fjordgespräche
Plazentaernte
Plazentaernte
Neues aus der Reihe „Fjordgespräche“!
Zur Begriffsklärung: Bei Fjord handelt es um eine Metapher und sie steht für einen Ort, an dem absurde Gespräche geführt werden. Manche mögen anmerken, ein Fjord selbst ist schon ein absurder Ort und dem möchte ich gar nicht widersprechen. Denn Fjorde sind „ertrunkene Täler“, was ein bisschen nach „verwunschenen Wäldern“ und „bekifften Bergen“ klingt. Außerdem sind Fjorde bezaubernd schön, so schön gar, dass Slartibartfast, der wohl bekannteste Planet-Designer in der Literaturgeschichte („The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“), Preise für die aufwendige, barock anmutende Küstengestaltung Norwegens bekam. (Aber vielleicht führt das auch zu weit… Selbst mir!)
Fjordgespräche können letztlich überall stattfinden, wo Ernst- und Sinnhaftigkeit mal eine Pause einlegen. Mein letzter Fjord war die Eckkneipe gegenüber meiner Schule, in der ich mit ein paar Kollegen die Mittagspause verbrachte. Und dort verlor sich die Unterhaltung und landete in einem Fjordgespräch.
Ich erzählte eine Episode aus meinem Sabbatjahr und zwar von den Kondoren, die aus den Anden bis zum Pazifik segeln, zur „Plazentaernte“. Das klingt komisch, lohnt sich aber dann, wenn die Seelöwen ihre Jungen bekommen (genaueres dazu: https://tommiboe.com/2014/07/09/vogelein-uber-dem-pazifik/). Für Kondore ein gefundenes Fressen. Die Frage, ob man sich über verwesende Seelöwenplazenta am Mittagstisch unterhalten darf, wurde nicht weiter erörtert. Im Gegenteil durfte ich mir als Antwort anhören, dass manche nach der Geburt die Plazenta im Eisfach aufbewahren würden. Und die Rede war dabei nicht vom Seelöwen oder Kondor!
Schließlich landeten wir bei einer Geschichte über entfernte Hippie-Bekannte einer Kollegin, die zu berichten wusste, dass besagte Hippies die verpasste Wassergeburt mit ihrem zweijährigen Kind nachgespielt hatten. What…?!! (Und wer bis heute gedacht hat, dass irgendwo und -wann auch mal Schluss ist, dass irgendwas auch mal zu dämlich ist, der muss erkennen, dass er die Menschheit unterschätzt hat. Denn: dümmer geht immer!)
Selbst ich, der Dummheit gewohnt oder inzwischen fast von Dummheit abhängig ist, rollte meine Augen. Nachgespielte Wassergeburt mit einem Zweijährigen…?! Im Ernst…?! Natürlich! Dem Kind wurde sogar der Kopf mit einem Handtuch eingewickelt, genauer gesagt zusammengepresst, bevor es durch die Badewanne gezogen wurde, um auf diese Weise die verpasste Geburtskanalerfahrung nachzuholen. Diese elementar wichtige Erfahrung hatte das Kind nämlich verpasst, weil die geplante Wassergeburt wegen eines Not-Kaiserschnittes nicht durchgeführt werden konnte. Wer das immer noch nicht nachvollziehen kann, hat meine volle Sympathie. Aber dahinter steckt eine Hippie-Theorie, die besagt, dass Kindern, denen diese extreme Erfahrung im Geburtskanal fehlt, auch dieser erste Kick des Lebens fehlt, und sie deshalb später häufiger zu Extremsportarten, Drogen und Gewalttaten neigen. Weil… äh… weil… äh… wie gesagt, natürlich weil der Geburtskanalkick gefehlt hat.
Und das Experiment hat auch schon seinen ersten Erfolg: Besagtes Hippie-Kind will seitdem nämlich nicht mehr in die Badewanne. Okay, ob es später einmal deutlich mehr oder weniger Leute in der Badewanne ertränken wird als der Normalgeborene (die interessante Studie dazu über die Grenzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung steht noch aus) oder in der Badewanne die Niagara-Fälle hinunterfahren wird, ist noch nicht überliefert, da das Kind erst drei ist. Aber ich melde dann noch mal in fünfzehn Jahren zu diesem Thema!
