tommiboe
Das Risikogruppen-Paradox
Das Risikogruppen-Paradox
Die junge Generation, die gerade nicht an Corona erkrankt, wird genau unter den (Klima-) Folgen jener Generation leiden müssen, die jetzt die Risikogruppe ist und für die massive und kostenintensive Einschnitte eingegangen werden. Paradox! - Denn wer wird für die Folgen der Klimakrise aufkommen...?
Die Einschnitte, die für Corona getätigt worden sind, sind ohne Frage einzigartig. Innerhalb kürzester Zeit wurde ein auf Volldampf laufendes Wirtschaftssystem runtergefahren – mit gigantischen Kollateralschäden im sozialen und wirtschaftlichen Bereich. Weil es sein musste!
Wären wir auch bereit, ähnliche Einschnitte für die Rettung des Klimas einzugehen…? Ich weiß, die Frage klingt sehr rhetorisch. Denn natürlich sind wir das nicht, auch wenn ich mich über ein beherztes „Natürlich!“ freuen würde. „Natürlich sind wir auch dazu bereit!“
Aber noch immer sind für viele Menschen die Bedrohungen des Klimawandels zu abstrakt, zu langsam, zu weit weg und es landen einfach viel zu wenig Menschen auf der Intensivstation und zu wenig Leichen werden von Militärtransportern aus den Städten gefahren, um tatsächlich ernsthaft handeln zu müssen.
Die Risikogruppe bei Corona ist zum großen Teil genau die Generation, die in der Menschheitsgeschichte am meisten zum Klimawandel beigetragen hat und für einen großen Anteil der CO2-Emissionen verantwortlich ist. Sie hat, was ihre Klimabilanz angeht, und daran besteht kein Zweifel, weit über ihre Verhältnisse gelebt! Insbesondere diese Risikogruppe gilt es durch die Maßnahmen (wie den Lockdown und das konsequente Einhalten der AHA-Regeln) zu schützen. Und, keine Frage, das sollten wir auch tun!
Aber gespannt bin ich schon, wer die „nächste Risikogruppe“, und das wird die gesamte Generation der heutigen Jugend sein (die quasi ohne gesundheitliche Schäden durch die Corona-Krise kommen würde), vor der fortschreitenden Klimakrise zu schützen bereit ist. Werden wir auch hier eine Generationen übergreifende Solidarität erleben (nur halt in die andere Richtung) oder sie gar von der Politik einfordern? Berechtigte Frage, wie ich finde. Denn die derzeitig Verantwortlichen scheint das nichts anzugehen. Naja, wie üblich werden bedeutungsschwangere Reden geschwungen. Aber damit hätte sich auch das Coronavirus nicht bremsen lassen. Wieso soll das eigentlich beim Klimawandel funktionieren…?!
Schäuble hatte ja auf das Grundgesetz verwiesen. Das tue ich auch und zwar mit Artikel 2, Absatz 2: „Jede*r hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“. Das gilt übrigens nicht nur für Impfgegner*innen und Aluhutträger*innen, sondern auch für die kommenden Generationen.
Tja, leider gibt es keinen einflussreichen und finanzstarken Lobbyverband, der sich für die Interessen und Rechte von Millionen Kindern (allein in Deutschland) einsetzt. Und ein bisschen kotzen möchte ich schon, wenn gleichzeitig die Zeit der Lobbyist*innen anbricht, die sich zurzeit in Stellung bringen, um ein möglichst fettes Stück vom Krisenmanagement der Bundesregierung abzubekommen.
Was mich so nervt, ist, dass die Dimensionen dieser beiden Krisen (Corona und Klima) so unterschiedlich sind wie auch die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen dagegen, und anscheinend kümmert das niemanden. Der gerne angeführte Vergleich mit einer Grippewelle hinkt zwar natürlich, immerhin wird aktuell von rund 30000 Todesfällen allein in Deutschland im Zusammenhang (wie ursächlich auch immer) mit dem Coronavirus ausgegangen.
Aber im Vergleich zu dem, was uns in den nächsten Jahrzehnten beim Klimawandel blüht, dürfte es sich um eine eher kleinere humanitäre Krise handeln. Allerdings sind die Maßnahmen, die die Politik derzeit bereit ist zu treffen, immens – nie dagewesen! Und wie sieht’s bei der Klimakrise aus…?
Mir kommt unsere Politik gerade so vor: Der Patient hat Krebs, aber wir kümmern uns mit allen Mitteln der Intensivmedizin erst mal um seinen Husten. Zugegeben, es ist ein sehr schwerer Husten. Um den Krebs kümmern wir uns dann schon auch irgendwie… – später – vielleicht… Mal sehen… Aber jetzt gerade echt nicht!
Anscheinend muss erst noch ein bisschen, sorry, viel viel mehr passieren!

