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Bilateraler Weinvergleich

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Bilateraler Weinvergleich

Das Prinzip des heutigen Blogs kennen Sportfreunde aus den so genannten Head-to-Head-Vergleichen vor wichtigen Fußballspielen. Da werden die Stärken und Schwächen der unterschiedlichen Mannschaftsteile gegenübergestellt und es kommt ein subjektives Ergebnis heraus, das mit dem Ausgang des Spiels – und das ist das Faszinierende daran – NIEMALS etwas zu tun hat.
Das kann ich auch! Heute geht es um den Direktvergleich zweier Weintouren, die ich in den letzten vier Tagen gemacht habe, eine in Chile (bei Valparaiso) und eine in Argentinien (bei Mendoza). Für meine fachkundige Untersuchung habe ich verschiedene Kriterien ausgewählt und sie beurteilt. Auf diese Weise verteile ich Punkte.
1. Die Organisation der beiden Touren ist sehr verschieden. In Valpo organisiert der Hostel-Eigner die Tour sehr individuell und begleitet uns persönlich durch die Weingüter, während es in Mendoza eine fest organisierte Tour mit fix gebuchten Stationen und dortigen Führungen ist. Beides funktioniert gut. Unentschieden: 0,5:0,5.
2. Der Preis in Mendoza für das Gesamtpaket ist viel günstiger, was auch daran liegt, dass Argentinien insgesamt billiger ist. 1,5:0,5 für Mendoza.
3. Die Infos, die man auf den Weingütern bekommt, sind in Mendoza gut, auch wenn sie sich bei den Stationen wiederholen. In Chile verzichten wir auf Führungen und konzentrieren uns aufs Degustieren. Punkt für Mendoza: 2,5:0,5.
4. Die Degustacion, das Kernstück der Tour (daher doppelte Bewertung!), ist in Chile erheblich besser. Sehr gut geschultes Personal bringt uns die Weine näher. Da macht das Schlürfen und Klugscheißen richtig Spaß. Ausgleich: 2,5:2,5.
5. Die Weine (auch hier doppelte Punktzahl): Auch hier gehen beide Punkte nach Chile. Hier werden uns ganz klar die subjektiv besseren Weine angeboten. Sehr überzeugend und lecker. 4,5:2,5 für Chile.
6. Die Tour in Mendoza überzeugt durch ihre Abwechslung. Neben Wein stehen noch eine Likörfabrik, Olivenölproduktion und eine Schokoladenmanifaktur mit selbst komponierten Schnäpsen auf dem Programm. Alles mit Verkostung versteht sich. Punkt für Mendoza: 3,5:4,5.
7. Ein Punkt für die reizvollere Landschaft und die Attraktivität der besuchten Weingüter geht nach Chile. Das Auge trinkt ja schließlich auch mit. 5,5:3,5.
8. Die Kategorie „Tourschlampe“, äh, „Tourbetreuung“ geht auch nach Chile. Die persönliche Betreuung von René ist einfach eng verbunden mit dem Erfolg der Veranstaltung und der tollen Stimmunmg an Bord. 6,5:3,5.
9. Sonderpunkt für mein persönliches „Fundstück aus Fernwest“ ist im Übrigen der Carmenère, eine ursprünglich französische Traube, die aber wegen großflächigen Schädlingsbefall in Europa (weitestgehend) verschwunden ist. Tolle Traube, toller Wein. Punkt für Chile: 7,5:3,5.
10. Letzte Kategorie: Betrunkenheitsgrad am Ende der Tour! Allein die Tatsache, dass ich noch in der Lage bin das hier überhaupt zu schreiben, spricht klar gegen Mendoza. Wenngleich wir auch in Chile noch in der Lage waren, im Anschluss vergnügt weiter zu trinken. Punkt nach Chile! 8,5:3,5.
Fazit: Chile gewinnt, ganz objektiv betrachtet, die bilaterale Weinverköstigung. Falls sich bei der Fußball-WM die beiden Teams mit genau diesem Ergebnis trennen sollten, werde ich in Zukunft als Wahrsagerkrake arbeiten und euch allen einen geilen chilenischen Carmenère spendieren!

gediegenes Ambiente, interessante Ausführungen, professionelle Degustacion
gediegenes Ambiente, interessante Ausführungen, professionelle Degustacion
Weinprobe mit Aussicht! So macht das Spaß!
Weinprobe mit Aussicht! So macht das Spaß!
Selbsthilfegruppe bei der Arbeit.
Selbsthilfegruppe bei der Arbeit.
Herr Boe versucht, den Durchblick zu bewahren.
Herr Boe versucht, den Durchblick zu bewahren.
Schnappsregal in der Schokoladenmanifaktur. mein Favorit "ruso muerto", der "tote Russe", grüner Pfeffer auf Wodka aufgezogen!
Schnappsregal in der Schokoladenmanifaktur. mein Favorit „ruso muerto“, der „tote Russe“, grüner Pfeffer auf Wodka aufgezogen!

