Viel Spaß mit…
Viel Spaß im Locutorio
Viel Spaß im Locutorio
Aus meiner Reihe „Viel Spaß mit…“ heute: Viel Spaß im Locutorio! Als Locutorio bezeichnet man Telefonläden. Ob die Silbe „Locu“ schon andeuten soll, dass es hierein wenig verrückt (loco) zugeht, ist mir nicht überliefert.
Ich wollte die Lufthansa anrufen, weil ich meinen Rückflug „umrouten“ wollte. Das Wort „Umrouten“ hab ich übrigens erst während des Telefonats kennen gelernt. Außerdem dass Umbuchen in meinen Ticketbedingungen enthalten ist und Umrouten nicht. Wieder was dazugelernt. Ich werde auf meiner Rückreise also nicht direkt von Havanna zurück fliegen sondern, wie gebucht, erst nach Caracas und am nächsten Tag nach Frankfurt.
Ich hatte gehofft, der Lufthansa sei das egal, ob ich nun von Havanna oder Caracas aus fliegen würde. Vielleicht war es der Lufthansa persönlich auch egal. Nur stand nichts davon in meinen Ticketbedingungen.
Da ich schon mal im Locutorio war, wählte ich die Nummer meiner Eltern. Dem Sohn geht’s gut und so… Aber ich kam nicht durch. Nachdem ich schon mit der Lufthansanummer Schwierigkeiten und einige Anläufe gebraucht hatte, ging jetzt aber gar nichts. Woraufhin mir die Locutorio-Fachkraft erklärte, dass ich nicht genügend Nummern gewählt hätte. Ich versicherte ihr, dass ich eine vollständige Nummer gewählt hätte… Nein, nein, da würden noch Ziffern wählen. Daher würde es auch keine Verbindung geben. Da es sich um die Nummer meiner Eltern handelte, war ich mir sicher, dass ich keine Ziffern unterschlagen hatte. Janeindoch, da würden noch Nummern fehlen. Die Frau blieb hartnäckig und hatte wohl kürzlich einen Fortbildungskurs über das deutsche Telefonwesen besucht. Ich erklärte ihr, dass diese Nummer vollständig sei und es im Dorf meiner Eltern noch Anschlüsse mit nur drei Nummern gebe. Nein! Sie lächelte allwissend. Nein, nein, nein. Woher sie sich denn so gut mit deutschen Telefonnummern auskenne. Tja, das sei nun mal so.
Langsam wurde ich gallig. Ihr Scheiß Locutorio funktionierte nicht und ich musste mir anhören, ich sei zu blöd die Nummer meiner Eltern zu wählen…?! – Sie lächelte, als habe sie mir Dummerchen das nicht schon oft genug erklärt: Es fehlen noch Nummern! Nur deshalb gab es keine Verbindung.
Bevor ich noch völlig wahnsinnig werden konnte, wechselte ich auf deutsch und erklärte ihr, was ich von ihrem Drecksladen und ihren klugen Ratschlägen hielt. Danach war sie ruhig. Komisch! So etwas wirkt manchmal besser als alle Erklärungen.
Vielleicht wäre ich auch gar nicht so sauer gewesen, wenn man mich nicht schon ein paar Minuten vorher für völlig blöd verkauft hätte. Ich hatte in der einzigen Bank in Máncora gefragt, ob ich denn hier mit meiner Notfall-Kreditkarte Geld bekommen könne. Da sagte mir der Bankfuzzi, das gehe nur am Automaten. Ich erklärte ihm, dass ich keine Geheimnummer habe und daher an einem Geldautomaten kein Geld abheben könne. Aha. Das Prinzip könnte ein Bankangestellte, gleich in welchem Land, ja verstehen. Also fragte ich, ob es noch eine andere Bank im Ort gebe. Woraufhin er die Straße runter zeigte. Jaja, da gebe es noch ein paar Geldautomaten. Was? Ja, das seien noch ein paar Geldautomaten. Was? Hört mir hier eigentlich niemand zu?!
