Monat: November 2013

Dörty-Schwestern-Talk

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Dörty-Schwestern-Talk

Wenn man in Krankenhäusern auch nur ein wenig Respekt gegenüber den Kranken haben würde, dann ließe man den Patienten morgens seine Ruhe!
Ich weiß nicht, wann Sie das letzte Mal im Krankenhaus waren. Bei mir ist das noch gar nicht so lange her. Ein überflüssiges Körperteil rebellierte in der Nähe von Bitterfeld. So kann’s gehen.
Um halb sechs zupfte mich die Nachtschwester vorsichtig an der Schulter. Sie wollte mir ein Fieberthermometer ins Ohr schieben, wofür ich die Ohropax aus dem Ohr ziehen musste. Ohropax sind im Krankenhaus überlebensnotwendig. Sie schützen gleichermaßen vor dem Schnarchen und der Volksmusik der Zimmergenossen und sogar vor deren Heimatdialekt. Praktisch! Bevor sie meinen Puls fertig gemessen hatte, schlief ich auch schon wieder. – Aber nicht lange!
„Morgen!!!“ Die Tür polterte auf, das Licht ging an und zwei Schwestern betraten die Bühne. Ich kam mir „originaaal“ vor wie bei Werner im Comic! Im Gegensatz zur Nachtschwester musste es sich bei diesen beiden Wesen dem Lärm nach aber um Tagschwestern handeln. War schließlich auch schon fast sechs Uhr!
„Da fangen wir mal mit dem jungen Mann an, woa?!“ bellte es mir entgegen. (Hinweis für alle dem Fuhnedeutschen unmächtigen*: „Woa?!“ bedeutet so viel wie „nicht wahr“ und wird immer mit Frage- und mindestens einem Ausrufezeichen ausgesprochen!) Ich weiß nicht warum, aber sie mussten mein Bett machen – was ein Stress! Ich schälte mich aus dem Bett und setzte mich auf den nächsten Stuhl, während die Schwestern, laut über meinen Müdigkeitszustand schnatternd, mein Bett machten und dabei auffallend korrekt den Dialogstil von „Rede und Widerrede“ beachteten.
„Da sind wa aba noch müde, woa?“ – „Ja, aba ganz schön müde, woa?!“ Zumindest war mein Zutun dabei nicht gefordert. Hätte ich sprechen müssen oder können, mir wäre wahrscheinlich nur „Ruhe!“ oder „Raus!“ eingefallen.
Da ich schon mal auf war – so halb wenigstens, konnte ich ja auch aufs Klo, dachte ich mir und nutzte die Gelegenheit. Denn zumindest pissen kann ich morgens immer. Als ich zurück schlich, keifte die eine Schwester los: „Na, da ham wa wohl keene Hausschuhe dabei, woa?!“ – „Ja, wie? Tatsächlich! Da hamse Ihre Hausschuhe wohl vajessen, woa?!“ Was für ein Thema! Ich deutete unter mein Bett, wo meine Schlappen lagen und dachte mir: Ätsch! „Ah! Da sind ja die Hausschuhe!“ – „Ach ja, da sindse!“ Ich legte mich erst mal wieder ins Bett. Was soll man auch sonst um sechs Uhr morgens im Krankenhaus machen, zumindest wenn man hier nicht fürs Rumschreien bezahlt wird?
„So, Herr Hanke, jetzt stehnse mal vorsichtig auf!“ – „Ja, aba schön vorsichtig, woa?!“ – „Nicht dass Se uns hinfallen, woa?!“ – „Ja, nur nicht hinfallen, woa?!“ – „Se dürfen hier alles machen, woa? Nur nicht hinfallen, woa?!“ – „Aba sonst dürfen Se alles!“ Ich möchte laut dazwischen schreien: „Aba nur nicht hinfallen, woa?!“ Das verkniff ich mir aber, weil ich Angst hatte, dass sich die Schwestern zu mir umdrehen würden und genau in dem Moment der kranke und geschwächte Herr Hanke umfallen würde, woa! Und ich sah schon den armen Herrn Hanke genau auf seine frische OP-Narbe stürzen… Nene, das wollte ich dann nun auch wieder nicht verantworten.
„Se können sogar ins Bett kackern, nur nicht umfallen, woa?!“ – Pause. Moment mal. Hatte ich richtig gehört? Auch die zweite Schwester reagierte gar nicht. Was hatte das zu bedeuten? Gingen solche Themen sogar ihr zu weit? Verstieß das gegen geltende ethische Grundlagen der Schwesternkommunikation? Interessant…
Aber die erste Schwester ließ sich nicht weiter beirren, sondern wiederholte ihren Satz einfach noch mal – nur lauter: „Er kann ruhig ins Bett kackern, nur nicht umfallen, woa?!!“ – „Jaja, alles nur nicht umfallen…“ Hilfe! Wo waren meine Oropax? Fand sie auf dem Nachttisch und stopfte sie mir tief rein. Hoffentlich würde ich sie je wieder rausbekommen…
Das Krasseste daran war, dass die beiden Schwestern mit dieser Nummer auch noch auf den anderen fünfzehn Zimmer der Station auftraten! Jeden Morgen, woa?!