Aber welche Opfer gehen wir ein, um den Klimawandel zu stoppen…?
Verschwörungstheoretiker Schuld an Frühlingsdürre?
Verschwörungstheoretiker Schuld an Frühlingsdürre?
Liebe Verschwörungsagnostiker*innen,
ich weiß, ihr wollt das nicht hören. Zu viele Verschwörungstheorien kursieren zurzeit durch den coronalen Orbit. Andererseits, da kann ja eine neue Theorie mehr oder weniger auch nicht schaden, zumal es nur indirekt um Corona geht. In erster Linie geht es um die Gründe für die erneute Dürre in Deutschland.
Ich sitze gerade in der Lüneburger Heide fest und beobachte aus sicherer Entfernung das Infektionsgeschehen sowie das weltweite Verschwören. Und wer viel Zeit hat oder sehr langsam durch die Gegend läuft, schaut ab und zu auch mal nach oben und dabei den Himmel genauer an, auch kritisch…

Und mir fällt schon seit Wochen auf, dass der Himmel extrem blau ist und quasi streifenfrei.

Schon auffällig und verdächtig, dass gerade in Zeiten stark ansteigender verschwörungstheoretischer Aktivitäten plötzlich keine Chemtrails mehr am Himmel zu sehen sind.
Ein interessanter Zusammenhang, der sich mit aktuellen Verkaufszahlen von Aluhüten belegen lässt (siehe Diagramm).

Und während in den Anfangsjahren der Verschwörungstheorien die Theoretiker*innen und Anhänger*innen ihre Aluhelme noch selber falteten, ist der moderne Aluhut natürlich längst ein Hightech-Produkt, der ja auch den aktuellen Gefahrenlagen gerecht werden muss. Der Fachhandel bietet moderne Aluhüte an, die neben Aluminium vor allem Silberjodidverbindungen enthalten. Genau diese Verbindungen stellen den Großteil der Chemtrails dar. Diese Silberjodidverbindungen dienen in hohen Atmosphärenschichten als Kristallisationskerne, das heißt, sie beschleunigen die Tröpfchen- und Wolkenbildung, (eben die typischen Streifen am Horizont.)
Aufgrund der stark angestiegenen Aluhelmproduktion kommt es zu erheblichen Silberjodidengpässen, sodass die Regierungen ihre geheimen Chemtrail-Experimente einstellen mussten. Allerdings fehlen dadurch wesentliche Kristallisationskerne in der Atmosphäre, was die derzeitige Trockenheit erklärt.
Die aktuelle Dürre steht also in direktem Zusammenhang mit den gestiegenen verschwörungstheoretischen Aktivitäten. So gesehen sind die Verschwörungstheoretiker*innen schuld an der Dürre.
q.e.d.
Und morgen basteln wir uns einen Mund-Nase-Schutz aus Alufolie. Ich freu mich schon!
Mit bunten Eiern aus der Krise!
Mit bunten Eiern aus der Krise!
Mir geht gerade mächtig auf die Eier*stöcke, dass sich in der Corona-Krise alles ist in Schwarz-Weiß, Ja-Nein, links-rechts, Hü-Hott aufteilt. Entweder Krise als Chance oder Krise als Scheiß. Dabei gibt es doch so schöne Grautöne, so ein frisches Steingrau zum Beispiel, und zwischen dem Einerseits-Andererseits ist eben auch viel Vielleicht, Weiß-Nicht-So-Genau und Sowohl-Als-Auch zu erkennen, wenn man möchte. Aber Corona scheint, nichts für Mittelwege übrig zu haben. Entweder Vollbremsung oder Tempo 200. Aber nicht so schön mit 120 auf der Mittelspur cruisen, sodass man sich dabei in ruhigem Ton sachlich mit einem Thema auseinandersetzen, Gefahren und Chancen erörtern kann und dabei mit Emotionen und Ausrufezeichen sparsam umgeht. Schwierig zurzeit…
Und ich weiß, einige kotzen bereits im Strahl, wenn irgendwelche privilegierter Dödel*innen (wie ich) die Krise als Chance beschreibt. Und natürlich ist für sehr viele diese Krise einfach eine Katastrophe, ob gesundheitlich, wirtschaftlich, sozial… Keine Frage und keine Relativierung. Denn das ist die eine und auch die beherrschende Seite der Corona-Krise.
Aber für andere stellt sich die Frage, und ich gehe noch weiter, für andere (hier: Politiker*, Journalist*, Philosoph*, Soziolog*innen, Wirtschaftsheinis und andere, die Zeit und Muße zum Denken haben) sollte, ja, muss sich gerade jetzt die Frage stellen, was könnte oder sollte denn nach der Krise anders und vielleicht besser sein als vorher. Denn in dieser Zeit des Durchatmens, des Stillstandes, in der sich das Hamsterrad plötzlich nicht mehr wie gewohnt dreht und dreht und dreht, sich die globalisierten Werkbänke des Turbokapitalismus‘ in Superslomo befinden, öffnet sich ein seltenes Zeitfenster, in dem Fragen gestellt werden können, wie unser Danach eigentlich aussehen soll und ob das, was wir als Normalität kennen und zu der viele so schnell wie möglich zurück wollen, überhaupt normal oder gar wünschenswert ist.
Und diese Fragen beschäftigen sich nicht nur mit drängenden Veränderungen im Gesundheitssystem, sondern auch mit Verzicht und Konsum, Ökonomie und Ökologie, Verkehrs- und Energiewende, sozialer Gerechtigkeit, Umverteilung, Besteuerung von Großkonzernen (wie Amazon, einer der Großprofiteure der Corona-Krise), Entprivatisierung von Grundversorgung und vielem mehr.
Und gerade jetzt höre ich schon einige Politiker*innen, manche leiser, manche lauter, die den Marsch zum Zurück zur Normalität blasen und die behaupten, für andere Gedanken sei jetzt wirklich keine Zeit. Aber, stopp! Wann wenn nicht jetzt ist genau dafür Zeit…?
Nach der Finanzkrise 2008/9 gab es auch so einen einschneidenden Zeitpunkt, öffnete sich kurz ein Zeitfenster, als viele sagten: Moment mal, so kann das jetzt aber wirklich nicht weiter mit der Finanzspekulation, den Hochgeschwindigkeitstransaktionen und so weiter… Einige erinnern sich vielleicht noch vage.
Und selbst in dieser Situation, als die Schwächen, Fehler und Gefahren des Finanzsektors deutlich wurden, gab es kein beherztes Gegensteuern, keine weitgreifenden Reformen und Regulierungen. An den Spielregeln der Finanzmärkte änderten sich nur sehr wenig. Und so kehrte die Normalität, egal wie unsinnig und gefährlich sie war, zurück. Die Chance war vertan!
Das habe ich im Sinn, wenn ich über die Krise als Chance rede. Denn sie ist eine Chance und sie ist gleichzeitig auch eine Katastrophe. Aber darin liegt kein Widerspruch. Daher finde ich es schade, wenn sich diesbezüglich Lager bilden, die sich beschimpfen und verunglimpfen.
Aber es gibt noch eine dritte Seite (und ich höre die Jungs und Mädels von der FDP schon tröten) und das sind diejenigen, die genau davon profitieren und die schon bisher davon profitierten, dass demnächst alles so schnell wie möglich zurück auf den Vorkrisen-Status gestellt wird, dass die oben genannten Aspekte nicht weiter thematisiert oder hinterfragt werden, dass die Sinnfrage nach unserer Normalität eben nicht gestellt wird.
Was wird bleiben? Was wird sich ändern? Kosmetische, schönheitschirurgische Veränderungen am Gesundheitssystem, ein steuerfreier Bonus für Pflegekräfte, Applaus vom Balkon…?
Wenn das alles ist… Wow!