Ach, übrigens, als ich im Locutorio hinter die dreistellige Nummer meiner Eltern einfach noch „000“ gewählt habe, bin ich natürlich direkt durchgekommen! Im Rausgehen lächelte mich die Dame am Schalter wissend an: „Na, also, ich hab doch gesagt, da fehlen noch Ziffern!“
Viel Spaß mit Kartensperrhotlines, Teil 3
Viel Spaß mit Kartensperrhotlines, Teil 3
(Fortsetzung von https://tommiboe.wordpress.com/2014/05/11/spas-mit-kartensperrhotlines/ und https://tommiboe.wordpress.com/2014/05/11/viel-spas-mit-kartensperrhotlines-teil-2/)
Der Nachtbus spülte mich morgens um 6:30 nach Arequipa. Ein Taxi später checkte ich in mein Hostel ein. Bevor ich mich aufs Bett warf, erklärte ich dem Rezeptionisten noch, dass ich einen dringenden Anruf von VISA erwartete. Aber der wusste schon Bescheid. Gut! Ich hatte dem Hostel am Vortag noch eine Email geschrieben. Da konnte ich ja beruhigt schlafen gehen.
Als ich ein paar Stunden später erholt und frisch geduscht an der Rezeption stand, wartete bereits eine Notiz auf mich. Ein Anruf von VISA. Uii! Darauf befand sich eine Nummer, die ich zurückrufen sollte. Es handelte sich um eine peruanische 800er-Nummer. Die war zwar kostenfrei, aber mit dem kleinen Nachteil verbunden, dass ich sie nicht erreichen konnte. Genau die gleiche Nummer hatte ich nämlich schon zuvor im Internet gefunden. Es ist DIE peruanische VISA-Nummer für Notfälle. Und auch jetzt funktionierte sie nicht. Der Concierge war sehr hilfsbereit, verstand aber das Prinzip dieser nicht-erreichbaren Nummer auch nicht.
Ich kaufte mir in einem Laden um die Ecke eine Prepaid-Karte für internationale Telefonate und rief vom Hostel die USA-Hotline von VISA an. Dem Typen erklärte ich erst einmal mein mangelndes Verständnis für Notruf-Hotlines, die man in Notfällen nicht erreichen kann. Des Weiteren erfuhr ich, dass man mir meine Karte am Mittwoch (in vier Tagen) zusenden würde. So viel zum Thema 48 Stunden weltweit! Na klar, war ja auch ein Wochenende dazwischen (das gildet nicht) und außerdem war ich ja in Schwarzafrika! So lange würde ich warten müssen oder, besser noch, eine zweitägige Wandertour in den Colca-Canyon unternehmen. Na also, das wollte ich ja ohnehin machen.
So würde ich Dienstagabend zurückkommen und könnte am nächsten Tag freudestrahlend meine neue Kreditkarte in Empfang nehmen. Hoffentlich!
Heute morgen, kurz nach dem Frühstück wird mir ein Couvert überreicht. Darin meine neue VISA-Karte. Die gehe ich doch erst mal ausprobieren, bevor ich zu jubeln anfange. Eine Restskepsis hat sich gehalten. Direkt neben meinem Hostel befindet sich eine Bank, die erfrischend leer ist. In anderen südamerikanischen Ländern sieht das anders aus. Damit verbunden sind stundenlange Wartezeiten. Jetzt, da ich am Automaten kein Geld mehr abheben kann. Denn meine neue Karte ist nämlich ohne Geheimnummer unterwegs.
Als ich die Bank betrete, kommen auf einen Kunden acht Angestellte plus einen Wachmann. Klingt nach einem Verbraucher freundlichen Schlüssel. Am Empfangstresen sind zwei schicke Damen damit beschäftigt, Kekse zu essen und sich ihre Smartphones zu zeigen. Zwei weitere Frauen und ein Mann sitzen (meistens) vor Computern, ein anderer langweilt sich auf einem Sitz, eine Frau bedient den einen Kunden (was dauert) und die Jefe de Operaciones telefoniert mit ernster Mine und spricht dabei so leise, dass ich hoffe, am anderen Ende der Leitung sitzt ein Lippenleser.
