schlimmer wird? Vielleicht mutiert‘s direkt zu einer fiesen orangefarbenen Geschlechtskrankheit! Oder man bekommt so ein krass ansteckendes Fake-News-Tourette, das nie wieder weggeht, und man verliert dann alle seine Freunde und muss ehemalige slowakische Schönheitsköniginnen heiraten! Wer weiß?

Apropos Schönheitskönigin… Meine Lieblingsverschwörungstheorie ist ja derzeit, dass Donald Trump eine sexuelle Beziehung mit seiner Ehefrau Melania hat! Bäm! Da guckt ihr, was?! Dieses Gerücht erfüllt alle Kriterien einer Weltklasse Weltverschwörung. Es ist einerseits vollkommen abwegig, ja absurd, man könnte sagen, es ist absolut unvorstellbar, dass Trump womöglich oder gar tatsächlich etwas mit seiner eigenen Ehefrau anfangen würde. Aber! Es gibt Hinweise! Schließlich wurden ja beide, Medienberichten zufolge, positiv auf Corona getestet. Und…? Na…? Merkt ihr was?! Sie könnten sich ja aneinander angesteckt haben, also gegenseitig, weil, liebe Kinder, wenn die Biene die Blume ganz ganz doll lieb hat, dann… Andererseits mit dieser Begründung könnte sich Trump ja eigentlich nur bei sich selbst infiziert haben…! Hmmm!
Und wie bei jeder guten Verschwörung muss man sich natürlich fragen: Wer profitiert davon? Hier: die Romantiker unter den Trumpianern. Denn plötzlich ist der kalte Egoman ein liebender Ehemann! Und alle so: Ohhhh!! Und allen Kritiker*innen und Leugner*innen schmettere ich entgegen: Auch bei einer gut arrangierten Ehe gibt’s doch eine vage Restchance, dass sich die beiden Vermittelten ganz unvermittelt ineinander verlieben, quasi aus Versehen.
Und ist das nicht ein Trost in finsteren Zeiten, ein Funken, ein Hoffnungsschimmer, ach, oder einfach doch nur ein Riesenhaufen Bullenscheiße! Sorry, wollte irgendwie ein positives Ende finden. Geht aber leider nicht immer… Ich bin ja nicht Rosamunde Pilcher!
Mit bunten Eiern aus der Krise!
Mit bunten Eiern aus der Krise!
Mir geht gerade mächtig auf die Eier*stöcke, dass sich in der Corona-Krise alles ist in Schwarz-Weiß, Ja-Nein, links-rechts, Hü-Hott aufteilt. Entweder Krise als Chance oder Krise als Scheiß. Dabei gibt es doch so schöne Grautöne, so ein frisches Steingrau zum Beispiel, und zwischen dem Einerseits-Andererseits ist eben auch viel Vielleicht, Weiß-Nicht-So-Genau und Sowohl-Als-Auch zu erkennen, wenn man möchte. Aber Corona scheint, nichts für Mittelwege übrig zu haben. Entweder Vollbremsung oder Tempo 200. Aber nicht so schön mit 120 auf der Mittelspur cruisen, sodass man sich dabei in ruhigem Ton sachlich mit einem Thema auseinandersetzen, Gefahren und Chancen erörtern kann und dabei mit Emotionen und Ausrufezeichen sparsam umgeht. Schwierig zurzeit…
Und ich weiß, einige kotzen bereits im Strahl, wenn irgendwelche privilegierter Dödel*innen (wie ich) die Krise als Chance beschreibt. Und natürlich ist für sehr viele diese Krise einfach eine Katastrophe, ob gesundheitlich, wirtschaftlich, sozial… Keine Frage und keine Relativierung. Denn das ist die eine und auch die beherrschende Seite der Corona-Krise.
