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Kraft der Vernunft oder doch nur Vernunftkraft?

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Kraft der Vernunft oder doch nur Vernunftkraft?

Wenn die Geisteswissenschaften in Deutschland eine größere Rolle spielen würden, gäbe es vielleicht auch ein Institut, das sich um die Ein- und Reinhaltung der deutschen Sprache kümmern würde. Und mit kümmern meine ich jetzt nicht auf der Straße, um Menschen direkt abzuführen und einzusperren, die sich an Präpositionen vergehen oder sich weigern, art- und fallgerecht zu deklinieren. Das finde ich auch nicht schön, immerhin kann das manchmal lustig sein. So befragte ich zwei Schüler auf dem Schulhof während einer Freistunde, was sie denn so trieben. Darauf bekam ich die Antwort: „Wir waren schon Döner und gehen jetzt Kaufland!“ Gymnasiasten, wohlgemerkt! Aber hier gleich den Staatsschutz einzusetzen, fände ich dann doch etwas übertrieben.

Schlimmer finde ich, wenn sich Institutionen, Vereine, Parteien o.ä. mit Namen schmücken, die irreführend sind, da die ursprüngliche Bedeutung des gewählten Begriffes dann doch zu kreativ, abwegig und begriffsverdrehend benutzt wird.

Beispiel: So finde ich es einfach falsch, wenn ständig von „der AfD“ gesprochen wird. „Die AfD“ sollte konsequent „eine AfD“ genannt werden und nicht „die“. Denn das Wort Alternative impliziert weitere Denk- und Auswahlmöglichkeiten, die jenseits von Deutschtümelei, Fremdenfeindlichkeit, Geschichtsvergessenheit, antiquierten Geschlechterrollen und Leugnung des Klimawandels liegen dürften.

Es handelt sich hier lediglich um „eine“ Alternative und es ist auch nicht die „einzige“ Antwort auf die propagierte „Alternativlosigkeit“ der Ära Merkel, die ja semantisch ein gleichgroßer Schwachsinn ist.

Ein anderes gelungenes Beispiel für den Missbrauch an Begriffen ist die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“. Spätestens hier müsste die Polizei eingreifen. Denn eine Initiative, die einseitig Unternehmens- und Kapitalinteressen vertritt und konsequent am Abbau sozialer Standards arbeitet, ist und bleibt eine Lobbyorganisation, die sich für wirtschaftsliberale Reformen einsetzt, die die soziale Marktwirtschaft demontieren! Feierabend! Abführen!

Oder und es wird noch blöder: „Vernunftkraft“ nennt sich eine Plattform, die als Umweltverband getarnt massiv versucht, deutschlandweit den Bau von Windkraftanlagen zu verhindern, und lokale Gruppen mit Protestinformationen, Expertentum sowie spezialisierten Anwälten unterstützt, die Klagen gegen den Bau von Windrädern vor Gericht bringen. Dabei besitzt Vernunftkragt enge Verbindungen bis hinein ins Bundeswirtschaftsministerium. Dass Vernunftkraft ganz gegen die Kraft der Vernunft den Menschengemachten Klimawandel in Zweifel zieht, mag nicht überraschen

Wieviel Vernunft mag wohl in Vernunftkraft stecken, wenn schon nur in jedem siebten Überraschungs-Ei ein Schlumpf steckt?

Um mal wieder den guten alten Voltaire zu bemühen: „Common sense is not so common!“ Leider wahr!

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Alternative für die Alternative

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AfdA – Alternative für die Alternative

Was mich wirklich ärgert, ist, dass die AfD mit ihrer Polemik so schöne und wichtige Worte wie „Alternative“ und „Widerstand“ für sich beansprucht und damit völlig ruiniert hat. Das ist schon deshalb ärgerlich, da eine Alternative zur derzeitigen Politik der Alternativlosigkeit von der GroKo dringend angebracht wäre. Aber der Begriff ist jetzt irgendwie verschmutzt. Fraglich, ob man je wieder sachlich und ohne Schaum vorm Mund von Alternativen sprechen kann. Zumal uns suggeriert wird, es gäbe nur diese eine Alternative. Schließlich hält sich die AfD für DIE Alternative und nicht für irgendeine ziemlich dämliche Alternative. Aber das ist natürlich alternativloser Bullshit. Denn ein Kennzeichen unserer pluralisierten Welt ist es, dass es quasi unendlich viele Möglichkeiten, also auch Alternativen gibt. Das macht unsere Welt auch so kompliziert und so unübersichtlich, dass sich viele Menschen nach einfachen Antworten sehnen und oft auch nach einem Früher, als vieles noch einfacher und übersichtlicher war. Und man kann vieles Kritische über die AfD sagen aber nicht, dass sie keine einfache Antwort ist. Antwort jetzt nicht im Sinne von Lösung. Aber das versteht sich ja von selbst.

