säbelzahntiger

Über Weihnachtsmusik und Gewaltbereitschaft

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Über Weihnachtsmusik und Gewaltbereitschaft

Neulich habe ich folgende Schlagzeile gelesen: In Brasilien ist Gewalt die häufigste Todesursache für junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren.
Das klingt natürlich erst mal dramatisch und ist es auch. Denn es spiegelt die Gewalt in der brasilianischen Gesellschaft wider, andererseits, so lehrt uns der kritische Umgang mit Statistiken, woran stirbt man denn sonst in diesem Alter?
In Deutschland liegen in dieser Altersgruppe ganz weit vorne Verkehrsunfälle und Selbstmord. Aber das regt keinen sonderlich auf, zumal Autounfälle in Deutschland inzwischen als „natürliche Todesursache“ durchgehen. Einst holte uns der Säbelzahntiger heim, heute ist’s die Stoßstange oder der Wildfänger.
Meine persönliche, latente Gewaltbereitschaft in der Vorweihnachtszeit war gegenüber den Vorjahren dieses Jahr in Rio erheblich gesenkt. Denn in Rio wird größtenteils auf nervenden Weihnachtsschmuck in Straßen und Stränden verzichtet. Und vor allem (!) die extrem sackgängerische und Gewaltbereitschaft steigernde Weihnachtsbeschallung, die einen in Deutschland über Wochen auf einen Ausraster vorbereitet, fand hier kaum/nicht statt.
Dass in deutschen Fußgängerzonen in der Vorweihnachtszeit nicht viel mehr passiert, ist für mich das wahre Weihnachtswunder. Vielleicht sind wir vom vielen Essen einfach zu träge. Ein voller Bauch entemotionalisiert hervorragend!
Vielleicht sollte man in Deutschland Weihnachtslieder verbieten. Schließlich ist in dieser Zeit die Selbstmordrate am höchsten. Noch niemand den Zusammenhang gesehen…? Liebe Große Koalition, mein Wunsch für 2014: Nein, bitte keine Steuerversprechen, die nicht gehalten werden (Was war eigentlich mit der „kalten Progression“? Lange nichts mehr davon gehört. Komisch!). Nein, mein Wunsch ist: Verbot von Weihnachtsmusik im öffentlichen Raum! Hat doch mit dem Rauchen auch bestens geklappt! Man kann ja ebenfalls Zonen für Weihnachtsmusik schaffen, auf Weihnachtsmärkten, oder in Selbsthilfegruppen für Anonyme Weihnachtsliederabhängige. Aber muss immer die Gesamtbevölkerung so leiden…? Und ihre Weihnachtsferien in Fernwest verbringen…?
Klingt zwar eher wie eine Idee von den Grünen, an der sich der Stoiber dann festbeißt. Andererseits liebe Große Koalition, schon mal den Taschenrechner rausgeholt und festgestellt, dass man für die absolute Mehrheit gar nicht auf die Stimmen der CSU angewiesen ist? Dann macht man sich auf nicht in Europa mit so etwas Hirnentleertem wie der Autobahnmaut für Ausländer zum Deppen!

 

