„tommi boe“
Frau mit Vogel
Frau mit Vogel
(Guatemala 2008)
Gegenüber auf der anderen Straßenseite stand eine Frau und winkte mir mit beiden Armen zu. Eine großangelegte Geste, die mir galt…? Wer war diese Frau? Was wollte sie? – Ich blickte mich sicherheitshalber um. Und, ja, was wollte sie von mir?
Jetzt, da ich sie bemerkt hatte, fuchtelte sie noch ein wenig wilder. Ja, sie meinte eindeutig mich! Ich solle ihr bitte zu ihr kommen, sie brauche meine Hilfe! rief sie auf Englisch, genauer gesagt, sogar ziemlich Amerikanisch.
Eine kleine, dickliche Amerikanerin, allein um Hilfe bittend auf einer guatemaltekischen Straße… Mein Pfadfinderherz war aktiviert. Ich wechselte die Straßenseite. Lächelnd begrüßte sie mich. „Sie müssen mir helfen, mein Vogel sitzt da im Baum!“ – „Ihr Vogel…?!“ – Eine amerikanische Touristin hatte ihren Vogel in einem guatemaltekischen Baum sitzen? „Ja, dort sitzt er! Ich wollte ihn freilassen!“ – „What?!“ Ich hoffte, etwas falsch verstanden zu haben. Aber nein! Sie hatte eine Taube in einem Geschäft gekauft, um sie freizulassen. Mir stand ein großflächiges „Hä?!“ ins Gesicht gemeißelt. War die noch ganz dicht? – Das mache man so! sagte sie belehrend und sah mich ernst an. „Who?“ entgegnete ich. Who um alles in der Welt mache so etwas? – Das sei durchaus üblich so. Sie mache das auf jeder Reise. „Und andere übrigens auch!“ Wie sie noch schnell hinzufügte. – Ja, neh, sicher! Natürlich! Ich sonst ja auch…
Naja, wie auch immer. „Aber dann ist doch alles bestens! Der Vogel sitzt in Freiheit…“ – „Nein, gar nichts ist gut! Der Vogel fliegt nicht. Wir müssen etwas tun!“ – Ihm fliegen beibringen…? schoss mir durch den Kopf. Und wieso überhaupt „wir“? – „Wir müssen ihn wieder einfangen!“ – Aha! Der Sachverhalt war doch ganz klar. Der Vogel konnte nicht richtig fliegen, war also nicht überlebensfähig, der harten guatemaltekischen Wirklichkeit nicht gewachsen. Das ganze gutgemeinte Prinzip des Freilassens funktionierte so natürlich nicht mehr, wenn Freilassen plötzlich Verrecken bedeutete. Das leuchtete ein. Also musste der Vogel eingefangen und zurück in den Vogelladen gebracht werden, wo man sich adäquat und professionell um diesen flugunfähigen Vogel kümmern sollte.
Die Taube selbst saß gleichgültig und bewegungslos auf einem Ast, während um uns herum bereits einige Passanten stehen geblieben waren, die uns, die Frau, mich und den Vogel, beobachteten.
Meine Aufgabe sollte es nun sein, den Vogel zu schnappen. Die Frau selbst war zu klein, zu ungelenk und viel zu aufgeregt dafür. Sie versuchte, den Vogel mittels „Guzzi-guzzi“-Lauten abzulenken, während ich mich aus dem Vogelrücken heraus an den Baum heranpirschte. Und es klappte auch ganz gut – eigentlich. Also fast ganz gut, um es genau zu sagen. Denn der Vogel ließ sich hervorragend ablenken und mir gelang es auch, den Vogel an den Schwanzfedern zu fassen. Allerdings war das flugunfähige Vieh doch agil genug, um sich wieder loszureißen, was mehrere Folgen hatte. Erstens fingen die umstehenden Zuschauer zu kichern an, zweitens verlor die Taube eine Handvoll Schwanzfedern an mich und drittens kassierte ich einen strengen, vorwurfsvollen Blick der amerikanischen Vogelmutter.
Der Vogel hatte sich mit ein paar notdürftigen Flügelschlägen auf einen Nachbarzweig gerettet. „Du solltest ihn fangen und ihm nicht die Federn ausreißen!“ – „Ich hab doch versucht, ihn zu fangen!“ – „Aber doch nicht so!“ – Aha! Wenn sie besser ausgebildet war, bitteschön!