Weitere Fjordgespräche:
Neues vom Werteverfall
Neues vom Werteverfall
Uhhh, Werteverfall…! Aber keine Angst, ich werde hier nicht die Moralkeule rausholen, weiß auch gar nicht so genau, wo ich die in meiner Wohnung aufbewahre… Außerdem war ich bisher eigentlich immer eher ein Freund des Werteverfalls und mir würden dahingehend schon einige Werte einfallen, auf die ich gerne draufhauen wollte!
Natürlich könnte ich darauf hinweisen, dass Werteverfall ein negativer Begriff ist, die guten Werte (Rotkäppchen) sind vom bösen Verfall (Jäger) betroffen (äh, Wolf). Schon klar. Von Wertewandel, Werteverlust, gar Werteexplosion ist die Rede. Selbst Sokrates hat sich im Übrigen schon über den Werteverfall der Jugend beschwert. Dahingehend scheint der Werteverfall eine richtige Tradition zu haben. In einer globalisierten, vernetzten Welt kommt es zweifelsohne zu einer Wertepluralität, die nur von einer omnitoleranter Gesellschaft ge- und ertragen werden kann. Aber das sind wir nun mal nicht!
Um das Thema Werteverfall allerdings mal von einer anderen Seite aufzuzäumen, hab ich ein schönes Beispiel dafür, dass man Werteverfall auch durchaus als etwas Positives betrachten kann: Juan Carlos I., der betagte und inzwischen emeritierte Monarch Spaniens, hätte sich wohl auch nicht gedacht, dass er, wie aus dem Nichts, für ein so nobles, tapferes und sportsmännisches Hobby wie Elefantenjagd von der Welt- und Wertegemeinschaft gedisst werden würde und wegen ein paar hübscher Urlaubsfotos einen veritablen Shitstorm ertragen müsse. Wie kann das denn plötzlich sein? Ein Großwildjäger war doch stets ein honoriger Mann gewesen, der sich Auge in Auge dem Großwild stellte, der sein Handeln größeren Prinzipien unterordnete wie „leben und leben lassen“ und „sterben und gestorben werden“! Und plötzlich löste so etwas einen „Tormenta de Mierda“ aus…?!
Und wie so viele anderen Menschen auch wird sich Juan Carlos, der übrigens Ehrenpräsident des WWF (World Wide Fund For Nature; die Stiftung mit dem Panda im Wappen) gewesen ist, gefragt haben: Was ist nur in dieser Welt los? Was ist mit den Werten passiert?! Richtig! Sie sind verfallen!
Schön, wenn es mal solche Werte erwischt!
In Österreich gibt es übrigens eine „Aktionsgruppe gegen Dekadenz und Werteverfall“. Und für alle, die spontan mit dieser Idee sympathisieren wollen, schiebe ich noch schnell hinterher, es handelt sich dabei um eine rechtsextreme Gruppe! Und um mich noch mal klar abzugrenzen: Ich stehe dem Werteverfall, wie erwähnt, durchaus positiv gegenüber!
Wuschig wie die Serengeti
Wuschig wie die Serengeti!
„Meine Güte, die/der war ja wuschig wie die Serengeti!“
So oder so ähnlich benutzt man diesen Ausdruck! Noch nie gehört…? Echt nicht? Meiner Ansicht nach, die schönste Steigerungsform zum Ausdruck „notgeil“. Damit wird ein sexueller Erregungszustand beschrieben, der quasi übermenschliche, ja, serengetische Dimensionen erreicht.
Man stelle sich 800000 Gnus vor. Stopp! Niemand kann sich 800000 Gnus vorstellen. Das ist vollkommen unrealistisch. Die meisten von uns haben noch nicht mal einem (1!) lebenden Gnu gegenübergestanden, geschweige denn während der Brunft. Stattdessen könnte man versuchen, sich ein brünftiges Gnu vorzustellen und das dann zu ver800000fachen, was schon allein rechnerisch die nächste Hürde schafft…
Also beginnen wir mit einem (1) Gnu, das in der Brunft wie eine kehlige Mischung aus brüllender Kuh und röhrendem Hirsch klingt. Kann ja jeder mal zu Hause ausprobieren. Wenn der Nachbar die Polizei oder Amnesty International ruft, kann’s nicht so schlecht gewesen sein. Als Hilfestellung zum Röhren empfehle ich ein Weizenbierglas. Wichtig, erst leertrinken, dann reinröhren! Das verbessert den Klang und senkt gleichzeitig die Hemmschwelle. Ausprobieren und 800000fach verstärken. Wenn jetzt nicht die Polizei kommt, wird’s peinlich!