Und auch der Widerstand, eine urlinke Tugend, wird jetzt von der AfD für sich beansprucht. Und sie beruft sich sogar, mit viel Phantasie, auf das Grundgesetz. Siehe GG Artikel 20 Absatz 4: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“

Einerseits irgendwie putzig dieses Rechtsverständnis. Andererseits kann man kaum noch zu berechtigtem Widerstand gegen unsere Obrigkeits- und Kapitalhörige Politik aufrufen, ohne gleich in die rechte Ecke gestellt zu werden.

Und das hatte ich mir unter Widerstand bisher jedenfalls nicht vorgestellt!

 

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Herr Boe möchte weiterhin Worte wie Alternative und Widerstand benutzen dürfen, ohne deshalb in die rechte Ecke gedrängt zu werden!

 

Der zehnte Keks

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Der zehnte Keks

An einem Tisch sitzen ein Banker, ein Flüchtling und ein besorgter Bürger. Auf dem Tisch ein Teller mit zehn Keksen. Der Banker nimmt sich neun Kekse und flüstert verschwörerisch dem besorgten Bürger zu: „Pass auf, der Flüchtling will deinen Keks!“

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Hmmm, lecker Kekse! Für mich….? Haha, sehr witzig!

Bei all den Diskussionen der letzten Wochen und Monate über das Flüchtlingsthema fällt mir nichts ein, was auch nur annähernd so knapp und treffend das Ganze zusammenfasst wie der obige Witz.

All das Geschwafel, egal von welcher Seite, ist entweder verlogen, übertrieben, falsch, hetzerisch, blind, dumm, heuchlerisch oder alles zusammen. Denn es geht hier nicht um den zehnten Keks, es geht um alle zehn Kekse! Aber irgendwie will wohl keiner (außer den Linken und die scheinen nach wie vor in Deutschland nicht zu zählen) dieses Fass mit der Verteilung von allen zehn Keksen aufmachen.

Und das ist erbärmlich und blind und, ich wiederhole mich an dieser Stelle gerne, heuchlerisch! Wie, ohne eine ehrliche Diskussion um die unehrliche Verteilung in der Gesellschaft, lassen sich unsere Probleme denn lösen?

Genauso wenig lässt sich der Wahlerfolg der AfD ausschließlich mit der Flüchtlingskrise erklären. Das tun nur Leute, die den Unterschied zwischen Gründen und Auslösern nicht erkennen können oder nicht erkennen wollen. Denn der Auslöser ist klar, die Flüchtlingskrise, aber die Gründe liegen viel tiefer, sind komplizierter und vielleicht sogar noch unerfreulicher, da sie sich nicht auf „rechts/ ausländerfeindlich/ verwirrt/ asozial“ reduzieren lassen, sondern das Jahrzehntelange Versagen und Vergessen der Politik gegenüber einem Teil der Bevölkerung offenbaren.

Tja… und auch dieses Fass will dann wohl keiner der Verantwortlichen aufmachen. Denn auch dann würde man wieder beim ersten Fass mit den zehn Keksen rauskommen. Denn während sich in den letzten 20 Jahren die Vermögen lustig vermehren konnten und die Reichen davon profitierten, stagnierten die Durchschnittseinkommen und es wurde der Niedriglohnsektor massiv ausgebaut. Jeder fünfte Arbeitnehmer in Deutschland steht inzwischen in einem atypischen Arbeitsverhältnis, sodass Arbeit heute nicht mehr vor Armut schützt, geschweige denn eine sichere Rente garantiert. Die Schere zwischen arm und reich wird immer größer und anscheinend ist das alternativlos, weil äh… weil ähh… weil phhh… naja, weil die Einflüsterer und Lobbyisten uns irgendwie erklären, dass wenn die Reichen nicht immer reicher werden, ihnen irgendwelche Anreize fehlen und so die Armen noch ärmer würden… oder so ähnlich… oder nicht?! Na klar! Verstehe!

Und was machen wir…? Wir glauben diesen neoliberalen Stuss und streiten uns wie die Deppen um den zehnten Keks. Na bravo!

Der neutrale Beobachter muss sich bei der Interpretation des Keks-Gleichnisses letztlich nur die Frage stellen, ob es angebrachter ist, dem Erzähler Neid oder dem Banker Gier zu unterstellen! Beides ist möglich und funktioniert. Und irgendwie auch putzig, wie gut der Verweis auf die Neiddebatte immer wieder klappt, sodass keiner mehr die hässliche Fratze der Gier erkennen mag!

 

Mehr  zum dem Thema „Gierdebatte„!