Aber für andere stellt sich die Frage, und ich gehe noch weiter, für andere (hier: Politiker*, Journalist*, Philosoph*, Soziolog*innen, Wirtschaftsheinis und andere, die Zeit und Muße zum Denken haben) sollte, ja, muss sich gerade jetzt die Frage stellen, was könnte oder sollte denn nach der Krise anders und vielleicht besser sein als vorher. Denn in dieser Zeit des Durchatmens, des Stillstandes, in der sich das Hamsterrad plötzlich nicht mehr wie gewohnt dreht und dreht und dreht, sich die globalisierten Werkbänke des Turbokapitalismus‘ in Superslomo befinden, öffnet sich ein seltenes Zeitfenster, in dem Fragen gestellt werden können, wie unser Danach eigentlich aussehen soll und ob das, was wir als Normalität kennen und zu der viele so schnell wie möglich zurück wollen, überhaupt normal oder gar wünschenswert ist.
Und diese Fragen beschäftigen sich nicht nur mit drängenden Veränderungen im Gesundheitssystem, sondern auch mit Verzicht und Konsum, Ökonomie und Ökologie, Verkehrs- und Energiewende, sozialer Gerechtigkeit, Umverteilung, Besteuerung von Großkonzernen (wie Amazon, einer der Großprofiteure der Corona-Krise), Entprivatisierung von Grundversorgung und vielem mehr.
Und gerade jetzt höre ich schon einige Politiker*innen, manche leiser, manche lauter, die den Marsch zum Zurück zur Normalität blasen und die behaupten, für andere Gedanken sei jetzt wirklich keine Zeit. Aber, stopp! Wann wenn nicht jetzt ist genau dafür Zeit…?
Nach der Finanzkrise 2008/9 gab es auch so einen einschneidenden Zeitpunkt, öffnete sich kurz ein Zeitfenster, als viele sagten: Moment mal, so kann das jetzt aber wirklich nicht weiter mit der Finanzspekulation, den Hochgeschwindigkeitstransaktionen und so weiter… Einige erinnern sich vielleicht noch vage.
Und selbst in dieser Situation, als die Schwächen, Fehler und Gefahren des Finanzsektors deutlich wurden, gab es kein beherztes Gegensteuern, keine weitgreifenden Reformen und Regulierungen. An den Spielregeln der Finanzmärkte änderten sich nur sehr wenig. Und so kehrte die Normalität, egal wie unsinnig und gefährlich sie war, zurück. Die Chance war vertan!
Das habe ich im Sinn, wenn ich über die Krise als Chance rede. Denn sie ist eine Chance und sie ist gleichzeitig auch eine Katastrophe. Aber darin liegt kein Widerspruch. Daher finde ich es schade, wenn sich diesbezüglich Lager bilden, die sich beschimpfen und verunglimpfen.
Aber es gibt noch eine dritte Seite (und ich höre die Jungs und Mädels von der FDP schon tröten) und das sind diejenigen, die genau davon profitieren und die schon bisher davon profitierten, dass demnächst alles so schnell wie möglich zurück auf den Vorkrisen-Status gestellt wird, dass die oben genannten Aspekte nicht weiter thematisiert oder hinterfragt werden, dass die Sinnfrage nach unserer Normalität eben nicht gestellt wird.
Was wird bleiben? Was wird sich ändern? Kosmetische, schönheitschirurgische Veränderungen am Gesundheitssystem, ein steuerfreier Bonus für Pflegekräfte, Applaus vom Balkon…?
Wenn das alles ist… Wow!

Sonderabgaben auf Vermögen wegen Corona?
Sonderabgaben auf Vermögen wegen Corona?

SPD-Chefin Saskia Esken fordert, wegen der Corona-Krise und der Belastungen für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft, Sonderabgaben auf hohe Vermögen. Es gehe um eine „faire Lastenverteilung“. So könne der durch die Krise belastete Staatshaushalt auch auf die „starken Schultern“ in der Gesellschaft verteilt werden. Bernd Riexinger von der Linken hatte bereits Ähnliches gefordert. Konkret wird von einer einmaligen Abgabe von fünf Prozent für Vermögen über einer Millionen Euro gesprochen.
Esken tut tatsächlich so, als würde es so etwas wie Solidarität wirklich geben – ein bisschen naiv, aber auch irgendwie putzig, sofern dies ernstgemeint ist. Sie sollte wissen, dass es in einer Groko niemals (NIE! Also so richtig gar nicht!) so etwas wie Umverteilung von oben nach unten geben wird, Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder eine wirksame Vermögens- oder Erbschaftssteuer, weil… äh, weil: Das wäre ja noch schöner und da könnte ja jeder kommen! Und überhaupt! Denn sonst, wie wir wissen, würden sofort alle Arbeitsplätze Deutschlands ins Ausland verlagert werden.