Einmal pro Saison treffen sich die Gnus während der Brunftzeit im Mai in einem relativ eng begrenzten Gebiet in der Serengeti. Und dort wird richtig geil geröhrt.
Die weitestgehend unbekannten Serengetiforscher Jerome Hameister und Gerd Kusch konnten dabei erstmals beobachten, wie die vollkommen vollgefressenen Löwen in sicherer Entfernung auf einem Hügel lagen und versuchten, sich mit ihren Vorderpranken die Ohren zuzuhalten. Auch für sie war dieses notgeile Geröhre unerträglich. Die vom Schlafentzug gepeinigten Großkatzen wirkten völlig verunsichert und verschreckt.
Zwischen den Löwen sollen sich kuriose Szenen abgespielt haben. So wird folgendes Gespräch (zwischen Löwen wohlgemerkt!) noch heute von Serengetikennern zitiert: „Ich halt das nicht mehr aus!“ – „Wir müssen sie ALLE töten!“ – „Das geht nicht! – Es sind zu viele!“
Am nächsten Morgen hatten die Löwen aufgegeben und waren allesamt weitergezogen – trotz opulenter Frühstücksaussichten! Nicht umsonst bezeichnet man in der Serengeti – im krassen Gegensatz zu Disney – das Gnu als den wahren „König der Löwen“!
Oder: wie man im Österreichischen sagt, das bekanntlich reich an Tiermetaphern ist: „Die Gier ist a Hund!“
Aber: „Die Lust ist a Gnu!“

Die schönsten veganen Gerichte mit ahle Worschd
Die schönsten veganen Gerichte mit Ahle Worschd
Ich finde ja, Vegan:innen um sich herum zu haben, schafft immer kreative Ideen. Jeder normale Mensch sollte mindestens eine:n Veganer:in im Freund:innenkreis haben. Das bereichert ungemein! Und das meine ich in erster Hinsicht natürlich nicht kulinarisch. Ich will an dieser Stelle aber gar nicht unnötig das Niveau herabdrücken (wie sonst) und sagen, vegane Küche ist keine Bereicherung sondern das Gegenteil, weil sie einem ja einen Großteil der Nahrungsmittel wegnimmt. Nein, ich will auch kein Vegan-Bashing betreiben, weil mir das zu billig ist (das kann und macht ja jede:r) und zumal die meisten Veganer:innen längst nicht so verkrampft und belehrend sind, wie immer getan wird. Und ich kann das beurteilen, da ich ja selbst Lehrer und Belehrer bin. Außerdem meine ich in diesem Beitrag gar nicht Veganer:innen und auch nicht vegane Gerichte sondern Vegetarier:innen und vegetarische Gerichte. Wenn ich das hier und jetzt in einen Topf werfe, dann ist das also kein peinlicher Fehler, sondern lediglich ein billiges Stilmittel. Denn vegan ist zur Zeit einfach hipper als vegetarisch. Vegetarier:innen sind längst angepasst, laaaangweilig und Hundert Jahre alt. Über die regt sich schon lange keiner mehr auf. Veganer:innen sind also die Vegetarier:innen von gestern aber dafür die Frutarier von morgen (oder so ähnlich).
Als wir Ostern im Freundeskreis im nordhessischen Nirgendwo beisammen saßen, war auch so ein verhärmter Drecksveganer dabei (Anm. d. Red.: bei dem es sich in Wirklichkeit natürlich um einen sehr lustigen Drecksvegetarier handelt). Und ich konnte diese Situation wieder einmal als Bereicherung empfinden. Denn wir kamen auf die hübsche Idee meines neuen Fotoprojekts, das da heißt „Die schönsten veganen Gerichte mit Ahle Worschd!“
„Ahle Worschd“ heißt für die, die der nordhessischen Sprache und Küche nicht mächtig sind, „alte Wurst“ und ist eine sehr typische und zugleich schmackhafte Rohwurstspezialität, die Nordhess:innen quasi (also theoretisch und praktisch) mit und zur Muttermilch aufnehmen. Momente, in denen ein süddeutscher Erziehungspraktikant zur Brezel greift, um seine Kleinen zu versorgen, gehören in Nordhessen traditionell der Ahlen Worschd! (zugegeben: auch weil es dort keine gescheiten Brezeln gibt!) Die Ahle Worschd ist eine Kulturkonstante, insofern man in Nordhessen von Kultur sprechen kann.