Neues zum Keks-Gleichnis!

Unzumautbar, Teil 2

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Unzumautbar, Teil 2

„Bierzelt goes Bundestag!“ hat die Zeit-online getitelt.
Oder wie ich sagen würde: „Stammtisch schlägt Stammhirn!“

Dass es bei der Ausländermaut nicht um Inhalte, sondern um reine Machtpolitik geht, ist wohl allen klar. Aber dass dabei auf derart alberne Sandkastentechniken zurückgegriffen wird, das ist zwar ärgerlich, aber schon auch sehr putzig. Während es sich beim Großteil der Politiker anscheinend um erwachsene Menschen handelt, wird die Mautdebatte von einer Horde Sandkastenfuzzis beherrscht, der man mit sachlichen Argumenten einfach nicht kommen kann. Denn egal, was man einwendet, sie stemmen die Ärmchen in die Hüften, stampfen mit ihren Füßchen auf, laufen rot an und meckern: „Aber das steht im Koalitionsvertrag!“ Und Mutti und ihre Freunde versuchen, ihnen vorsichtig das Spielzeug wegzunehmen und zu erklären, dass sie sich jetzt mal kurz wie Erwachsene unterhalten wollen. Aber die kleinen vernunftresistenten Scheißer schreien einfach immer weiter: „Aber der Koalitionsvertrag! Aber aber aber!“ Und man möchte laut dazwischen rufen: „Haltet endlich die Klappe und geht kacken!“ Dann wäre auch wieder Zeit, sich mit wesentlichen Dingen zu beschäftigen! Aber nein, so darf mit Kindern ja nicht reden!
Aber sehen wir doch mal das Positive an dem Ausländermaut­scheiß, äh, Pardon, dem „Infrastrukturabgabe­scheiß“. Ja, das geht! Denn bei dieser Entscheidung geht es immerhin und tatsächlich mal wieder um Politik in seinem ursprünglichen Verständnis. Auch wenn’s blöd klingt und, zugegeben, inhaltlich natürlich auch blöd ist. Aber es geht ausnahmsweise mal nicht um irgendwelche rein wirtschaftlichen Interessen, die dem Bürger dann, wie üblich, als „alternativlos“ oder „systemrelevant“ verkauft werden. Oft mit fadenscheinigen und primitiven Erklärungen. Bei der Ausländermaut werden wir nicht für blöd verkauft. Im Gegenteil! Der Blöde offenbart sich ganz ehrlich (auch als blöd) und macht ein Gesetz für seinen Pöbel! Wir blenden die Vernunft für einen Moment aus und stellen fest: Nach demokratischen Aspekten ist die Ausländermaut weniger verwerflich, als mit Steuermilliarden privates Missmanagement von Banken zu korrigieren oder Hoteliers Steuererleichterungen zuzuschanzen oder hohe Vermögen und Erbschaften hartnäckig nicht (gebührend) zu besteuern und dann obrigkeitshörig irgendetwas von Systemrelevanz und Alternativlosigkeit zu faseln.
Keine Diskussion! Natürlich ist die Ausländermaut inhaltlich das LETZTE! Aber so ist sie nun mal, die CSU! Was erwarten wir denn von ihr? Und was Erwartungen angeht… Dahingehend muss jeder an sich selber arbeiten!
Und für alle, die die Maut doch irgendwie ganz in Ordnung finden – gemäß jüngster Umfragen circa fünfzig Prozent aller Deutschen (ich glaub, ich spinne!), folgendes Gedankenexperiment: Da es sich ja um eine bayrische Idee handelt, stellen wir uns vor, die Maut würde nur auf bayrischen Autobahnen gelten und zwar für alle nicht-Bayern! Alle anderen Deutschen müssten also in Bayern Autobahngebühren zahlen, nur die Bayern nicht. Auf diese Art könnte sich Seehofer die ihm zustehenden Gelder aus dem Länderfinanzausgleich endlich zurückholen. Klingt in meinen Ohren auch nicht viel bescheuerter, wenn man für „bayrisch“ „deutsch“ einsetzt! Es sei denn man hält die „europäische Idee“ für eine „deutsche Idee“, in der es bloß darum geht, die europäischen Nachbarn als Absatzmarkt für deutsche Produkte zu sehen. Denn darum war es uns doch immer gegangen. Oder war da doch noch mehr…?

Allerdings mit einer Frage hat die CSU natürlich auch Recht (kein Einspruch!): „Für wen hat Hitler denn die Autobahnen gebaut?“ Na…? Bestimmt nicht für holländische Wohnwagen!

Hier  geht’s zum ersten Teil:

https://tommiboe.wordpress.com/2015/03/28/unzumautbar/