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If you like wind, you’ll love Patagonia

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If you like wind, you’ll love Patagonia!

Ich hab ja ein bisschen Angst! Bin natürlich auch ein Schisser, ist ja klar!
Bin seit gestern in Puerto Natales/Chile, von wo aus es morgen zu den Torres del Paine geht, dem Klassiker Patagoniens schlechthin. Heute lass ich mich schon mal probeweise durch Puerto Natales wehen, bevor morgen das richtige Starkwindwandern beginnt.
Meine letzten beiden Wandertage, noch in Argentinien von El Chaltén aus, waren schon extrem windig. Nicht schön, den ganzen Tag von den eigenen Haaren verprügelt zu werden. Auf der zweiten Wanderung wurden wir noch fünfzig Meter neben dem Fluss nass, als uns der Wind die Gischt ins Gesicht wehte. Meine leichtgebaute Begleiterin musste sich auf dem Rückweg aus Sicherheitsgründen Steine in die Taschen stecken. Eine Maßnahme, die mir dank meines schweren Knochenbaus erspart blieb. – Am Tag davor, auf dem Aufstieg zum letzten Mirador am Fitz Roy war der Seitenwind so stark, dass er mir regelrecht die Füße weggeblasen hat. Am Ende des Tages hatte ich wunde Knöchel, weil sie immer wieder im Vorbeilaufen aneinandergeweht worden waren. So etwas war mir nüchtern auch noch nicht passiert! Bei beiden Wanderungen war es jedenfalls am Zielort, dem vermeintlich besten Aussichtspunkt, kaum ein paar Minuten auszuhalten.

Das Beruhigende dabei: Am Abend war man wieder im warmen Hostel. Diese Aussicht werde ich in der nächsten Woche nicht haben. Da wird gezeltet, falls es mir nicht vorher wegfliegt oder mich unfreiwillig zum Kitesurfer macht. Das wollte ich ja immer schon mal ausprobieren. Die Wind- und Wettervorhersage ist zumindest nicht sparsam im Umgang mit Windstärken. Da werde ich wohl das ganz kleine Segel einpacken…
Aber auch auf den sonstigen Reisealltag hat der Wind seine Auswirkungen, wie das heutige Foto vor der chilenische Flagge zeigt, das eigentlich als Windbeweis dienen sollte. Erstmals auf meiner Reise musste ich für ein Selfie beide Hände an die Kamera nehmen, weil es mit einer Hand nicht möglich war!

Selfies/Autofotos mit zwei Händen wegen Starkwind!
Herr Boe beim beidhändigen Selfie, wegen Starkwind!
wunderschönes windiges Patagonien!
Wunderschönes, wunderwindiges Patagonien! Hier am Fitz Roy!