Esken führt sich wie eine Oppositionspolitikerin auf, was ja auch irgendwie stimmt, sogar innerhalb ihrer Partei in gewissem Sinne…
Dass die Linken für eine solche Abgabe sind, ist einleuchtend und, meiner Meinung nach, auch völlig berechtigt. Denn diese neoliberale Logik, nach der, wenn der Laden gut läuft, alle Gewinne ständig privatisiert werden dürfen und in Krisenzeiten (Finanzkrise und jetzt Corona) die Verluste vergesellschaftet, also von allen Steuerzahler*innen getragen werden, die muss endlich beendet werden!
Und ich hör schon die FDP aufjaulen. Ausgerechnet die armen Milliardäre sollen solidarisch sein. Wie ungerecht! Die wissen doch gar nicht, wie das geht! Die haben Solidarität doch nie gelernt! Das steht in Steueroasen gar nicht auf dem Lehrplan!
Wie wäre es stattdessen mit so einer lustigen kleinen freiwilligen Selbstverpflichtung? Das funktioniert doch sonst auch ganz prima!
Traurig, dass der überwiegende Großteil der Bevölkerung nicht der Meinung ist, dass Reiche und Superreiche in Notzeiten einen finanziellen Sonderbeitrag zur Krisenbewältigung beisteuern sollten. Eine klare Mehrheit der Deutschen findet eine solche Maßnahme nicht gerecht. So fest ist die neoliberale Logik in unseren Köpfen schon eingebrannt.

Mehr zu Corona, Klopapier und Zwangsentschleunigung hier: https://tommiboe.com/category/corona/
Was wir schon jetzt von Corona lernen können
Was wir schon jetzt von Corona lernen können!
Eigentlich verbiete ich meinen Schüler*innen, Sätze mit „eigentlich“ zu beginnen. Aber eigentlich wollte ich hier einen launischen Artikel über Corona schreiben – von wegen: ein mäßig gefährlicher Virus in hysterischen Zeiten, während die Bedrohung durch den Klimawandel weiterhin überhaupt nicht ernstgenommen wird….
Okay, die Zeiten sind und bleiben hysterisch, aber das Virus und die Gesamtsituation (auch und gerade die unseres Gesundheitssystems) laden dann doch nicht zum Scherzen ein.
Selbst wenn man selbst nicht zur Risikogruppe zählt und daher die gesundheitlichen Gefahren als nicht lebensbedrohlich einzuschätzen sind, trägt doch jeder einzelne, egal wie alt und wie gefährdet, durch sein Verhalten dazu bei, wie schnell sich das Virus in Deutschland verbreitet und damit auch wie viele Menschen gleichzeitig mit dem Virus infiziert sind. Das erhöht letzten Endes auch die Zahl der sogenannten Risikopatienten und von denen hat vielleicht jeder einen oder eine in seinem Bekanntenkreis. Und wenn viele Menschen gleichzeitig intensivmedizinische Betreuung benötigen, dann werden wir wohl erfahren, wie stressfähig unser notorisch überlastetes, kaputtgespartes Gesundheitssystem tatsächlich ist. Und wollen wir das wirklich austesten…? – Natürlich nicht! Daher sollten wir alles tun, um die Verbreitung des Virus‘, so gut es geht, auszubremsen.
Vielleicht, und das sollte schon jetzt der erhobene Zeigefinger sein, zeigt uns die aktuelle Krise in aller Deutlichkeit, was in den vergangenen Jahrzehnten im Gesundheitswesen so alles schiefgelaufen ist, nämlich dass Patient*innen keine zu vermarktende Fallpauschalen sind, dass medizinisches Personal weit mehr als ein Kostenfaktor ist und dass Krankenhäuser, verdammt noch mal, kein renditeversprechendes Investment sein dürfen. Ist doch nicht so schwer!
Hoffentlich erinnern sich die Politiker*innen noch daran, wenn die Corona-Welle abgeebbt ist, und reparieren unser Gesundheitssystem. Die Stellschrauben sollten allen bekannt sein!