Ich stehe also ganz alleine Schlange und sonst passiert eine Viertelstunde lang nichts. Ich wende mich an den sich langweilenden Angestellten, ob ich denn hier überhaupt eine Auszahlung erwarten könne. Sonst könne ich mir das Warten auch sparen und mir eine andere Bank und eine andere, vielleicht belebtere Schlange suchen. Er fragt bei der Schalterfrau nach und die meint: Ja, einen Moment. Gut, dann hab ich ja einen guten Grund zu warten. Und tatsächlich, da hilft alle Skepsis jetzt gar nichts mehr, bekomme ich eine weitere Viertelstunde später 1200 Soles (ca. 300 €) ausgezahlt.
Hmm! Da gibt’s doch nichts zu meckern. Gar nichts! Ich verlasse angemessen lächelnd die Bank. Die Reise kann weitergehen!


Viel Spaß mit Kartensperrhotlines, Teil 2
Viel Spaß mit Kartensperrhotlines, Teil 2
(Fortsetzung von https://tommiboe.wordpress.com/2014/05/11/spas-mit-kartensperrhotlines/)
Nachdem ich noch eine Nacht länger als geplant in Cusco geblieben war, machte ich mich am Morgen an die nächste Telefonsession. Dafür recherchierte ich nochmals im Internet nach Telefonnummern. Besonders verärgert war ich, dass die verkackte 24h-Hotline der DKB nicht funktioniert hatte. Wofür gab es denn so einen Scheiß…?!
Außerdem ging es mir heute darum, wie ich am schnellsten an ein Ersatzkarte kommen konnte. Auch damit warb VISA doch, alles Null Problemo uund schnuppdiwupp haben Sie in 48 Stunden Ihre neue Karte! Das wollte ich doch schwer hoffen!
Vorher ging ich noch Geld umtauschen. An der Plaza de Armas gab es einen Haufen Wechselstuben nebeneinander. Der gängige Kurs war bei 2,77 Soles für einen US$ in allen Läden gleich. Ich präsentierte meine 180$ und schaute dem Kollegen auf die Finger, wie er auf seinen Taschenrechner, den er mir mit dem Wechselkurs von 2,77 noch gezeigt hatte, ganz schnell 160 eintippte, um mir dann wieder ganz langsam das Resultat zu zeigen. Nee klar! Auch wenn man mich gestern (irgendwie) beklaut hatte, war ich doch kein Volldepp! Ich lächelte ihn müde an, so wie meine kleine Schwester zu Studienzeiten meine Freunde angelächelt hatte, wenn diese ihr irgendwelchen absurden Geschichten auftischen wollten. Sicher, na klar, du mich auch!
Mein Geldwechselarschloch spielte schlecht den Überraschten, hielt wahrscheinlich Nicolas Cage für einen großen Schauspieler. Ich zog mein Geld zurück, bedankte mich für die Mathematik-Nachhilfestunde und ging in die Wechselstube nebenan.
Ich betrat erneut meinen Telefonladen und versuchte es noch mal mit der DKB-Nummer. Aber wieder erfolglos. Dieses Mal konnte ich mir zumindest sicher sein, dass die Nummer richtig war. Komisch. Ich probierte noch eine andere deutsche Nummer. Das gleiche Spiel! Ich winkte den Typen aus dem Laden heran und wollte wissen, wie das denn sein könne. Naja, ich könne ja mal die andere Kabine ausprobieren. Aha! Die war zwar noch besetzt. Aber kurz darauf kam ich mit dem ersten Versuch nach Deutschland durch. Super! Das hätte ich mal gestern wissen sollen. Vielen Dank auch!
Es meldete sich die DKB und ich schilderte meinen Fall, musste dafür Name, Adresse, Geburtsdatum und Kontonummer (in Folge kurz: NAGuK) angeben, und wollte wissen, ob meine Karten denn inzwischen gesperrt seien. Einen Moment, nein, aber das würde er sofort machen. Wofür hatte ich gestern eine halbe Stunde mit den USA telefoniert…?! – Wegen meiner Ersatzkarte, einen kleinen Moment, er würde sich kurz mit den VISA-Kollegen in Verbindung setzen. Gut! Es erklang das übliche Warteschleifengedudel. Allerdings nur für zehn Sekunden, dann war die Leitung tot. Na toll!