Weitere Passanten blieben stehen. Vor dem zweiten Versuch bekam ich neben Taubenmamas Anweisungen auch noch Ratschläge eines guatemaltekischen Vogelfangexperten. Ich sollte die Taube genau so fangen wie ein Huhn! – Richtig, muchas gracias auch noch mal!
Zweiter Anlauf: Wiederum Guzzi-guzzi und vorsichtiges Anschleichen. Da der zweite Ast ein wenig höher hing, musste ich mich auf Zehenspitzen anpirschen. Das Gekichere der Zuschauer war dieses Mal schon ein bisschen lauter. Der Hühnerfanggriff funktionierte – beinahe. Auch dieses Mal flatterte sich die Taube frei und schaffte es sogar auf ein benachbartes Hausdach. Ein Raunen ging durchs Publikum wie nach einer vergebenen Großchance im Fußballstadion.
Zu meiner eigenen Enttäuschung gesellte sich der vernichtende Blick der Vogelmama, in dem – ohne Übersetzungsverluste – ein international gültiges „Du kannst ja wohl gar nichts!“ mitschwang. – „Immerhin kann die Taube wieder fliegen!“ versuchte ich den zornigen Blick ein wenig aufzuweichen. „La paloma puede volar!“ übersetzte ich noch schnell, um wenigstens das einheimische Publikum auf meine Seite zu ziehen.
„Es sieht nicht so aus, als könne er für sich alleine sorgen!“ stellte die allwissende Vogelmama fest. Ich wähnte mich schon die Fassade hochklettern, als mein Blick auf eine Tüte Vogelfutter fiel, die am Baumstamm lag. „Er muss sich nur ein wenig stärken und erholen. Und dann wird das schon wieder!“
Glücklicherweise sah sie ein, dass uns keine andere Wahl blieb. Sie nahm die Tüte und warf eine Handvoll Futter ungelenk gegen die Hauswand, was zu spontanem Gelächter sowie vergnügtem Händeklatschen führte. Sie warf noch eine Handvoll gegen die Wand und einen wütenden Blick auf die amüsierten Umstehenden. Dann nahm ich ihr die Tüte ab und schleuderte eine Futterration zielgenau aufs Dach direkt neben die Taube. Wenigstens das hatte geklappt!
Ich verabschiedete mich von der Vogelmutter, ihrem Vogel und dem ausgezeichneten Publikum. Sie blieb noch, um ihrem Vogel ein wenig Gesellschaft zu leisten, und ich ging mit dem Gefühl, zumindest den Einheimischen eine gute Show geboten zu haben.
Der Besteck-Nazi
Der Besteck-Nazi
Schon ein paar Wochen vor unserem Klobürstendrama hatten wir mal wieder eine solcher WG-Sitzungen gehabt, in der über gemeinsame Aktionen, Anschaffungen oder natürlich über WG-interne Probleme gesprochen wurde. Meist wurde lediglich zusammen gegessen, Wein getrunken und locker über dies und das geschwätzt. Es sei denn es gab wichtige Themen.
Aber dieses Mal – Manuel sei Dank – hatten wir ein richtiges Thema. Er räusperte sich: „Also, wir brauchen dringend ein Ordnungssystem für das Besteckfach der Spülmaschine!“ – Wow! – Wie hatten wir ohne leben können?! fragte ich mich. – Augenblicklich herrschte absolute Stille in unserer Küche. Kein Kauen, Schmatzen, Schlucken – kein Atemzug! Ein paar Zikaden in der Ferne. Sonst nichts!
Mein Mitbewohner Chris suchte verzweifelt meinen helfenden Blick. Denn wie sollte man adäquat auf so etwas reagieren? Gab es ein Verhaltenshandbuch für solche Situationen? Es gab doch Ratgeber für jeden Scheiß! Gab es bereits einen Ratgeber mit dem Titel: „Wie gehe ich mit meinem Mitbewohner um, der ein Ordnungssystem für das Besteckfach der Spülmaschine braucht“? Oder gab es eine Telefonhotline des psychologischen WG-Beratungsdienstes?
Chris’ Blick fand den meinen und wir prusteten zeitgleich los. Manuels Miene verfinsterte sich. „Ich meine das völlig ernst! Es ist jedes Mal totales Chaos im Besteckfach …!“ Aber weiter kam er nicht. Denn unser Lachen wuchs sich weiter aus und auch Bettina hatte schon schwer mit sich zu kämpfen. – Wer allerdings vermutet, Manuel hätte sich womöglich durch unsere Heiterkeit anstecken oder ablenken lassen und erkannte, wie absurd seine Äußerung auf einen normalen Menschen / WG-Bewohner wirken musste, der kannte Manuel schlecht. Denn jetzt wurde er erst so richtig fuchsig!