Fundstück – Desayuno Argentino

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Desayuno Argentino

Reisen ist ja nicht nur schön! So gibt es auch Dinge, die ich definitiv nicht vermissen werde. Gutes Beispiel dafür: Frühstück in Hostels. Okay, was will man/ich erwarten?! Und eine Beschwerde aus dem Mund eines Menschen, der schon Schwierigkeiten hat, frühmorgens Essen zu sehen oder daran zu denken, ohne dass ihm übel wird, und dessen Frühstück aus Coffee- und Brezel-to-go besteht, sollte wirklich keine Referenz sein. Andererseits müssten alle mitteleuropäischen Normalfrühstücker hier erst so richtig wahnsinnig werden.
Aber heute morgen…! Heute morgen…! Dabei ist es ein sehr nettes Hostel sogar mit einem ansässigen Restaurant. Und das Essen sah abends auch ganz lecker aus. Aber das Frühstück…! Selbst einem abgestumpftem Sinn mit quasi Null Erwartungshaltung schlägt so ein Frühstück ins nüchterne Gesicht. Schlimmer dünner Kaffee mit in heißem Wasser aufgelöstem Milchpulver ist ja nichts Ungewöhnliches mehr und ich verstehe solche Beleidigung inzwischen als großangelegtes, wenn auch übertriebenes Toleranztraining. Als „“Essen““ wurde heute folgendes „“Büffet““ feilgeboten (hier sind doppelte Anführungszeichen unumgänglich): schon vorbereitet und hinreichend abgekühlt ein paar Dutzend ganz schwach getoastete Toastbrotscheiben, daneben ein großer Teller vollgestapelt mit portionierten Butterbrocken und auf einem Teller daneben drei (3!) kleine Erdbeermarmeladenportiönchen. Dazu weiter nichts. Ach, doch, ich vergaß. In meiner Not wähle ich die Cornflakes (worauf ich in einem normalen Leben nie zurückgreifen würde!). Allerdings enthält die bereitgestellte Karaffe nicht die erwartete Milch sondern kaltes Wasser mit sehr wenig Milchpulver. Das fällt mir allerdings erst beim Probieren auf. Muss man aber zu Hause nicht nachmachen. Denn: ganz doll BÄÄH!!!
Ich lasse meinen angebissenen Toast, meine aufgeweichten Cornflakes und meine halbvolle Tasse Wasauchimmer möglichst lieblos stehen und gehe ins Städtchen. Ich finde ein Café, das auch tatsächlich Kaffee serviert und bestelle dazu die Rettung eines argentinischen Frühstücks: „Medialunas“, denn die gibt es im Gegensatz zu ALLEN sonstigen Backwaren hier auch „saladas“ / salzig und nicht bloß „dulce“, was richtig übersetzt übrigens nicht „süß“ sondern „extrem süß“ bedeutet.
Was mich zu der Unterhaltung bringt, die ich häufig mit Südamerikanern führe. Was ich denn so frühstücke, wenn ihr Frühstück schon nichts tauge? Naja, jetzt nicht an einem normalen Morgen um 7:00. Dafür ist die Antwort einfach: Nix! Aber mit Zeit, Appetit und Spaß…? Aber egal, was ich dann nenne, der Südamerikaner schüttelt nur unwissend und oder ungläubig den Kopf. Denn was weiß er schon über Brezeln, Brötchen, Käse, Salami, eingelegte Tomaten oder Oliven? Auch diese Antwort ist einfach: Nix! – Schade eigentlich!
Oh, was werde ich frühstücken, wenn ich zurück auf dem guten alten Heimatkontinenten bin…!

 

Auslassgletscher mit Kalbungsfront oder: Rosenmontag aber mal ganz anders!

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Auslassgletscher mit Kalbungsfront oder: Rosenmontag aber mal ganz anders!

Definitiv ganz großes Kino und ganz doll „Wow!!!“ – Nun bin ich also da gewesen, am vielleicht weltberühmtesten Gletscher. Wie man das auch immer in einer Zeit mit Weltrekord verdächtig vielen Superlativen nennen mag. Ist ja auch wumpe! Jedenfalls beeindruckend ist dieser Gletscher – wow!
Der Perito Moreno ist einer der größten „Auslassgletscher“ der Welt und schiebt sich mit einer Geschwindigkeit von ungefähr drei Metern pro Tag in den Lago Argentino. Damit ist er der Sebastian Vettel unter den Formel-1-Gletschern, lassen wir mal die aktuellen Schwierigkeiten vom Red-Bull-Boliden außer acht. Der Perito Moreno bewegt sich derart konstant und zuverlässig, dass der Ort El Calafate, 80 Kilometer vom Gletscher entfernt, in einer völlig monozentrierten Abhängigkeit von diesem Naturspektakel steht. Zum Glück zieht sich der Perito Moreno nicht wie andere patagonische Gletscher zurück, hat also keine negative Massenbilanz. Hoffen wir mal für alle Touris und El Calafate, dass das trotz Klimaerwärmung so bleibt.
Jedenfalls garantiert diese Konstanz quasi jedem Reisenden jeden Tag die Möglichkeit, dem Gletscher beim Kalben zu beobachten. Riesige Eisblöcke stürzen sich dabei aus der 60 bis 80 Meter hohen Eiswand in den Lago Argentino. An der flachsten Stelle des Sees drückt es die Wand sogar bis auf über 100 Meter Höhe über das Seeniveau. Diese Eiswand nennt man in Geographenkreisen, und es ist damit mein Angeberwort des Tages: „Kalbungsfront“! Die berühmteste Kalbungsfront Deutschlands ist im übrigen Ursula von der Leyen. Ta-ta! Sorry, aber zumindest ein übler Kalauer während des Karnevals muss erlaubt sein!
Apropos, eine kleine Karnevalsgruppe hat es am Rosenmontag auch zum Gletscher geschafft, nachdem ich sie am Tag vorher noch in El Calafate auf der Straße gesehen habe. Ja, Straßenkarneval in Patagonien, aber so richtig im ganz kleinen Stil!
Aber beim Gedanken an Karneval kommt auch an so einem tollen (nicht jecken!) Tag ein bisschen Wermut auf – äh, Wehmut natürlich (Sorry, bin wohl ein bisschen im Karnevalsspaßmodus). Aber nächstes Jahr werde in dieser Jahreszeit wieder meine übliche Rheinland- plus Gran Canaria-Tour machen. So! Jetzt aber nur kurz geweint, Tränen weggewischt und schnell den Rotz wieder hochgezogen. Denn: wie übelst krass war dieser Auslassgletscher mit Kalbungsfront!