Ich klopfte die gleiche Nummer nochmals in die Tastatur und bekam natürlich eine andere Call-Center-Tussi. Also mein Problem… Ja, aber erst die NAGuK, bitte… natürlich… Zwei Minuten später war die Kollegin auf dem Laufenden und legte mich auch wieder in die tödliche Warteschleife. NEIN!!!
Dritter Versuch! Bitte, keine, KEINE Warteschleife… okay. Aber erst die NAGuK, bitte… ja doch! Immerhin sind die Karten inzwischen gesperrt und sie gibt mir direkt die Nummer, unter der ich meine Notfallkarte beantragen könne.
Ich landete in einem weiteren Callcenter, dieses Mal mit Münchner Vorwahl, schilderte meinen Fall, gab meine NAGuK an und sollte an die Spezialisten weiter verbunden werden. Aber auch dieses Mal strandete ich in einer toten Leitung. Oh Mann! Verf*** Sch***! Ich winkte noch mal den Typen aus dem Laden heran. Jaja, das könne schon mal passieren… Dann hör wenigstens auf zu lächeln, du Arschnase! – Atmen! Dies alles war nur ein aufwendig inszeniertes Geduldsspiel.
Nächster Versuch, gleiches Ergebnis. Dritter Anruf mit ausdrücklicher Bitte, mich NICHT weiter zu verbinden. Ob sie mir nicht einfach die Durchwahl zu den Spezialisten geben könne. Nein, das gehe nicht! Aber wie sie mir denn dann helfen könne? – Keine Antwort. Aber wie sie mir denn dann helfen könne? – Hmm, sie könne mich nur weiterleiten. Das wäre ja wohl kaum eine große Hilfe, wenn ich nicht weitergeleitet werden könne – oder? – Keine Antwort. – Vielleicht könne sie ja meine peruanische Handynummer weitergeben, sodass ich zurückgerufen werden könne. Wobei ich natürlich recht skeptisch war, ob das mit meiner peruanischen SIM-Karte überhaupt möglich war oder nicht. – Ja, das könne sie. – Gut. Ich würde solange ein anderes Telefonlokal mit funktionierenden Leitungen aufsuchen. Irgend etwas würde schon klappen. Aber auch der nächste Locutorio (Telefonladen) hatte das gleiche Leitungsproblem und der Typ in dem Laden präsentierte sogar das gleiche dämliche Lächeln dazu. Grrrr!
Im Internet hatte ich einen VISA-Net-Laden gefunden, der direkt an der Plaza de Armas lag. Vielleicht gab es dort ja so etwas Ähnliches wie Hilfe im Angebot. Ich ging da mal vorbei, während ich auf meinen Rückruf wartete. Aber VISA-Net sei nicht VISA, erfuhr ich dort. Ah, natürlich…! Die Dame lächelte ein freundliches, aber nicht-zuständiges Lächeln. War schon klar. Aber ob ich mich vielleicht auf ihrem Telefon zurückrufen lassen könne. Es handele sich um einen Notfall und …. Si claro! Ach… Haben hier wohl sonst nichts zu tun die beiden Mädels. Na gut, danke schon mal und bis gleich!
Ich ging zurück zu meinem Telefonladen und wählte zum fünften Mal die Münchner Nummer. Die fünfte Callcenter-Madame zeigte sich wenig verständnisvoll für meine Leitungsproblem und legte mich trotz dringlicher Gegenbitte humorlos in eine tödliche Warteschleife. Die sechste Mitarbeiterin kannte meinen Fall bereits und nahm meine „neue“ Rückrufnummer auf. Toll! Danach konnten wir das Gespräch wie normale Menschen beenden, mit Tschüss und Dankeschön und Schönen Tag noch. Ich wusste schon fast nicht mehr, wie das ging.
Wenig später klingelte bei VISA-Net das Telefon. Nach entsetztem Blicken der beiden Damen, nahm schließlich doch noch eine den Hörer ab, verstand aber nichts, sodass die andere übernahm und den Hörer schnell an mich weitergab. Herrlich, da war sie, meine Spezialistin! Und tatsächlich, ohne weitere Umwege, ohne Warteschleifen konnte ich meine Notfallkarte beantragen. Ich hatte eine Gotteserscheinung oder waren es einfach die Endorphine, die meinen Körper fluteten, in Verbindung mit meinem zusehends schlechter mit Sauerstoff versorgten Hirn?