Sonderabgaben auf Vermögen wegen Corona?
Sonderabgaben auf Vermögen wegen Corona?

SPD-Chefin Saskia Esken fordert, wegen der Corona-Krise und der Belastungen für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft, Sonderabgaben auf hohe Vermögen. Es gehe um eine „faire Lastenverteilung“. So könne der durch die Krise belastete Staatshaushalt auch auf die „starken Schultern“ in der Gesellschaft verteilt werden. Bernd Riexinger von der Linken hatte bereits Ähnliches gefordert. Konkret wird von einer einmaligen Abgabe von fünf Prozent für Vermögen über einer Millionen Euro gesprochen.
Esken tut tatsächlich so, als würde es so etwas wie Solidarität wirklich geben – ein bisschen naiv, aber auch irgendwie putzig, sofern dies ernstgemeint ist. Sie sollte wissen, dass es in einer Groko niemals (NIE! Also so richtig gar nicht!) so etwas wie Umverteilung von oben nach unten geben wird, Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder eine wirksame Vermögens- oder Erbschaftssteuer, weil… äh, weil: Das wäre ja noch schöner und da könnte ja jeder kommen! Und überhaupt! Denn sonst, wie wir wissen, würden sofort alle Arbeitsplätze Deutschlands ins Ausland verlagert werden.
Esken führt sich wie eine Oppositionspolitikerin auf, was ja auch irgendwie stimmt, sogar innerhalb ihrer Partei in gewissem Sinne…
Dass die Linken für eine solche Abgabe sind, ist einleuchtend und, meiner Meinung nach, auch völlig berechtigt. Denn diese neoliberale Logik, nach der, wenn der Laden gut läuft, alle Gewinne ständig privatisiert werden dürfen und in Krisenzeiten (Finanzkrise und jetzt Corona) die Verluste vergesellschaftet, also von allen Steuerzahler*innen getragen werden, die muss endlich beendet werden!
Und ich hör schon die FDP aufjaulen. Ausgerechnet die armen Milliardäre sollen solidarisch sein. Wie ungerecht! Die wissen doch gar nicht, wie das geht! Die haben Solidarität doch nie gelernt! Das steht in Steueroasen gar nicht auf dem Lehrplan!
Wie wäre es stattdessen mit so einer lustigen kleinen freiwilligen Selbstverpflichtung? Das funktioniert doch sonst auch ganz prima!
Traurig, dass der überwiegende Großteil der Bevölkerung nicht der Meinung ist, dass Reiche und Superreiche in Notzeiten einen finanziellen Sonderbeitrag zur Krisenbewältigung beisteuern sollten. Eine klare Mehrheit der Deutschen findet eine solche Maßnahme nicht gerecht. So fest ist die neoliberale Logik in unseren Köpfen schon eingebrannt.

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