Fahrvergnügen in Bogotá
Fahrvergnügen in Bogotá
Als ich Anfang 2001 das erste Mal nach Bogotá kam, war der Stolz der Stadt der TransMilenio. Zumindest ein passender Name, um darauf stolz zu sein. Allerdings verbarg sich hinter diesem Namen eine einzige Buslinie, die den Norden der Stadt mit dem Zentrum verband. Immerhin besaß diese eine Linie eine eigene Fahrspur. Mir kam spontan der Gedanke: der Wahnsinn! Das sonstige Verkehrschaos der 8-Millionen-Hauptstadt wurde von 20-30Tausend Bussen übernommen, die das gesamte Stadtgebiet bedienten. Neben den Privat-PKWs gab es noch geschätzte 50.000 Taxis, was mir als damaligem Marburger folgendes interessantes Zahlenspiel aufdrängte: 30.000 Busse + 50.000 Taxis = Gesamtbevölkerung von Marburg (inclusive eingemeindeter Dörfer).
Damals hatte ich das große Glück, dass ich von meinem Zuhause nur 300 Meter zur Septima (VIIa) laufen musste, der Hauptverkehrsader von den nördlichen Vierteln zum Zentrum. Dort konnte ich einfach irgendeinen Bus anhalten, weil tatsächlich alle vorbeifahrenden Busse bis zu meiner Uni auf der Septima blieben.
Aber ansonsten…!!! Hin und wieder musste ich Behördengänge erledigen, weil (ich will mich nicht aufregen, es ist 13 Jahre her!) die beiden an meinem Austausch beteiligten Universitäten ihre organisatorischen Hausaufgaben vernachlässigt hatten, mit anderen Worten: weil sie es verkackt hatten! Und dafür wurde ich in entfernte Barrios entsandt. Begreifen wir es als Chance. Denn so durfte ich hautnah die Komplexität und den Wahnsinn des bogotanischen Bussystems kennen lernen.
Ich ließ mir den Weg erklären. „Also, erst einmal nimmst du den Bus in Richtung Calle 75 con Carrera 21 und dort steigst du in den Bus in Richtung Calle 125 con Carrera 35!“ Okay! Das war eine klare Ansage. Aber die Wirklichkeit an der an Septima war eine andere! Da es keine Haltestelle gab, konnte man überall einen Bus am Straßenrand anhalten. Aber welchen Bus…?! Auf der Carrera Septima verkehren mindestens 50 verschiedene Buslinien und die Busse haben vorne rechts ein kleines Schildchen (siehe Fotos), das das Ziel angibt. Die Entfernung des Busses auf den Bild entspricht ungefähr dem Zeitpunkt, an dem man seinen Arm ausstrecken sollte, um den Bus heranzuwinken. Denn zwischen den einzelnen Stopps kennen die Busfahrer nur Vollgas, sodass die Busse ordentlich an einem vorbeibrettern. Das Zeitfenster, um das Schild zu entziffern und das Handzeichen zu geben, war für Ungeübte wie mich unrealistisch klein. Meist hatte ich das Schildchen dechiffriert, wenn der Bus auf meiner Höhe war, mit anderen Worten: selbst für eine Vollbremsung zu spät! Oft hielt ich dafür einen falschen Bus an („Ups! Sorry!“), was man den Blicken des Fahrers nach als Nahtoderfahrung durchgehen lassen konnte.
Heute, 13 Jahre später, brettern noch immer Busse mit putzigen Schildchen über die Septima und, nein, es gibt noch immer keine Metro, wie zum Beispiel, in Medellín (dieser Seitenhieb auf all die stolzen Bogotaner muss sein!), dafür hat sich der kleine TransMilenio prächtig weiterentwickelt. Etliche Linien versorgen inzwischen die Randbezirke mit dem Zentrum. Und da sie fast immer auf eigenen Spuren verkehren und nicht am üblichen und üblen Stop+Go Bogotás teilnehmen müssen, erfreuen sie sich großer Beliebtheit. Zur Rushhour ist die Beliebtheit so groß, dass spontan ein riesiges Gruppenkuscheln beim Ein- und Aussteigen entsteht, das man fast als Orgie bezeichnen könnte.
Abgesehen vom TransMilenio bleibt die Lage chaotisch. Als ich Bogotá erreiche, ist das erste Mal um 16:00 auf der Straße Stillstand. In der Wohnung in Chapinero Alto bin ich schließlich nach 19:00!
Da freu ich mich doch schon auf meine Abreise morgen früh!

Ähhhh?! Nummer…?