essen + trinken
Über Grapefruit und anderes Gemüse
Über Grapefruit und anderes Gemüse
Stuttgart, Februar 2015. Auf meiner Fensterbank liegt eine Grapefruit – seit mindestens acht Monaten. Für genauere Zeitbestimmung bietet sich die C14-Methode an oder ihr befragt einfach meinen Zwischenmieter. Denn die Frucht lag dort schon bei meiner Rückkehr aus dem Sabbatjahr. Das war Ende Juni 2014.
Grapefruit ist nicht gerade die Frucht meines Herzens und noch weniger meines Gaumens, und so blieb sie ungegessen. Und da sie sich auf der Fensterbank farblich ganz hübsch machte, ließ ich sie zunächst aus ästhetischen Gründen liegen und betrachte sie inzwischen als Studienobjekt. Wie lange hält sie durch? Wie viele Grapefruitjahre entsprechen einem Hundejahr? Sind Grapefruits überhaupt sterblich? Wichtige Fragen eben…
Außerdem sorge ich dafür, dass sie immer wieder wechselnde Gesellschaft bekommt. Orangen, Zitronen, Äpfel, Bananen, Zwiebeln teilten sich mit ihr die Fensterbank. Überlebt hat sie noch alle. Selbst ernstgemeinte Anschimmelversuche seitens einer suizidalen Netzgemeinschaft von Orangen überstand sie unbeschadet.
Ich mach sowas ja gerne. Tomaten lasse ich auch gerne monatelang im Kühlschrank liegen. Mit denen passiert ja heutzutage auch nichts mehr. Die sind quasi unkaputtbar. Ist nichts mehr dran oder drin, was schimmeln könnte – oder eben schmecken!
Das Gemüse folgt damit quasi einer begrifflichen ethischen Logik: „Etwas, was nicht gut ist, kann auch nicht schlecht werden.“ Konsequent! In Zeiten, da Gemüse nur noch nach seinem Aussehen gekauft wird, wozu noch Geschmack? Habt ihr in letzter Zeit mal Radieschen gegessen? Sehen noch so aus, schmecken aber wie Gurken, also nach Wasser, nur nicht in grün sondern in rot! Und es gibt wenig Enttäuschenderes als Radieschen, die nicht nach Radieschen schmecken. Warum dürfen die überhaupt noch so heißen? Kann man so etwas nicht mal schützen? So wie bei TTIP mit unabhängigen Schiedsgerichten. Dann könnte man diese dreckigen Pseudoradieschen wegen Rufschädigung oder Hochstapelei auf ein paar Millionen verklagen und in einen dunklen Kerker sperren, auf dass sie dort elendig verrotten. Aber das tun sie ja nicht einmal mehr! Sie verrotten einfach nicht!
Nachdem die Handwerker bei der Sanierung meines Bades auch in der Küche eine tüchtige Verstaubungsorgie gefeiert hatten, stellte sich neben der Küchenreinigung auch die Frage: Wie putzt man artgerecht eine Grapefruit? Dafür untersuchte ich meinen Putzschrank (dabei handelt es sich um eine Metapher). Was könnte sich in diesem Fall eignen? Tiefenreiniger, Polsterpolitur, Glasreiniger für streifenfreien Glanz, Fleckenteufel gegen Blut- und Obstflecken…? Oder einfach der Allzweckreiniger mit Schnell-Trocken-Effekt?
Ich musste feststellen, dass ich für eine professionelle Grapefruitreinigung nicht vorbereitet war. Gab es Hotlines? Konnte das Internet helfen? Ich googelte „Grapefruit reinigen“ und lernte auf diese Weise immerhin, dass Grapefruitkernextrakt zur Leber- und Gallenreinigung taugt. Falls das jemandem von euch weiterhilft, schön! Ansonsten keine brauchbaren Tipps zur Grapefruitreinigung. Mensch, dieses Internet ist auch nicht mehr das, was es mal war! Enttäuschend!
Meiner Grapefruit geht es übrigens nach wie vor prächtig!
Fortsetzung hier: https://tommiboe.wordpress.com/2015/03/15/beautytipps-fur-hausobst/

Fundstück – sozialistische Schokolade
Fundstücke in Fernwest – sozialistische Schokolade
Okay, mein Fehler! Denn das hätte ich wissen können sollen müssen! Aber manchmal sind die Gedanken noch unschuldig (Ja, auch meine – manchmal!) und die Erinnerungen schlummern noch harm- und warnlos in einer dunklen Kammer des Bewusstseins.
Ich schlendere so, gedanklich unschuldig und erinnerungsmüde, durch Santa Clara, den Ort, den Che Guevara 1958 mit einer guerillataktischen Meisterleistung befreit und sich damit ein Denkmal gesetzt hat. Nur fair, dass ihm hier später auch ein richtiges Denkmal gemeißelt wurde, wo seit 1996 auch seine aus Bolivien importierten Originalreste ruhen. Über die Transfersumme von Guevaras Gebeinen herrscht nach wie vor Stillschweigen.