die über 2 km breite Wand / "Kalbungsfront"
die über 2 km breite Wand / „Kalbungsfront“
Karnevalsgruppe vorm Perito Moreno
Karnevalsgruppe vorm Perito Moreno

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Fundstück – Verkehrsregeln am Ende der Welt

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Fundstücke in Fernwest – Verkehrsregeln am Ende der Welt

Bei meinem Aufenthalt in Ushuaia war mir das seltsame Fahrverhalten der Autofahrer aufgefallen. Irgendetwas stimmte hier nicht. Mir war erst nicht so klar, was es genau war. Immer wieder, wenn ich als Fußgänger an eine befahrene Kreuzung kam, war ich unsicher und wusste nicht, welches Auto wohl anhalten und welches weiterfahren würde. Die zentrale Frage, die unbeantwortet blieb, war: Wer hatte hier eigentlich Vorfahrt? Rechts vor links, links vor rechts trotz Rechtsverkehrs, mehr Hubraum, höhere Autokennzeichennummer, mehr Promille, größerer Penis…?
Zum Teil donnerten die Autos mit ziemlich großer Geschwindigkeit in die Kreuzung, sodass sie unmöglich erkennen konnten, ob von links oder rechts ebenfalls jemand etwas von der Kreuzung wollte, geschweige denn die Größe des Penisses. Was recht gefährlich aussah. Auch gab es natürlich keine Vorfahrtsschilder, die eine solch offensive Fahrweise rechtfertigten. Wachte ein feuerländischer Schutzengel über seine Schäfchen? Oder hatte es doch etwas mit der Coriolisbeschleunigung zu tun, die bekanntlich auf der Südhalbkugel in die andere Richtung ablenkt?
Auf der Fahrt zum Flughafen fragte ich meinen Taxifahrer und der kam tatsächlich mit einer plausiblen Erklärung daher. Das Straßennetz in Ushuaia ist grundsätzlich als Schachbrettmuster angelegt. Da sich die Stadt vom Beagle-Kanal aus am Hang hochzieht, verlaufen die einen Straßen parallel und die anderen senkrecht zum Gefälle und zum Teil ziemlich steil. Daraus ergibt sich besonders im feuerländischen Winter eine gewisse Verkehrsgefährdung. Und damit auf dem unter Umständen glatten Untergrund die bergauf- und die bergabfahrenden Autos nicht zu riskanten Bremsmanövern gezwungen werden, haben diese hier Vorrang und jene Autos, die ohne Gefälle parallel zum Hang unterwegs sind, müssen die Vorfahrt achten. Und um das nicht zu kompliziert zu machen, hält man sich auch im Sommer daran. Bei allen anderen Fällen, in denen sich die Fahrer selbst nicht ganz klar sind, sieht man sie, wie sie sich gegenseitig zu- und über die Kreuzung winken. Und zwar nicht mit dem ausgestreckten Mittelfinger! Vernunft und Straßenverkehr scheinen sich also nicht grundsätzlich auszuschließen, zumindest am Ende der Welt…

