Über Radieschen und anderes Obst
Über Radieschen und anderes Obst
„Wer über Obst schreibt, ist ein guter Mensch!“ Das zumindest hat meine Oma mal gesagt. Kann mich leider überhaupt nicht mehr an den Zusammenhang erinnern. Meine Mutter ließ mich wissen, als ich sie danach fragte, ob sie diesen Spruch noch einordnen könne, dass ich da wohl, mal wieder, etwas falsch verstanden habe (hörte ich da als guter Sohn etwa einen Vorwurf mitschwingen…?) oder aber dass mein Oma zu der Zeit schon ein wenig „wunderlich“ gewesen sei.
Tja, wenn Zeitzeugen nicht funktionieren, dann muss man schon sich selbst oder der wunderlichen Oma vertrauen. Denn ich höre sie noch heute sagen: „Wer über Obst schreibt, ist ein guter Mensch!“
Zugegeben, es klingt ein wenig wie „Böse Menschen singen keine Lieder“. Aber bei diesem Spruch wurde leider nie hinreichend geklärt, wer diese Lieder eigentlich geschrieben hatte, um sie dann von guten Menschen singen zu lassen. Oder „One apple a day keeps Putin away!“ Aber das führt (mal wieder) zu weit… Und ich will gar nicht politisch werden und, wenn man unseren Ex-Landwirtschaftsminister zitiert, müsste man sich eigentlich schon wieder aufregen. Ha! Will ich aber heute gar nicht. Außerdem vertraue ich ohnehin mehr den Zitaten meiner Oma als denen von Christian Schmidt. Selbst wenn es darin um Obst gehen sollte!
Schließlich hat mir meine Oma beigebracht: „Wer ein Bier holen kann, der kann auch zwei holen!“ Hat mir schon oft geholfen! Könnte ihr gerne mal ausprobieren!
Zurück zur Sache! Frage: Bin ich auch noch ein guter Mensch, wenn ich schlecht über Obst schreibe? Oder ist das heutige Obst überhaupt noch das, was meine Oma damals damit meinte…? Denn sie dachte bestimmt nicht an eine Mango, die vierzig Tage auf einem Schiff mit 10000 anderen Mangos und noch mal 10000 anderen Containern über so viele Weltmeere geschippert wird, bis sie endlich reif ist oder zumindest das, was wir dafür halten. Hmm…?! Zumindest hätte sie mit besagten 40 Tagen wenigstens die Quarantäne eingehalten – und zwar wortwörtlich!
Mal abgesehen davon, dass meine Oma noch Gemüse im Garten hatte, das wie Gemüse schmeckte und nicht bloß so aussah, als hätte es einige Gemüse-Model-Wettbewerbe bei RTL 2 gewonnen. Eine Gesellschaft, die sich Lippen und Titten machen lässt, lässt sich eben auch Tomaten und Radieschen machen. Das geht oberflächlich dann schon manchmal in Ordnung. Früher kam es auch beim Gemüse noch auf die inneren Werte an, nicht nur auf eine verbraucherfreundliche Oberweite, äh, sorry, Oberfläche natürlich! – Tja, jede Generation bekommt das Gemüse, das es verdient.
Eine Aubergine soll nicht glänzen, lächeln, wie ein Flummi vom Boden zurückhüpfen und dabei Lieder singen, sondern in Olivenöl baden und schmecken. Und wer sie nicht rechtzeitig zubereitet, dem soll sie gefälligst wegschimmeln! „Ich hab mir doch da vor drei Monaten eine Aubergine runtergeladen und im 3D-Drucker ausgedruckt. Die muss doch noch gut sein!“ Nein, verdammt, muss sie nicht!
Wir alle wissen, dass die Wahrheit unendlich viele Spielarten hat. Aber was wissen wir schon wirklich und was wissen wir alles nicht, was noch viel wirklicher ist? Und ebenso hat die Geschichte Null Chance gegen die Geschichtsschreiber. Hat meine Oma Elisabeth diesen Spruch nun rausgelassen oder nicht? Spielt ja auch keine Rolle! Im Zweifel für den Angeklagten. Aber in jedem Fall ist folgender Spruch verbrieft. Könnt ihr gleich in euer Poesiealbum kleben: „Die besten Radieschen sind von Oma Lieschen!“ – Die hatten noch Feuer! Heute schmeckt ja alles irgendwie wie Gurke!
Und wenn ihr euch fragt, wird dieser Artikel noch bekloppter? Dann natürlich: Ja. Ich erinnere an den LIDL-Werbeclip, in dem die Frage „Woran erkennt man gutes Obst?“ original mit „Gutes Obst erkennt man an gutem Obst!“ beantwortet wird. Danke, LIDL!
Und hier geht’s zu Grace, meiner Grapefruit.
https://tommiboe.wordpress.com/2015/02/25/uber-grapefruit-und-anderes-gemuse/
März 15, 2015 um 5:46 pm
[…] (dazu: https://tommiboe.wordpress.com/2015/03/03/uber-radieschen-und-anderes-obst/) […]
Juni 2, 2021 um 1:18 pm
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