 

* Die Fuhne ist ein Flüsschen – immerhin eine Bifurkation – in der Nähe von Bitterfeld. Wobei es sich fast um ein stehendes Wässerchen handelt, daher kommt auch der Name „Fuhne“, was ursprünglich so etwas wie „faulig“ bedeutet. Vielleicht wirkt ja auch deshalb die Aussprache des Fuhnedeutschen so unglaublich faulig, woa?!

Fahrvergnügen in Bogotá

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Fahrvergnügen in Bogotá

Als ich Anfang 2001 das erste Mal nach Bogotá kam, war der Stolz der Stadt der TransMilenio. Zumindest ein passender Name, um darauf stolz zu sein. Allerdings verbarg sich hinter diesem Namen eine einzige Buslinie, die den Norden der Stadt mit dem Zentrum verband. Immerhin besaß diese eine Linie eine eigene Fahrspur. Mir kam spontan der Gedanke: der Wahnsinn! Das sonstige Verkehrschaos der 8-Millionen-Hauptstadt wurde von 20-30Tausend Bussen übernommen, die das gesamte Stadtgebiet bedienten. Neben den Privat-PKWs gab es noch geschätzte 50.000 Taxis, was mir als damaligem Marburger folgendes interessantes Zahlenspiel aufdrängte: 30.000 Busse + 50.000 Taxis = Gesamtbevölkerung von Marburg (inclusive eingemeindeter Dörfer).
Damals hatte ich das große Glück, dass ich von meinem Zuhause nur 300 Meter zur Septima (VIIa) laufen musste, der Hauptverkehrsader von den nördlichen Vierteln zum Zentrum. Dort konnte ich einfach irgendeinen Bus anhalten, weil tatsächlich alle vorbeifahrenden Busse bis zu meiner Uni auf der Septima blieben.
Aber ansonsten…!!! Hin und wieder musste ich Behördengänge erledigen, weil (ich will mich nicht aufregen, es ist 13 Jahre her!) die beiden an meinem Austausch beteiligten Universitäten ihre organisatorischen Hausaufgaben vernachlässigt hatten, mit anderen Worten: weil sie es verkackt hatten! Und dafür wurde ich in entfernte Barrios entsandt. Begreifen wir es als Chance. Denn so durfte ich hautnah die Komplexität und den Wahnsinn des bogotanischen Bussystems kennen lernen.
Ich ließ mir den Weg erklären. „Also, erst einmal nimmst du den Bus in Richtung Calle 75 con Carrera 21 und dort steigst du in den Bus in Richtung Calle 125 con Carrera 35!“ Okay! Das war eine klare Ansage. Aber die Wirklichkeit an der an Septima war eine andere! Da es keine Haltestelle gab, konnte man überall einen Bus am Straßenrand anhalten. Aber welchen Bus…?! Auf der Carrera Septima verkehren mindestens 50 verschiedene Buslinien und die Busse haben vorne rechts ein kleines Schildchen (siehe Fotos), das das Ziel angibt. Die Entfernung des Busses auf den Bild entspricht ungefähr dem Zeitpunkt, an dem man seinen Arm ausstrecken sollte, um den Bus heranzuwinken. Denn zwischen den einzelnen Stopps kennen die Busfahrer nur Vollgas, sodass die Busse ordentlich an einem vorbeibrettern. Das Zeitfenster, um das Schild zu entziffern und das Handzeichen zu geben, war für Ungeübte wie mich unrealistisch klein. Meist hatte ich das Schildchen dechiffriert, wenn der Bus auf meiner Höhe war, mit anderen Worten: selbst für eine Vollbremsung zu spät! Oft hielt ich dafür einen falschen Bus an („Ups! Sorry!“), was man den Blicken des Fahrers nach als Nahtoderfahrung durchgehen lassen konnte.
Heute, 13 Jahre später, brettern noch immer Busse mit putzigen Schildchen über die Septima und, nein, es gibt noch immer keine Metro, wie zum Beispiel, in Medellín (dieser Seitenhieb auf all die stolzen Bogotaner muss sein!), dafür hat sich der kleine TransMilenio prächtig weiterentwickelt. Etliche Linien versorgen inzwischen die Randbezirke mit dem Zentrum. Und da sie fast immer auf eigenen Spuren verkehren und nicht am üblichen und üblen Stop+Go Bogotás teilnehmen müssen, erfreuen sie sich großer Beliebtheit. Zur Rushhour ist die Beliebtheit so groß, dass spontan ein riesiges Gruppenkuscheln beim Ein- und Aussteigen entsteht, das man fast als Orgie bezeichnen könnte.
Abgesehen vom TransMilenio bleibt die Lage chaotisch. Als ich Bogotá erreiche, ist das erste Mal um 16:00 auf der Straße Stillstand. In der Wohnung in Chapinero Alto bin ich schließlich nach 19:00!
Da freu ich mich doch schon auf meine Abreise morgen früh!