 

Fundstück – Endlich Pazifik

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Fundstücke in Fernwest – Endlich Pazifik

Nach herrlichen Wochen in Patagonien, die neben der tollen Landschaft kulinarisch vor allem Fleisch zu bieten haben (keine Kritik!!!), genieße ich die kluge Idee Chiles, sich eine ordentliche Portion Pazifik gesichert zu haben. Ich meine hier ausdrücklich nicht die vier nördlichsten Breitengrade, die sie ihren Nachbarn Peru und Bolivien im Salperterkrieg abgenommen haben, sondern die übrigen 4000 Kilometer, die ja eigentlich auch genug sind/ sein sollten, aber eben keinen Salpeter hatten. Ich schweife ab…
Und viel Meer bedeutet auch viel Fisch und sonstiges Meeresgetier. Nachdem ich Puerto Montt schon mal meine erste Ladung Ceviche einwerfen durfte, bin ich jetzt noch mal schlappe 1000 Kilometer weiter im Norden in Valparaiso wieder an der Küste. Und hier bin ich gleich in den Mercado El Cardenal und habe sehr lecker Meeresfrüchte gegessen. Ein eingekochter Eintopf „Chupe de Camarón“ dazu eine Fischsuppe „Paila de Marisco“. Herrlich! Genau das richtige für pesco- und mariscophile Menschen wie mich!
Danach noch kurz mit der Metro an den städtischen Strand gefahren und die Nase gebührend in Sonne und Meeresluft gestreckt, während der Pazifik harmonisch und rhythmisch Wellen gegen den Strand wirft, als würde er nichts anderes machen. Wer mich gedanklich schon beherzt ins Meer springen sieht, kennt den Humboldtstrom schlecht. Denn das Wasser ist saukalt! Man kann eben nicht alles haben. Fisch- und Meeresfrüchtereichtum plus Warmwasseranschluss wird hier nicht geliefert!

WOW! Nun! Ich werde gerade Zeitzeuge eines heftigen Erdbebens, das es soeben in Iquique, im Norden des Landes, gegeben hat. 7,9 auf der Richterskala! Tsunami-Warnungen im ganzen Land. Ich bin zwar nach wie vor in Valparaiso an der Küste, aber ich wohne einige Hundert Meter am Hang aufwärts, sodass keine reelle Gefahr besteht. Trotzdem ist die Stimmung besonders…. die Nachrichten die laufen…. Berichterstattung auf allen Kanälen…. mehr dazu morgen….

"Chupe de Camarron" - großer Spaß!
„Chupe de Camarron“ – großer Spaß!
na, das schaut doch gut aus, was?
na, das schaut doch gut aus, was?

 

Fundstück – Heiße Schokolade

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Fundstücke in Fernwest – Heiße Schokolade