Dass Che gerne Zigarren rauchte, ist bekannt. Was er von Schokolade hielt, weiß ich allerdings nicht. Vielleicht hätte es aber etwas an seiner Einstellung dem ganzen Rebellieren und Revolutionieren gegenüber geändert, wenn er gewusst hätte, was im Sozialismus für eine Scheiß Schokolade produziert wird. Und eine Ausrede wie bei „Medizin muss bitter schmecken!“ will ich bei Schokolade einfach nicht gelten lassen!
Okay, Che Guevara hat das nicht wissen können. Aber ich, als ich vorfreudig das Café mit den Schokoprodukten betrete, hätte das wissen müssen! Erinnerungsblind bestelle ich zu meinem Cortado zwei Bonbones, schokoladenverdächtige Kügelchen. Schon als ich die Kugeln vor mir sehe und erst recht als ich dann reinbeiße, kommen die Erinnerungen zurück: Ostschokolade! Mich streift allerdings nicht der Hauch von Ostalgie sondern pures Unverständnis. Klar, auch über mein „Wie konnte ich das vergessen!“, aber in erster Linie Unverständnis darüber, wie man noch im 21. Jahrhundert versuchen kann, so etwas als Schokolade zu verkaufen! Das gehört sich einfach nicht! Auch hilft keine sächsisch genuschelte Ausrede mehr wie „Wir kannten ja nüscht anderes!“
Erinnerung an meine Zeiten in Sachsen-Anhalt kommen zurück. Das war 2005-2008 und inzwischen kannte man auch dort anderes! Aber es gab sie trotzdem noch immer: die Ostschokolade. Zum Beispiel die Hallorenkugeln aus Halle. Von den 20 Sorten schmeckte genau 1 (eine!), die mit Marzipan. Ich hab’s selbst nachgezählt. Der Rest ging überhaupt nicht! Und dann waren (sind?!) da noch die unsäglichen Zetti-Produkte. Ehemalige Ostkinderaugen mögen noch so wässrig werden, aber in einer Welt, in der man an richtige Schokolade ohne Strafverfolgung kommen kann, haben solche Produkte einfach keine Existenzgrundlage mehr. Außer Ostalgie! Aber die scheint noch immer gut zu wirken.
Dabei habe ich überhaupt nichts gegen Ostprodukte, ich bin ein großer Freund von Thüringer Rostbratwurst mit Bautz’ner Senf (scharf). Ich bin nur gegen Ostschokolade! Ach ja und natürlich gegen Ostfrisuren!



Kein Bier vor elf!
Kein Bier vor elf!
Manchmal ist die Zeitverschiebung ja sehr hilfreich. Zum Beispiel wenn es um die Beugung deutscher Weisheiten geht. „Kein Bier vor 4!“ entspricht in meiner Zeitzone 9 Uhr vormittags. Man muss es ja nicht übertreiben. Aber 11 Uhr geht dann schon. Aber wie hat mir meine Oma so schön beigebracht. Wann man das erste Bier trinke, das sei nicht so entscheidend. Denn: „Lieber ein erstes Bier mehr und dafür ein letztes weniger trinken!“ Wenn da mal nichts Wahres dran ist, liebe Freunde des Biergenusses. Übrigens die gleiche Oma, die auch gesagt hat: „Wer ein Bier holen kann, kann auch zwei holen!“
Ich komme gerade von meiner morgendlichen Surfstunde (meiner zweiten). Was ich von gestern gelernt habe. 1. Sonnenschutz auf dem Rücken war absolut nicht ausreichend. Also heute ein langärmliges Oberteil angehabt. 2. die Surfer, die neben aufs Brett steigen, greifen scheinbar auf eine andere Zeit zu oder anders: ich kann nur auf Zeitlupe zugreifen. 3. Der Muskelkater in den Armen macht mich heute ganz schön müde.
Als wir aus dem Wasser gehen, wird gerade für einen Surfwettbewerb aufgerufen, an dem ich noch nicht teilnehmen kann. Immerhin bin ich heute schon ganz gut aufs Brett gekommen und konnte einige Wellen, na, nennen wird es mal nicht reiten, aber zumindest runter fahren. Schon coole Sache. Und da ich noch ein paar Tage hier rumlungern werde, werde ich wohl noch die ein oder andere Wellen in Angriff nehmen (müssen).
Darauf kann man auch schon mal um elf ein Bier trinken. Zumal ja, in meinen Augen und Kehlen, Bier ein ausdrückliches Sommererfrischungsgetränk ist (Biergärten sind ja auch im Winter geschlossen) und der Sommer und der Drang nach Erfrischung beginnen hier jeden Tag einfach schon verdammt früh…