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Ähhhh?! Nummer…?

 

Fundstück – Ciclovía

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Fundstücke in Fernwest – Ciclovía

Wer hat’s erfunden? Die Rolos, wie man die Leute aus Bogotá nennt, haben’s erfunden!

Die Rede ist vom „Ciclovía“. Erstmals in den 70er Jahren, regelmäßig seit den 80er Jahren findet dieser „Fahrradtag“ statt, an dem bestimmte Straßen in der Hauptstadt zum Teil oder völlig für den normalen Verkehr gesperrt werden, die dann den Radfahrern, Joggern, Inlineskater zur Verfügung stehen.
Inzwischen erstreckt sich der Ciclovía, der an allen Sonn- und Feiertagen stattfindet, über 120 Straßenkilometer in Bogotá und, gemäß Eigenwerbung der Stadt, nehmen bis zu 2 Millionen Menschen an jedem Wochenende in irgendeiner Form daran teil. Heute ist, zum Glück, nicht soviel los, da Montag Brückentag ist und daher viele Rolos die Stadt verlassen haben.
An Kreuzungen, an den Autos den Ciclovía queren, stehen Ordnungskräfte der Stadt, die den Verkehr regeln. Also alles bestens organisiert. Links und rechts der Straße gibt es Stände mit Essen und Trinken. Insgesamt ein lustiges Treiben und ein Spaß für die ganze Familie in der sonst so hektischen und chaotischen Metropole.
Inzwischen wurde der Ciclovía nicht nur in andere Städten Kolumbiens wie Medellín und Cali, sondern auch in viele Städten weltweit erfolgreich exportiert. So gibt es unter anderem in Mexico-City, Lima, Quito, Buenos Aires und etlichen Städten der USA (u.v.m.) einen Ciclovía.

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im vordergrund: ciclovía-teilnehmer mit migrationshintergrund - im hintergrund: ordnungskraft
im vordergrund: ciclovía-teilnehmer (Herr Boe) mit migrationshintergrund – im hintergrund: ordnungskraftfruchtstand mit frischgepressten säften u salpicón - hmmm! 
fruchtstand mit frischgepressten säften u salpicón – hmmm!

Fundstücke – Mordsstimmung in Medellín

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Fundstücke in Fernwest – Mordsstimmung in Medellín