„Ja, ist schon klar, dass Ihr Euch über alles lustig macht, wenn man mal einen konstruktiven Verbesserungsvorschlag macht!“ Ich versuchte, gleichmäßig in den Bauch zu atmen, um mich zu beruhigen. – „Wo ist denn überhaupt das Problem?“ fragte Jan schließlich in die Stille. „Wo das Problem ist?! Das kann ich genau sagen!“ Chris hatte inzwischen einen knallroten Kopf und ich hatte ein bisschen Angst um ihn, dass er ersticken könnte, weil er seit geraumer Zeit in eine Brötchentüte atmete. „Ich ordne nämlich das Besteck beim Einräumen in die unterschiedlichen Fächer ein. Die großen Löffel kommen in das eine Fach, die kleinen in ein anderes und so auch die Messer, Gabeln und das sonstige Küchengerät wiederum in ein eigenes Fach!“ – Aha! Mir fehlte noch immer die Handlungs- und Bewusstseinsebene, auf der ich Manuel angemessen begegnen konnte.
Bettina hielt den Austausch am Leben: „Und warum machst du das?“ Ja, genau, das war doch mal eine gute Frage… „Warum?! – Weil ich dann beim Ausräumen alle Löffel, Messer und Gabeln mit einer Handbewegung direkt einsortieren kann!“
„Das hat man davon, wenn man Beamte Kinder machen lässt!“ dachte ich für mich. Jedenfalls dachte ich, dass ich es nur für mich gedacht hatte. Aber aufgrund der versammelten Blicke, die mich trafen, hatte ich es wohl laut genug für alle Beteiligten gedacht. Mit einem lauten Bums platzte die Brötchentüte vor Chris‘ Gesicht.
Dabei lag ich mit meiner Unterstellung vollkommen verkehrt. Denn Manuels Vater war kein Beamter. Er war sogar ein erstaunlich entspannter und lustiger Typ, den ich kurz bei Manuels Einzug kennengelernt hatte. Er entsprach also eher dem Gegenteil des Beamtenklischees und auch des Verhaltens seines Sohnes Manuel. – Aber mit meiner Fehlinterpretation saß ich einfach einem übergeordneten Irrtum auf. Schließlich hatten es die 68er ja schrecklich einfach gehabt. Was waren das für herrliche Bedingungen gewesen! Die gesellschaftlichen Verhältnisse konnten gar nicht geeigneter sein, um mit Krach und Getöse gegen das Spießertum anzugehen. Was war das für eine Vorlage für junge, ambitionierte Steinewerfer. Man muss einfach von einer extrem putschfreundlichen Gesamtsituation sprechen.
Aber wie sollte man sich gegenüber Revolutionären verhalten? Was machte man, wenn die Revolution schon gelutscht und Laios schon ermordet worden war? Die Generation nach der Revolution war dahingehend die tote Generation. Denn alle Brandsätze waren geschmissen, alle Molotowcocktails geraucht und alle Sitzblockaden längst abgesessen. Schließlich konnte man nur stehende Mauern umschubsen! Aber was passierte danach…?
Danach wurde gegen die Rebellion rebelliert! Was blieb unserem armen Manuel anderes übrig? Er sehnte sich nach Disziplin und Ordnung. Das war sein persönlicher Vatermord!
Währenddessen hatten sich die Blicke Chris zugewendet, der sichtlich geschockt auf die Reste seiner geplatzten Brötchentüte starrte. Er zitterte sogar regelrecht. Und dann warf er Manuel einen so finsteren Blick zu, wie ich es noch nie von ihm gesehen hatte: „Du verschissener Besteck-Nazi! Ist dir klar, dass mir deinetwegen fast die Fresse explodiert wäre…?! – Wegen so einem Scheiß!“
Schöner Einwand! So kann man auch mal ganz sauber und sachlich ein überflüssiges Thema beenden!
Apothekenumschau
Apothekenumschau
Es hat mich erwischt! (Nein, ich bin nicht verliebt!)
Einige Tage nachdem Betty, meine Gastmutter, schnaufend durch Haus und Hof gelaufen war, kratzte es an meinen Mandeln und kribbelte es in meiner Nase. Zum einen bin ich froh, dass ich meinen beiden Outdoortage (Canyoning und Gleitschirmfliegen) hinter mir habe, zum anderen habe ich jetzt die Nase richtig voll.