Unstrittig hingegen ist, dass am Leuchtturm am Ende der Welt die Kormorane Vorrang haben!
Unstrittig hingegen ist, dass am Leuchtturm am Ende der Welt die Kormorane Vorrang haben! Und zwar links und rechts vom Leuchtturm!

Fundstück – „Pünktlich wie die Eisenbahn“

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Fundstücke in Fernwest – „Pünktlich wie die Eisenbahn!“

„Pünktlich wie die Eisenbahn!“ Man kann es sich kaum vorstellen, dass dieser Satz einst völlig ironiefrei benutzt worden war. Heute sorgt er für Heiterkeit oder Betroffenheit. Aber mit Sicherheit ist er selten ernst gemeint.
Wir befanden uns in Esquel, einem kleinen Städtchen in Patagonien. Ich hatte mich für ein paar Tage Mauricio und Federico aus (nein, nicht Italien) Buenos Aires angeschlossen und wir waren auf unserem Roadtrip quer durch Patagonien in Richtung Atlantikküste gefahren.
Morgens im Hotel nach sehr feinem Frühstück, was nun wahrlich keine argentinische Kernkompetenz ist, wurde plötzlich aufs Tempo gedrückt. Denn wir wollten uns vor der Weiterfahrt noch „La Trochita“ anschauen. Das ist eine alte Schmalspurdampflok, die zu touristischen Zwecken durch Patagonien zuckelte und jeden Morgen um 10:00 den „Bahnhof“ verließ. Es war schon kurz vor 10, als wir losfuhren. Mauricio beeilte sich und ließ uns beiden anderen am Eingang rausspringen. Ich verstand die Hektik nicht so ganz, aber eilte Federico hinterher. Da hörten wir aber auch schon das pfeifende Dampfablassen der Bahn. Wir verfielen in den Laufschritt und joggten neben den Waggons her, um zur Lok zu gelangen.
Wir schossen schnell ein paar Fotos, als sich die Trochita auch schon in Bewegung setzte. Es war Punkt 10:00 Uhr! Als sich Mauricio nach dem Parken zu uns gesellte, war Patagoniens Touristenbahn auch schon nur noch von hinten zu sehen. Mauricio war aber schon mal hier gewesen und lächelte: „Die einzige pünktliche Bahn in ganz Argentinien!“ Die Deutsche Bahn hat in Südamerika übrigens noch immer einen hervorragenden Ruf, was Pünktlichkeit angeht. Jetzt musste ich lächeln!
Argentinien hatte übrigens das mit Abstand am besten ausbaute Bahnnetz in ganz Südamerika. Aber unter Präsident Menem wurde die Bahn dann in den 1990ern privatisiert und nur kurz später war bereits der Großteil der Strecken stillgelegt. Bravo! Inzwischen war natürlich ein Großteil des Schienennetzes nicht mehr nutzbar. Um Buenos Aires fahren noch ein paar alte Züge und es gibt ein paar touristische Strecken, wie die „Truchita“ oder den „Tren Patagonico“, der von Bariloche nach Viedma 15 Stunden durch Patagonien fährt – einmal pro Woche! Aber der Rest ist tot.
Ich schaute der Trochita nach und lächelte. „Pünktlich wie die Eisenbahn!“ Dass es so etwas noch gab…! In Südamerika…! Das glaubt mir doch wieder kein Mensch!

"La Trochita" - pünktlichste Bahn Argentiniens!
„La Trochita“ – pünktlichste Bahn Argentiniens!
da zuckelt sie dahin durchs wunderschöne Patagonien!
da zuckelt sie dahin durchs wunderschöne Patagonien! Tut-Tut!!