Ich gab die Adresse und Telefonnummer meines nächsten Hotels in Arequipa an. Dort würde ich die nächsten Tage sein und dorthin könne man mir (bittebitte) die Karte schicken. Ja, sehr schön, kein Problem und gern geschehen! Die Kollegen von VISA würden sich mit mir in Verbindung setzen. Na, das wollte ich doch schwer hoffen!
(Ende 2. Teil)
Spaß mit Kartensperrhotlines
Spaß mit Kartensperrhotlines
Und ich hatte auch nur meine Geldbörse mit den Karten dabei, weil ich vor meiner Abreise nach Arequipa noch mal Geld abheben wollte. Dazu sollte es aber nicht mehr kommen. Daher befand sich zumindest nicht sonderlich viel Bares im Portemonnaie. Um so ärgerlicher, dass meine beiden Karten weg waren, dazu noch Personalausweis und Führerschein. Bah!
Noch immer ist mir nicht ganz klar, wie das Ganze passiert ist, obwohl ich das Zeitfenster sehr klar eingrenzen kann. Ich war mit zwei Französinnen Meerschweinchen essen, hab noch bezahlt und auf dem anschließenden Rückweg zu meinem Hostel (zehn Fußminuten) bin ich meinen Geldbeutel losgeworden. Vielleicht habe ich es auch im Restaurant liegen lassen oder die beiden Französinnen waren extrem begabte Trickbetrügerinnen. Wer weiß? Man hört ja ständig solche Geschichten…
Bei meiner Rückkehr ins Hostel habe ich noch schnell meine „Meerschweinchentestesserstory“ zu Ende geschrieben (https://tommiboe.wordpress.com/2014/05/08/fundstuck-die-meerschweinchentestesserstory-2-0/) und dann meine Sachen für die Weiterreise nach Arequipa gepackt und dabei festgestellt, dass mein Portemonnaie fehlte. Da war es schon kurz nach 7 und um 8 Uhr sollte mein Bus gehen. In der vagen Hoffnung, meine Geldbörse im Restaurant vergessen zu haben, rannte ich noch mal zurück. Vergebens!
Zurück im Hostel recherchierte ich erst mal im Internet die nötigen Telefonnummern, um meine Karten zu sperren. Das hatte nun Vorrang. Ausgerüstet mit fünf, sechs Nummern ging es dann zum nächsten Telefonladen, wo ich feststellen musste, dass keine der deutschen Nummern funktionierte beziehungsweise niemand dran ging. Es war kurz vor 20:00 Uhr, also 02:00 in Deutschland. Aber 24h-Notruf-Nummern sollte die Uhrzeit doch relativ schnuppe sein.
Nachdem alle Versuche fehlgeschlagen waren, wählte ich die VISA-Nummer aus den USA. Und tatsächlich hatte ich dieses Mal Erfolg. Allerdings war die Verbindung extrem schlecht, was das Telefonat extrem erschwerte und es dauerte ewig! Immer wieder musste ich irgendwelche Fragen beantworten oder selbst nachfragen, weil ich etwas nicht richtig verstanden hatte. Tolles Telefonat! Schließlich hatte ich mich durch alle Fragen gekämpft, als noch mal ALLE Daten überprüft wurden!
Endlich war das Telefonat beendet. Ich war erschöpft, erleichtert und verärgert gleichzeitig. Folge davon: Bierdurst. Ich gab meine letzten Soles für Bier aus. Zum Glück habe ich noch Dollar-Reserven. An die werde ich wohl morgen gehen müssen. Na Prost!
(Ende 1. Teil – weiter morgen!)
Viel Spaß mit Geldwechslern
Viel Spaß mit Geldwechslern
Zu 100 Prozent habe ich das Prinzip der Moneychanger/ Geldwechsler ja nicht kapiert. Wer braucht die eigentlich? In den Banken gibt’s keine Schlangen, die Geldautomaten sind zahlreich, die meisten Karten funktionieren (wieder). Und genau in dieser Ecke, wo sich die ganzen Banken in Cartagena befinden, stehen sie rum und bieten ihre Dienste an.