Das letzte Mal, als ich eine heiße Schokolade getrunken habe, ist gefühlte 25 Jahre her.
Ich sitze in diesem historischen Moment in den Bergen vor Pucón. Gerade bin ich aus den Termas Geométricas (Hot springs) als zufriedene Ursuppe zurück an Land geschwappt. Materialisiere mich gerade wieder entgegen dem überzeugenden Gedanken, dass wir eigentlich doch alle bloß Wasser sind und ins Wasser gehören, bei 38-40°C versteht sich, geschüttelt und nicht gerührt.
Ein nettes Café mit Feuerkorb und Glasfront zu den Thermalquellen lädt ein, sich etwas zu gönnen. Einem Kaffeetrinker wie mir kommt Kaffee in den Sinn. Ich weiß längst, dass das ein fehlerhafter Gedanke in Südamerika ist, und ich bin natürlich selber Schuld. Aber hin und wieder lauern positive Überraschungen. In Buenos Aires gibt’s nette Cafés mit gutem Kaffee. Italienischer Einfluss macht sich hier bezahlt, neulich in Puerto Varas konnte ich einen Ristretto bestellen und ihn auch bekommen. Aber sonst…?! Abwarten und Teetrinken.
Aber ausgerechnet Chile, das bestentwickelte Land des Kontinents, muss es völlig übertreiben. What’s wrong with you?! Sollt ihr doch das verfickte Nestlé-Logo direkt in eure Fahne mit aufnehmen. Die stellen einem in Restaurants (!) neben den Becher mit heißem Wasser eine Instant-Kaffee-Dose auf den Tisch. Und das ist keine dieser merkwürdigen Metaphern von Herrn Boe, die keine Sau versteht! Nein, sondern tatsächlich eine Dose mit Instant-Kaffee! Das ist so entwürdigend. Greift hier nicht das Völkerrecht! Die blöde UN beschimpft Uruguay, weil sie Marihuana erlauben, aber was unternimmt sie gegen Chile…?!
Bolivien zerrt Chile ja gerade wegen des in den Salpeterkriegen (im 19. Jahrhundert wohlgemerkt) verloren/geklauten Meereszugangs vor den internationalen Gerichtshof in Den Haag. Das Gleiche sollte man mit Chile wegen Verachtung der Würde des Kaffees machen!
Aber, aber… Ich bin viel zu entspannt und gut gelaunt und so bestelle ich mir eine heiße Schokolade. Natürlich ist auch das eine Fertiglösung und natürlich nicht mit Milch und natürlich viel zu süß für meinen Geschmack und natürlich auch von Nestlé (ich bin ja immer noch in Chile!). Aber trotzdem einfach herrlich! Heiß und süß und einfach mal kein schlechter Kaffee! Manchmal ist das so einfach. Hat sieben Monate gedauert. Da hätte ich Depp auch schon mal früher drauf kommen können!

das bekommt man im Restaurant auf den Tisch gesetzt, wenn man dummerweiser Kaffee bestellt! Na, dann viel Vergnügen...!
das bekommt man im Restaurant auf den Tisch gesetzt, wenn man dummerweiser Kaffee bestellt! Na, dann viel Vergnügen…!

Fundstück – Desayuno Argentino

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Desayuno Argentino

Reisen ist ja nicht nur schön! So gibt es auch Dinge, die ich definitiv nicht vermissen werde. Gutes Beispiel dafür: Frühstück in Hostels. Okay, was will man/ich erwarten?! Und eine Beschwerde aus dem Mund eines Menschen, der schon Schwierigkeiten hat, frühmorgens Essen zu sehen oder daran zu denken, ohne dass ihm übel wird, und dessen Frühstück aus Coffee- und Brezel-to-go besteht, sollte wirklich keine Referenz sein. Andererseits müssten alle mitteleuropäischen Normalfrühstücker hier erst so richtig wahnsinnig werden.
Aber heute morgen…! Heute morgen…! Dabei ist es ein sehr nettes Hostel sogar mit einem ansässigen Restaurant. Und das Essen sah abends auch ganz lecker aus. Aber das Frühstück…! Selbst einem abgestumpftem Sinn mit quasi Null Erwartungshaltung schlägt so ein Frühstück ins nüchterne Gesicht. Schlimmer dünner Kaffee mit in heißem Wasser aufgelöstem Milchpulver ist ja nichts Ungewöhnliches mehr und ich verstehe solche Beleidigung inzwischen als großangelegtes, wenn auch übertriebenes Toleranztraining. Als „“Essen““ wurde heute folgendes „“Büffet““ feilgeboten (hier sind doppelte Anführungszeichen unumgänglich): schon vorbereitet und hinreichend abgekühlt ein paar Dutzend ganz schwach getoastete Toastbrotscheiben, daneben ein großer Teller vollgestapelt mit portionierten Butterbrocken und auf einem Teller daneben drei (3!) kleine Erdbeermarmeladenportiönchen. Dazu weiter nichts. Ach, doch, ich vergaß. In meiner Not wähle ich die Cornflakes (worauf ich in einem normalen Leben nie zurückgreifen würde!). Allerdings enthält die bereitgestellte Karaffe nicht die erwartete Milch sondern kaltes Wasser mit sehr wenig Milchpulver. Das fällt mir allerdings erst beim Probieren auf. Muss man aber zu Hause nicht nachmachen. Denn: ganz doll BÄÄH!!!
Ich lasse meinen angebissenen Toast, meine aufgeweichten Cornflakes und meine halbvolle Tasse Wasauchimmer möglichst lieblos stehen und gehe ins Städtchen. Ich finde ein Café, das auch tatsächlich Kaffee serviert und bestelle dazu die Rettung eines argentinischen Frühstücks: „Medialunas“, denn die gibt es im Gegensatz zu ALLEN sonstigen Backwaren hier auch „saladas“ / salzig und nicht bloß „dulce“, was richtig übersetzt übrigens nicht „süß“ sondern „extrem süß“ bedeutet.
Was mich zu der Unterhaltung bringt, die ich häufig mit Südamerikanern führe. Was ich denn so frühstücke, wenn ihr Frühstück schon nichts tauge? Naja, jetzt nicht an einem normalen Morgen um 7:00. Dafür ist die Antwort einfach: Nix! Aber mit Zeit, Appetit und Spaß…? Aber egal, was ich dann nenne, der Südamerikaner schüttelt nur unwissend und oder ungläubig den Kopf. Denn was weiß er schon über Brezeln, Brötchen, Käse, Salami, eingelegte Tomaten oder Oliven? Auch diese Antwort ist einfach: Nix! – Schade eigentlich!
Oh, was werde ich frühstücken, wenn ich zurück auf dem guten alten Heimatkontinenten bin…!