Als ich vor ziemlich genau 13 Jahren das erste Mal nach Kolumbien geflogen bin, haben mich viele für verrückt gehalten. Die Situation im Land hat sich seitdem zum Glück stark verbessert. (Eine eventuelle Verbesserung meines Verrücktheitszustandes müssen andere beurteilen!) Auch wenn die Gegensätze zwischen arm und reich sehr groß sind, so hat sich die Sicherheitslage in Kolumbien sehr gut entwickelt.
In Medellín habe in Statistik dazu in der Zeitung gefunden. Sie befasst sich mit der Mordsrate in der Stadt. Und siehe da, der zurückliegende Monat Oktober war mit 44 Morden der mordärmste Monat seit 30 Jahren. Überhaupt hat es 2013 schon 31 mordfreie Tage gegeben.
Muss man sich also um die Mordsstimmung in Medellín sorgen? Zumindest die Politiker sind stolz auf die Entwicklung, auch wenn ich am Tag, nachdem ich mit einem englischen Pärchen im Stadion bei einem Ligaspiel von Atletico Nacional de Medellín war, in der Zeitung lesen durfte, dass Fans von Atletico in eine Bar eingedrungen sind, in der Fans vom verfeindeten Team Independiente bei einer Geburtstagsfeier saßen. Resultat der mit Dolchen und Macheten geführten Geburtstagsfeier: drei Verletzte, ein Toter.
Ich habe übrigens meine schicke, neue Atletico-Mütze seitdem nicht mehr in der Öffentlichkeit getragen! Soviel zum aktuellen Verrücktheitsgrad!