Und während wir um den Essenstisch saßen, bemerkten wir, wie schön sich so eine Ahle Worschd neben veganem Essen machte. Und schon war das, vermutlich höchst erfolgreiche Fotoprojekt geboren!
Mittlerweile habe ich das Projekt schon ausgeweitet auf „Die schönsten Veganer mit Ahle Worschd!“ Das hat so ein bisschen was von dieser Kampagne „Nackt im Nerz!“, wo sich C-Promis nackt im Nerz, ach nee, Moment, nackt ohne (!) Nerz fotografieren lassen, weil sie nicht vom Playboy gefragt worden sind und um ihre Karriere wieder anzuschieben. Oder so ähnlich! So ganz hab ich das wohl nicht kapiert… Mich lenken nackte Brüste auch immer von Inhalten ab!
In jedem Fall ist mein Fotoprojekt auch dafür da, meine Karriere wieder richtig anzuschieben. Und deshalb dürft ihr alle kräftig mitschieben und mitmachen. Denn es handelt sich um ein integratives Fotokunst-Beteiligungsprojekt. Also schickt mir auch Eure „schönsten veganen Gerichte mit Ahle Worschd!“ Gerne dürft ihr dabei auch die „Ahle“ durch regional typische Extrawürste ersetzen. Ich möchte hier nicht als „Ahle Worschd“-Nazi rüberkommen, sondern freu mich, im Gegenteil, auf zugesendete gesamtdeutsche, ach was, internationale Wurstvielfalt, natürlich im veganen Mantel!
Dann mal los!
Oder natürlich einfach mal den leeren Teller nach dem Essen fotografieren: #FoodNoPorn
Apropos Frutarier! Demnächst vielleicht mehr zum Thema „Melkverlustkäse„!

hmmmm lecker! Wenn das mal keine gelungene Integration ist…!
About Fjordgespräche
About Fjordgespräche
Was sind Fjordgespräche überhaupt?
Fjordgespräche sind DAS NEUE philosophische Format überhaupt. Denn sie entsprechen und widersprechen zugleich und zutiefst der gesellschaftlichen Dychotomie. Wie viele Menschen fühlen sich nicht overfordert in einer Gesellschaft, die an den Rändern zerfranst, in der Mitte zerbricht und in der sich oben und unten immer weiter voneinander entfernen, und in einer Zeit, die sich in einer ständig zunehmenden Beschleunigung beschleunigt, sodass sich viele vorkommen wie auf einem Bobbycar in einem Formel1-Rennen?
Und genau hier die Fjordgespräche an: Ernst aber nicht so gemeint; schon tiefsinnig aber überflüssig; völlig übertrieben aber zurecht! Das Überhöhung gleichzeitig oft auf das Gegenteil verweist beziehungsweise eine Kompensation dessen darstellt (des Gegenteils der Überhöhung also), siehe deutsche Militärhubschrauber, Porschefahrer oder Seehofer (*), bedienen sich auch die Fjordgespräche dieses genialen Konzepts.
(*Erklärung der Metapher: Deutsche Militärhubschrauber: große Rotorblätter bei Null Flugleistung; Porschefahrer: dickes Auto bei kleinem Penis; Seehofer: naja, spricht wohl für sich…!)
In unregelmäßigen Abständen müssen Themen herhalten, um aus unterschiedlichen zum Teil höchst irrelevanten Richtungen und mit verschiedenen Leuchtmitteln betrachtet zu werden. Leider werden dabei oft Tiefgang und Sprengkraft der Diskurse übersehbar bleiben. Aber hin und wieder werden harte Geschütze (bei wenig Sachverstand) aufgefahren, wenngleich fremde! Und so möchte ich heute mit einem sehr klugen und zeitlosen Zitat von Jiddu Krishnamurti enden:
„Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein!“
Das dürfen obiger Seehofer und leider auch viele seiner Artgenossen gerne sehr persönlich nehmen, sofern sie es verstehen!
Erstes Fjordgespräch ist bereits veröffentlicht. Darin geht es natürlich gegen äh um Kopftransplantationen: