Entmoralisierung
Abendländischer Kommerz
Abendländischer Kommerz
Eines muss man der Commerzbank ja lassen: Sie wird ihrem Namen gerecht. Denn „Kommerz“ bedeutet im heutigen Sprachverständnis: „Allein auf Gewinnerzielung gerichtetes Interesse“ (nach Wikipedia). Vielleicht sollte man sich da gar nicht wundern, wenn diese Commerzbank so handelt, wie sie handelt. Scheiße und unverfroren ist es trotzdem! Und es erklärt auch nicht, warum die zuständigen (Finanz-)Politiker (selbstverständlich auch der Typ im Rollstuhl!) vor diesen fragwürdigen Deals Jahrelang die Augen verschlossen haben. Für den Fiskus bedeutet dies jährlich Milliardeneinbußen (zur räumlichen Vorstellung der Summe: 1.000.000.000 €!) .
Das ist die geschätzte Summe, die allein durch die von der Commerzbank eingefädelten Steuervermeidungsdeals, sogenannten Cum-Cum-Geschäften, dem Fiskus entgeht. Dabei werden Aktien im Milliardenbereich kurz vor dem Zeitpunkt der Dividende „verliehen“, sodass die für ausländische Investoren in Deutschland verpflichtende Kapitalertragssteuer umgangen (nach Deutschland ausgelagert) werden kann. Nach Ausschüttung der Dividende gehen die Aktienpakete dann wieder zurück. Der Gewinn, hier die nicht gezahlte Kapitalertragssteuer, wird dann zwischen Bank und Investor aufgeteilt. Damit ist Cum-Cum also Win-Win. Allerdings natürlich auf Kosten der Allgemeinheit, auf unsere Kosten!
Besonders unverfroren dabei, dass sich die Commerzbank vom deutschen Steuerzahler nach der Bankenkrise noch für 18 Mrd. Euro retten ließ, um jetzt den gleichen Steuerzahler jedes Jahr 1 Mrd. Steuern zu prellen. Damit ist die Commerzbank für den Steuerzahler eine klare Lose-Lose.
Da der Bund mit 15% der größte Anteilseigner ist und damit auch im Aufsichtsrat der Bank sitzt, muss man sich schon fragen, wer wann was von diesen Deals gewusst hatte. Was sagt das Bundes-Finanzministerium dazu? Hallo, Herr Schäuble, jemand zu Hause? Vermutlich schon lange nicht mehr!
Ebenfalls hochgradig erbärmlich, dass diese Drecksbanker dann auch immer versuchen, damit durchzukommen und wie ein ertapptes Kleinkind behaupten, sie hätten doch nichts Verbotenes getan. Dass von legitimem oder moralischem Handeln in einer Bank nicht die Rede ist, versteht sich von selbst.
Und natürlich ist am Schluss niemand verantwortlich und niemand hält den Kopf oder den Rollstuhl hin. Und da es ja nur um Milliarden geht, kann die Zeche außer uns ohnehin keiner begleichen. Na super!
Kleiner Tipp für alle, die ihr Geld bei der Commerzbank haben oder der Deutschen oder Targo (ehemals Citibank) oder wo auch immer, nehmt es den Bankern weg und geht damit zu einer Genossenschaftsbank (z.B. die GLS)!
Mehr zum Thema „Entmoralisierung“ des Abendlandes:
https://tommiboe.com/2016/04/20/abendlaendische-werte-in-zeiten-der-morallosigkeit/
Abendländische Werte in Zeiten der Morallosigkeit
Abendländische Werte in Zeiten der Morallosigkeit
Seid Ihr auch so besorgt, dass durch den Zustrom von Flüchtlingen unsere Werte bedroht sind? Und dass wir unsere Werte verteidigen müssen? Mit „Werte vorleben“, wäre ich, glaube ich, eher gedient. Aber um welche wichtigen Werte soll es eigentlich gehen? Wie wär’s denn mit Moral…?
„Moral… hä…?!“ Kann sich noch jemand entfernt erinnern…?! Ich finde es schon ziemlich putzig (vorsichtig ausgedrückt), muezzingleich eine abendländische Wertedebatte auszurufen, während sich weite Teile unserer Gesellschaft längst von Moral befreit haben.
Werfen wir doch mal einen Blick auf unsere Wirtschaft. Ein Unternehmen (nehmen wir die kleineren Familienbetriebe mal raus) ist einzig seinen Anteilseignern, seinen Aktionären gegenüber verpflichtet. Das ist ihre quasi-göttliche Verpflichtung. Ihre Aufgabe ist es, Gewinne zu maximieren – egal mit welchen sozialen Kollateralschäden. Gewinnmaximierung ist ein Euphemismus für Ausbeutung und Umverteilung. Anders lassen sich Gewinne heute gar nicht maximieren. Denn die Zeiten mit großem Wirtschaftswachstum sind längst vorbei. Damit ließen sich nämlich Vermögen und Einkommen steigern. Zugegeben auf Kosten anderer Länder. Aber immerhin. Und das waren wir ja seit dem Kolonialismus gewöhnt.
Die heutigen Wachstumsraten reichen natürlich noch immer dafür aus, die Vermögen zu vermehren, im Gegensatz zu den Einkommen. Das werden sie auch noch bei Nullwachstum, aber eben auf Kosten unserer Gesellschaft. Und während die Politik der Wirtschaft und den Banken im Krisenfall zur Seite springt, ist der umgekehrte Fall undenkbar. Haifischkapitalismus kann nicht moralisch sein. Das passt nicht ins Konzept!
Manchmal frage ich mich: Wieso ist eigentlich nicht der Bürger systemrelevant?
Wie auch immer! Das Gleiche gilt für die Banken. Ich bin über einen lustigen Artikel aus der SZ (von 2014) gestolpert, in dem das Konzept „Virtuous Banking“ vorgestellt wurde, also vom „Tugendhaften Banking“. Demzufolge sollten sich alle Banker, entsprechend dem hippokratischen Eid der Mediziner, zu tugendhaftem Banking verpflichten.
Lustig, gell? Noch nie was davon gehört…? Kein Wunder! Wenn man „virtuous banking“ googelt, erhält man lächerliche 515 Treffer. (Zum Vergleich: bei „Penispumpe“ sind es 283000!) Denn es interessiert sich, obwohl es eine großartige Idee ist, keine Sau für Virtuous Banking!
Die Folgen der Entmoralisierung von Wirtschaft und Finanzwesen schlagen natürlich auch auf die Gesellschaft durch. Wer kann schon von seinen Bürgern verlangen, sich moralisch korrekt zu verhalten, solange die Wirtschaft machen kann, was sie will, und ihr zur Zügelung so schmutzige Deals wie „freiwillige Selbstverpflichtungen“ angeboten werden, die, ich habe recherchiert und nachgezählt, in keinem einzigen verschissenen Fall JEMALS etwas bewirkt haben. „Freiwillige Selbstverpflichtung“…? Am Arsch! Gedankenexperiment: Man überließe dem Steuerzahler, auf der Basis einer freiwilligen Selbstverpflichtung seine Steuern zu begleichen. Würde bestimmt super klappen!
Moral, Verzicht und Demut sind in unserem vollkapitalistischem Konsumtempel nicht vorgesehen und sogar, wie uns unsere Wirtschaftshörigkeit souffliert, Wohlstandsgefährdung und Zukunftsverweigerung!
Äh… was wollte ich noch mal sagen? Welche Werte wollte ich doch gleich verteidigen…?! Naja… egal… irgendetwas Abendländisches, glaube ich…!