Aber wer braucht sie? Okay, in Venezuela durch die Verknappung diverser Güter besteht ein großes Interesse an stärkeren Währungen, für die wiederum diese begehrten Waren zu ergattern sind. Das sorgt für einen regen Austausch und dafür gibt’s die Händler, die diese Bedürfnisse mittels An- und Verkauf befriedigen. Das leuchtet mir ein.
Aber welches Zweck erfüllen sie in Kolumbien? So wird in Cartagena auf der Straße ein Kurs von 2000 – 2200 Peso pro Dollar aufgerufen, während der offizielle Kurs bei derzeit 1882 Peso liegt. Wie geht das? Wie können Geldwechsler einen besseren Kurs anbieten als den realen, wenn es in der Bevölkerung gar keinen Bedarf nach anderen Währungen (so wie in Venezuela) gibt?
Die Antwort liegt auf der Hand: Beschiss, Verarsche und Abzocke. Das sind die drei unternehmerischen Standbeine des Geldwechslers. Hilfreich sind schnelle Hände, ein paar clevere Ablenkungsmanöver und „zufällig“ erscheinende Transaktionspartner.
In meinem Hostel erzählt mir der Wirt eine hübsche Geschichte dazu. Ein Mann (im Folgenden einfach „der Typ“ genannt) wollte ein Auto kaufen und hatte noch 500 $ in cash, die er in Peso tauschen musste, weil er die Transaktion nicht in Dollar durchführen konnte. Genauer gesagt, er brauchte 1 Mio Peso. Der Wirt vom Hostel hat ihn gewarnt, er solle bis morgen warten und auf gar keinen Fall auf der Straße tauschen! Natürlich, klar, logisch!
Als der Typ am nächsten Morgen eine halbe Stunde nach Verlassen des Hostels wieder zurück kommt, ist er um rund 400$ ärmer! Qué pasó?
Vor der Bank wurde er von einem sympathischen, hilfsbereiten Geldwechsler angesprochen. Wie viel er denn brauche. Er würde 1:2000 tauschen, also 1 Mio Peso für 500 US$. (Alle Fernsehzuschauer kennen diese Szene und rufen: „Nein! Trau ihm nicht! Das wird böse enden!“) Auch unser Typ ist skeptisch. Schließlich klingt ihm der Rat vom Hostelwirt im Kopf.
Der Geldwechsler aber erklärt, dass er ihm die Millionen Peso gibt und draußen vor der Bank wartet, bis die Einzahlung gelaufen ist. Erst danach, wenn alles reibungsfrei gelaufen ist, muss er ihm die 500$ geben. Aha! Ein vertrauensvolles Angebot! (Auch der Fernsehzuschauer zögert plötzlich. Denn das klingt doch echt fair!) Der Typ kann also seine Dollar solange behalten, bis der Deal gelaufen ist, und falls mit dem Geld etwas faul ist (Falschgeld oder was auch immer), dann hat er ja nichts verloren.
Der Typ beißt an! Der Geldwechsler drückt ihm einen Stapel 50.000-Peso-Scheine (die größten in Kolumbien) in die Hand und wartet vor der Bank, während der Typ mit den Pesos in der Hand und den Dollars in der Tasche in die Bank geht. Beim Einzahlen am Schalter stellt sich heraus, dass das Geld zwar echt ist, aber es nur 950.000 Peso sind. Ups! Der Typ geht wieder raus und sagt dem Wechsler, dass 50.000 Peso (=25$) fehlen. Das kann doch nicht sein? Der Wechsler zählt noch mal sorgfältig nach und tatsächlich! Sorry! Wie peinlich! Er zieht darauf, da er keinen 50.000er mehr hat, einen Stapel mit 50 1Tausend-Peso heraus und reicht ihn dem Typen mit der Bitte, diesen besser noch mal nachzuzählen, damit nicht wieder etwas fehle. Der Typ zählt nach, ja, alles klar, 50 Scheine! – Gut! Der Moneychanger überreicht den Stapel mit 50.000ern und der Typ rückt, da jetzt ja alles klar ist, die 500$ raus. Der Wechsler sagt, er warte hier, falls es doch noch Probleme gebe, und der Typ geht zum zweiten Mal in die Bank und präsentiert: Hier, bitteschön: ein Millionen Peso.