 

Fundstück – Bier und Langeweile

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Fundstücke in Fernwest – Bier und Langeweile

Langeweile kann etwas sehr Schönes sein. Sie hat in meinen Augen, unverdienter Weise, einen viel zu schlechten Ruf, was natürlich ein Produkt der heutigen Zeit ist. Wo Verpassungsangst herrscht, da wirkt Langeweile quasi als Brandbeschleuniger dafür. Was könnte/sollte/müsste ich nicht alles tun, statt wie ein Dreizehenfaultier kopfüber auf der Coach zu hängen.
Die Italiener nannten das einst „la dolce far niente“, das „süße Nichtstun“, klingt doch herrlich. Gut, dann kam die Krise und die Italiener merkten, dass nur Nichtstun doch nicht so erfolgreich im Konzert der internationalen Haifischkapitalisten ist. Zum anderen macht man aus Langeweile heraus oft Dinge, die man sonst vermutlich nicht oder nie machen würde: Putzen zum Beispiel, Frauenmagazine auf dem Klo lesen, ein paar Stationen länger im Bus sitzen bleiben, um dann zu Fuß zurückzulaufen, ein BUCH lesen (also nicht so’n Scheiß im Internet) oder auch überflüssige Blogs schreiben.
Aber Langeweile ist auch ein exzellenter Nährboden für Dummheiten! Das wissen nicht nur Eltern.

Mich erwischt die Langeweile in El Bolsón (Patagonien, Argentinien). Morgen geht’s wieder für drei Tage ins Gebirge und für heute muss ich nur meine Wäsche in gute Hände geben, meine Tour planen, Schlafsack ausleihen, Essen einkaufen und ja… El Bolsón (zu deutsch: die Tasche) ist so klein, dass man schnell fertig mit dem Durchschlendern ist und ich bin ganz schlimm geschlendert. Und so lande ich mittags in der Cervezeria El Bolsón. Schließlich befindet sich hier die Hochburg der argentinischen Bierbraukunst. Davon wurde mir schon von einigen Argentiniern berichtet. Als erstes bestelle ich die „Degustación“, die Bierprobe, die aus sechs bis sieben unterschiedlichen Bieren besteht, je nach dem, ob man nach belgischer Zählweise „Frambuesa/ Himbeere“ dazuzählt. Dazu bestelle ich mir einen Hamburguesa und anschließend eine Pinta „Negra Extra“ und eine „Rubia“, da ich schon mal hier bin. Beides Biere, die ich auf einer nach oben und unten offenen Bierrichterskala als „jo, ganz lecker“ einstufe.
Schön völker- und einheitenvereinend finde ich ja die Bezeichnung „Pinta“, die hübsch vom englischen Pint abgeleitet ist, aber trotzdem einfach einem halben Liter entspricht. Dahingehend bedeutet eine „schwäbische“ Halbe 0,4 Liter. Kein Spaß! Hab ich in Stuttgart persönlich erlebt und getrunken. Vielleicht leitet sich das wiederum von der Hälfte einer gezapften Maß auf dem Volksfest ab. Dann kommt man ja mit 0,4 l wieder einigermaßen hin.

"degustación" - sechs Biere plus einmal Himbeere
„degustación“ – sechs Biere plus einmal Himbeere
"Negra Extra" hmmm
„Negra Extra“ hmmm

Hier geht’s zur „Langeweile des Todes – Abiaufsicht“!