toaster sind ungesund

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Toaster sind ungesund

Ein Freund, dem ich meine Geschichten immer vorlese, meinte, dieser Titel sei durchaus ein wenig missverständlich. Das klinge ja ganz so, als sei es ungesund, Toaster zu essen. Ich antwortete ihm, dass ich überhaupt keine Probleme mit missverständlichen Titeln habe – im Gegenteil. Außerdem seien sie nicht missverständlich sondern eher vieldeutig, wenn ich es mir recht überlegte. So schwinge in dem Titel auch die immanente Gefahr mit, die ein Toaster eben so ausstrahle.
Wenn man zum Beispiel in einen laufenden Toaster greife, sich aus Versehen drauf setze oder versehentlich einführe oder aus übellauniger Motivation mit in eine Badewanne nehme. – Toaster sind oft unterschätzt aber brandgefährlich! Wohnungsbrände, ja ganze Häuser oder Stadtviertel brennen ständig nieder aufgrund von Toastern!
Vermutlich gibt es längst eine spezielle Toasterversicherung und ich bin der einzige, der noch ohne eine lebt! Ich werde mich wohl erkundigen müssen!
Tja, so ist das Leben in der Postmoderne. Überall lauern Gefahren. Die Feindbilder sind immer schwerer auszumachen. Die Säbelzahntiger kommen heutzutage bestens getarnt als Toaster daher. Zumindest können wir uns dagegen versichern.
Wenn Sie früher bei dem Versicherungsvertreter Ihres Vertrauens einen Säbelzahntigerschaden geltend machen wollten, da hätte der sich totgelacht und gesagt: Was wohnen Sie auch in so einer gefährlichen Gegend? Oder besser noch: Was leben Sie in so einer gefährlichen Epoche?
Gut! Rotten wir schnell den Säbelzahntiger aus, erfinden Rad und Elektrizität und kommen zurück zum Toaster. Wer von uns weiß schon bescheid über die alltägliche Rußbelastung eines durchschnittlichen Toastbrotessers? – Zigaretten, Verkehr, Industrie, Kohle, Holz… Das ist alles bekannt. Aber warum gibt es eigentlich keine Debatte über Toaster? Wo ist der Partikelfilter? Wo bleibt die Verschrottungsprämie für Alttoaster? Wo die Aufkleber „Toasten kann tödlich sein!“ oder die EG-Gesundheitsminister (warum eigentlich nie die EU-Gesundheitsminister?!) raten: „Der Rußgehalt eines Durchschnittstoasts bei Stufe 3 beträgt 8 Mikrogramm Teer pro Broteinheit!“
Mein Lieblingsaufkleber für Toaster wäre jedoch: „Der Verzehr von Toastbrot kann die Spermatozoen schädigen und die Fruchtbarkeit einschränken!“ Vielleicht würde dies sogar die Toasterindustrie ankurbeln. Verbote machen neugierig! Gefahren sind sexy! Risksearcher entwickeln eine neue Kultur des Gefahrenfrühstücks…
Rissschwenk!!!
Ich habe drei Jahre in einem Dorf im Osten gewohnt. Unser Verein hatte dort ein altes, aber durchaus schönes Schloss mit morbidem Charme gepachtet, in dem wir auch übergangsweise gewohnt hatten, bis wir nach einem halben Jahr nach und nach das alte Pfarrhaus im Dorf als Wohnquartier bezogen. Und mit uns zogen auch die Einrichtungsgegenstände um, darunter auch ein großer Toaster der Oldtimerkategorie.
Bravo! Und schon sind wir nach knapper und doch präziser Einleitung mitten in der eigentlichen Geschichte. Denn um genau diesen guten alten Toaster soll es gehen. Er leistete uns solide, wertvolle Dienste, toastete ganz einwandfrei und beidseitig. Toastbrot, Graubrot, sogar Vollkornbrot, wenn’s sein musste. Alles wurde getoastet, nichts war vor ihm sicher. Selbst zu unterschiedlichen Tages- und sogar Nachtzeiten!
Aber dann, nach vielleicht einem Jahr des fröhlichen, unbeschwerten Toastens versagte er seinen Dienst. Von einem Tag auf den anderen hatte es sich ausgetoastet. Unsere Lebensqualität sank damit deutlich, sodass sich ein Mitbewohner daran machte, den Toaster aufzuschrauben und zu reparieren. Was er herausfand, rief bei uns Bewohnern und Toasterbenutzern recht unterschiedliche Reaktionen hervor. Denn ganz unabhängig von der Tatsache, dass der Toaster nicht mehr funktionierte, befand sich in den zuvor unergründeten Tiefen des Toasters eine Maus. Ziemlich verdörrt zwar, aber als Maus eindeutig zu identifizieren und ebenso tot. Auch das war deutlich zu erkennen!
Während mich die Angelegenheit eher amüsierte, fand sich ein Mitbewohner über die Kloschüssel gebeugt wieder. Wir hatten dahingehend wohl einen unterschiedlichen Humor. Aber er hatte, im Gegensatz zu mir, den Mausetoaster auch wirklich jeden Tag benutzt.
Neben der Unappetitlichkeit beschäftigte uns aber auch selbstverständlich die Frage nach der Todesursache. Man konnte es kaum als natürliche Todesursache durchgehen lassen. Dahingehend fielen uns eher Katze, Bussard, Mausefalle und Gift ein.
Jochen, der Mitbewohner über der Kloschüssel, vermutete, die Maus sei ertoastet worden, was zweifelsohne recht untypisch für eine Maus sei, andererseits aber gut erklärte, warum ihm so schlecht geworden war. Vielleicht hatte er neben dem Ekel sogar ein schlechtes Gewissen…
Ich hingegen glaubte eher, dass sich die Maus schon im Toaster befand, als er vom Schloss ins Pfarrhaus umgezogen war. Denn im Schloss stand der Toaster ungenutzt aber sicherlich noch mit Altkrümeln belastet in einer Vorratskammer auf einem kargen Steinfußboden, über den die Mäuse reihenweise spazierten. Demzufolge müsse sie schon bei ihrem Umzug tot gewesen sein, was die Sache nicht appetitlicher machte. Ich mutmaßte, dass sie dort verdurstet sei, weil sie wohl genug zu fressen gefunden haben dürfte. Sonst hätte sie sich wohl kaum in den Toaster gestürzt. Aber was wissen wir schon über die Beweggründe einer Maus?
Vielleicht, so eine weitere Idee, habe sie dort so viel zu fressen gefunden, dass sie nach ihrem Krümelgelage nicht wieder aus dem Schlitz herausgekommen konnte. Und dann habe sie aus Verzweiflung immer weitergefressen und sei schließlich an zu viel Krümeln im Hals erstickt.
Wie viele Hunderte von Toastvorgängen sie dann noch über sich ergehen lassen musste, wird ihr letztes Geheimnis bleiben. Nachdem wir den Mäusekorpus geborgen hatten, zeigten nicht einmal unsere Katzen dafür ein Verwendungsinteresse. Jochen bestand darauf, den Toaster noch in der selben Mülltonne zu entsorgen wie die Maus. Aber ich versteckte ihn lediglich bei uns im Keller und hoffte auf den ewig wiederkehrenden Kreislauf der Natur.
Vielleicht… Ja, vielleicht würde einst, lange nach dem atomaren Weltkrieg, der alles menschliche Leben vernichtet hatte, in unserem staubigen Keller im Bröselfach des Toasters neues Leben entstehen. Und dem wollte ich bestimmt nicht im Wege stehen. Denn die Notiz „Gott ins Handwerk gepfuscht!“ machte sich in keiner Vita besonders gut – auch nicht posthum!