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toaster sind ungesund

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Toaster sind ungesund

Ein Freund, dem ich meine Geschichten immer vorlese, meinte, dieser Titel sei durchaus ein wenig missverständlich. Das klinge ja ganz so, als sei es ungesund, Toaster zu essen. Ich antwortete ihm, dass ich überhaupt keine Probleme mit missverständlichen Titeln habe – im Gegenteil. Außerdem seien sie nicht missverständlich sondern eher vieldeutig, wenn ich es mir recht überlegte. So schwinge in dem Titel auch die immanente Gefahr mit, die ein Toaster eben so ausstrahle.
Wenn man zum Beispiel in einen laufenden Toaster greife, sich aus Versehen drauf setze oder versehentlich einführe oder aus übellauniger Motivation mit in eine Badewanne nehme. – Toaster sind oft unterschätzt aber brandgefährlich! Wohnungsbrände, ja ganze Häuser oder Stadtviertel brennen ständig nieder aufgrund von Toastern!
Vermutlich gibt es längst eine spezielle Toasterversicherung und ich bin der einzige, der noch ohne eine lebt! Ich werde mich wohl erkundigen müssen!
Tja, so ist das Leben in der Postmoderne. Überall lauern Gefahren. Die Feindbilder sind immer schwerer auszumachen. Die Säbelzahntiger kommen heutzutage bestens getarnt als Toaster daher. Zumindest können wir uns dagegen versichern.
Wenn Sie früher bei dem Versicherungsvertreter Ihres Vertrauens einen Säbelzahntigerschaden geltend machen wollten, da hätte der sich totgelacht und gesagt: Was wohnen Sie auch in so einer gefährlichen Gegend? Oder besser noch: Was leben Sie in so einer gefährlichen Epoche?
Gut! Rotten wir schnell den Säbelzahntiger aus, erfinden Rad und Elektrizität und kommen zurück zum Toaster. Wer von uns weiß schon bescheid über die alltägliche Rußbelastung eines durchschnittlichen Toastbrotessers? – Zigaretten, Verkehr, Industrie, Kohle, Holz… Das ist alles bekannt. Aber warum gibt es eigentlich keine Debatte über Toaster? Wo ist der Partikelfilter? Wo bleibt die Verschrottungsprämie für Alttoaster? Wo die Aufkleber „Toasten kann tödlich sein!“ oder die EG-Gesundheitsminister (warum eigentlich nie die EU-Gesundheitsminister?!) raten: „Der Rußgehalt eines Durchschnittstoasts bei Stufe 3 beträgt 8 Mikrogramm Teer pro Broteinheit!“
Mein Lieblingsaufkleber für Toaster wäre jedoch: „Der Verzehr von Toastbrot kann die Spermatozoen schädigen und die Fruchtbarkeit einschränken!“ Vielleicht würde dies sogar die Toasterindustrie ankurbeln. Verbote machen neugierig! Gefahren sind sexy! Risksearcher entwickeln eine neue Kultur des Gefahrenfrühstücks…
Rissschwenk!!!
Ich habe drei Jahre in einem Dorf im Osten gewohnt. Unser Verein hatte dort ein altes, aber durchaus schönes Schloss mit morbidem Charme gepachtet, in dem wir auch übergangsweise gewohnt hatten, bis wir nach einem halben Jahr nach und nach das alte Pfarrhaus im Dorf als Wohnquartier bezogen. Und mit uns zogen auch die Einrichtungsgegenstände um, darunter auch ein großer Toaster der Oldtimerkategorie.
Bravo! Und schon sind wir nach knapper und doch präziser Einleitung mitten in der eigentlichen Geschichte. Denn um genau diesen guten alten Toaster soll es gehen. Er leistete uns solide, wertvolle Dienste, toastete ganz einwandfrei und beidseitig. Toastbrot, Graubrot, sogar Vollkornbrot, wenn’s sein musste. Alles wurde getoastet, nichts war vor ihm sicher. Selbst zu unterschiedlichen Tages- und sogar Nachtzeiten!
Aber dann, nach vielleicht einem Jahr des fröhlichen, unbeschwerten Toastens versagte er seinen Dienst. Von einem Tag auf den anderen hatte es sich ausgetoastet. Unsere Lebensqualität sank damit deutlich, sodass sich ein Mitbewohner daran machte, den Toaster aufzuschrauben und zu reparieren. Was er herausfand, rief bei uns Bewohnern und Toasterbenutzern recht unterschiedliche Reaktionen hervor. Denn ganz unabhängig von der Tatsache, dass der Toaster nicht mehr funktionierte, befand sich in den zuvor unergründeten Tiefen des Toasters eine Maus. Ziemlich verdörrt zwar, aber als Maus eindeutig zu identifizieren und ebenso tot. Auch das war deutlich zu erkennen!
Während mich die Angelegenheit eher amüsierte, fand sich ein Mitbewohner über die Kloschüssel gebeugt wieder. Wir hatten dahingehend wohl einen unterschiedlichen Humor. Aber er hatte, im Gegensatz zu mir, den Mausetoaster auch wirklich jeden Tag benutzt.
Neben der Unappetitlichkeit beschäftigte uns aber auch selbstverständlich die Frage nach der Todesursache. Man konnte es kaum als natürliche Todesursache durchgehen lassen. Dahingehend fielen uns eher Katze, Bussard, Mausefalle und Gift ein.
Jochen, der Mitbewohner über der Kloschüssel, vermutete, die Maus sei ertoastet worden, was zweifelsohne recht untypisch für eine Maus sei, andererseits aber gut erklärte, warum ihm so schlecht geworden war. Vielleicht hatte er neben dem Ekel sogar ein schlechtes Gewissen…
Ich hingegen glaubte eher, dass sich die Maus schon im Toaster befand, als er vom Schloss ins Pfarrhaus umgezogen war. Denn im Schloss stand der Toaster ungenutzt aber sicherlich noch mit Altkrümeln belastet in einer Vorratskammer auf einem kargen Steinfußboden, über den die Mäuse reihenweise spazierten. Demzufolge müsse sie schon bei ihrem Umzug tot gewesen sein, was die Sache nicht appetitlicher machte. Ich mutmaßte, dass sie dort verdurstet sei, weil sie wohl genug zu fressen gefunden haben dürfte. Sonst hätte sie sich wohl kaum in den Toaster gestürzt. Aber was wissen wir schon über die Beweggründe einer Maus?
Vielleicht, so eine weitere Idee, habe sie dort so viel zu fressen gefunden, dass sie nach ihrem Krümelgelage nicht wieder aus dem Schlitz herausgekommen konnte. Und dann habe sie aus Verzweiflung immer weitergefressen und sei schließlich an zu viel Krümeln im Hals erstickt.
Wie viele Hunderte von Toastvorgängen sie dann noch über sich ergehen lassen musste, wird ihr letztes Geheimnis bleiben. Nachdem wir den Mäusekorpus geborgen hatten, zeigten nicht einmal unsere Katzen dafür ein Verwendungsinteresse. Jochen bestand darauf, den Toaster noch in der selben Mülltonne zu entsorgen wie die Maus. Aber ich versteckte ihn lediglich bei uns im Keller und hoffte auf den ewig wiederkehrenden Kreislauf der Natur.
Vielleicht… Ja, vielleicht würde einst, lange nach dem atomaren Weltkrieg, der alles menschliche Leben vernichtet hatte, in unserem staubigen Keller im Bröselfach des Toasters neues Leben entstehen. Und dem wollte ich bestimmt nicht im Wege stehen. Denn die Notiz „Gott ins Handwerk gepfuscht!“ machte sich in keiner Vita besonders gut – auch nicht posthum!