Die Kassiererin zählt nach: 170.000 Peso! What?! Während der Typ seinen Batzen Tausender zählte, hat der Moneychanger der ursprünglichen Stapel 50.000 gegen einen anderen Stapel ausgetauscht, bei dem nur noch die äußeren Scheine 50.000er sind und drinnen befinden sich nun 1000er!
Als der Typ* auf die Straße rennt (*“Typ“ kann auch wahlweise durch „Trottel“ ersetzt werden!), ist der ehemals freundliche und hilfsbereite Austauschpfadfinder bereits – laut lachend – über alle Berge.
Ich laufe genau dieselbe Straße entlang, habe gerade mein Flugticket nach Medellín gekauft. Im übrigen ist ein 1h-Flug von Cartegena nach Medellín billiger als eine 15h-Busfahrt. Da fällt die Entscheidung leicht. Neben mir taucht einer dieser „Cambio! Cambio!“-Pfadfinder auf. Ich sage ihm, dass ich keine Dollar/Euro bei mir habe, was normalerweise auch stimmt. Heute habe ich allerdings wegen des Ticketkaufs mein Portmonnaie dabei. Der Geldwechsler durchschaut mich. „Doch! Doch! Du hast Dollar/Euro dabei!“ Ich zögere für mich und bin mir in der Tat gar nicht mehr so sicher. Natürlich könnte es mir egal sein und ich könnte einfach weitergehen. Er sieht, wie ich überlege und beharrt darauf, dass ich internationale Währungen am Start habe. „Wetten, dass du $/€ dabei hast!“ Wie bitte? Er holt einen Bündel Geld heraus und hält mir einen 20.000-Peso-Schein entgegen. „Wenn du keine $/€ hast, bekommst du 20.000 Peso von mir, und wenn du welche hast, bekomme ich 20.000 von dir!“ What…?! Spinnt der? Ich gehe ein Stück weiter und beobachte die Leute um ihn herum. Wer gehört wohl noch dazu? Er folgt mir, während er sein Angebot wiederholt. Na gut! Ich spiele mit. Bin mir ziemlich sicher, dass ich neulich mein internationales Bargeld aussortiert habe. Es steht niemand in unserer unmittelbaren Nähe und er hat nicht die Statur eines Ausdauerläufers.
Ich hole meinen Geldbeutel raus und siehe da: nur Peso! – Aber er hat einen scharfen Blick. Das muss man ihm lassen. Denn erkennt hinter ein paar Papierschnipseln und Belegen einen Geldschein. „Da! Da! Das ist ein Dollarschein!“ Ich dreh mich ein bisschen weg, für einen ungestörten zweiten Blick. Tatsächlich! Hä?! Was ist denn das für ein Schein? Und wo kommt der plötzlich her? Meine Phantasie entwirft magische Varianten, wie dieser uneheliche Bruder Copperfields den Schein in meinen Geldbeutel gekriegt hat… Aber da sehe ich, dass der Schein, viel zu bunt ist. Ich ziehe ihn hervor und präsentiere zu seiner und zu meiner Überraschung einen israelischen 20-Schekel-Schein, der sich seit Mai in meinem Geldbeutel versteckt hält. Okay! Seine Überraschung ist die größere. Zumal sich noch Enttäuschung dazugesellt. Aber ist nicht nur ein Falschspieler sondern auch ein guter Verlierer. Er hält mir die 20.000 hin. Ich schau mich noch mal kritisch um, schnapp mir den Schein, dreh mich um und gehe. Im Augenwinkel sehe ich sein Gesicht innerlich fluchen. Aber man erkennt’s. Herrlich! „Tschüssi! Schönen Tag noch!“
Meine gängigste Art, um in Kolumbien die Moneychanger abzustreifen, ist allerdings, wenn ich sage, dass ich nur venezolanische Bolívares dabei habe. Das stellt jeden kalt! Weil Bolívares einzutauschen, macht nun überhaupt keinen Sinn. Denn damit kann man einfach gar nichts anfangen. Und wie soll er mich bescheißen, wenn er dafür Bolívares bekommt…?!