Betty empfiehlt mir ein Medikament, das ich mir nicht verschreibungspflichtig in der Apotheke gleich um die Ecke holen kann. Ich versuche, das Positive in der Sache zu sehen. Da habe ich doch mal wieder einen verbrauchernahen Anlass, mir ein paar unbekannte spanische Vokabeln rauszusuchen. So weiß ich jetzt, das Schleim „flema“ heißt, sich anstecken „contagiarse“ und Popel „loro“. Schön! Das hätte ich sonst nie gelernt!
Das Wort „Pañuelos“ kannte ich schon, hilft mir aber nichts, denn schließlich sind wir in Venezuela, also in einem Land in dem das Klopapier knapp ist und – zumindest leuchtet mir diese Logik ein – damit auch die Taschentücher. Es gibt also keine: akute Zellstoffverknappung! Ich befinde mich in einer Apotheke wohlgemerkt und nicht beim Metzger! Dafür bekomme ich einen Packen Servietten, die zwar nicht so kuschelig weich wie Zewa Softies sind und nicht so viel „flema“ (ihr lernt also auch wichtige spanische Vokabeln) wie Tempos aufnehmen können, aber ich habe ja auch keine verwöhnte Nase, schließlich erledigt den Job zuhause auch die Küchenrolle!
Dann frage ich noch nach „algo para inhalar“, etwas zum Inhalieren, woraufhin mir die Apothekenfachangestellte einen „Inhalador“, einen Inhalator, andrehen möchte. Nein, ich möchte einfach etwas zum Inhalieren haben. Ich kassiere einen ungläubigen Blick, als hätte ich gerade ein Pfund Gehacktes bestellt. Das verstünde sie nicht. Ich könne doch Essig und Salz nehmen… aha! Ach, hatte ich es schon erwähnt, ich war noch immer in der Apotheke. Als Übersprungshandlung kaufe ich eine Tafel Mandelschokolade, die kann ich mir ja später mit Essig und Salz aufkochen… Die Schokoladenauswahl ist hier übrigens ganz ausgezeichnet!
Zurück zu Hause nehme ich meinen ersten Löffel Broxol, schließe die Augen und schmecke Venezuela / Südamerika. Selbst die Medizin ist hier so süß, dass einem die Zähne knirschen! Und auf der Flasche steht „adultos“ drauf, ist also für Erwachsene. Da möchte ich mir gar nicht ausmalen, wie die Kinderversion schmeckt.
Hätte ich das gewusst, hätte ich mir die Schokolade sparen können.
dolar paralelo
Mercado negro – mercado rojo
oder: Was hat die Wirtschaftskrise mit Canyoning zu tun?
„Bolivares Fuertes“ heißt die Währung seit 2008. Mir ist klar, dass man Ironie nicht erklären oder zu deutlich darauf hinweisen soll (wie meine Oma schon sagte: „Bevor du Ironie erklärst, erschieß dich!“). Aber es vielleicht nicht allen klar, dass „fuertes“ stark bedeutet. Und zur venezolanischen Währung fallen mir nur wenige unpassendere Adjektive ein als „fuerte“. Da die Venezolaner gerne Bolos zu ihrer Währung sagen, fände ich „Bolos flojos“ eine angemessene, zugleich selbstironische Bezeichnung (wobei flojo so etwas wie „schwach/schwächlich“ bezeichnet). Aber man soll nicht zu viel Schabernack auf Kosten anderer treiben, zumal tatsächlich sehr viele Venezolaner unter der aktuellen Situation leiden (Inflation von 30-40 %, bei Lebensmitteln noch deutlich höher).
Eine Begleiterscheinung der Schwäche des Bolivars ist, dass ein Run auf alle härteren Währungen besteht, letztlich also auf alle anderen Währungen, mal abgesehen von der Ostmark, deren Bestände aber selbst in Venezuela weitestgehend aufgebraucht sind. Nun gibt es natürlich einen offiziellen Wechselkurs. Der liegt beim Euro bei 1:8,3. Aber bei meinem letzten Wechsel habe ich 1:49 bekommen und mein letzter Touranbieter hat mir angeboten, dass ich meine Tour in Euro für einen Kurs von 1:50 zahlen konnte (auf http://www.dollarparalelovenezuela.com/ nennt sich der Kurs „oficial paralelo“ und dort steht der Euro sogar bei 1:60 – wird täglich aktualisiert – Tendenz steigend!). Das bedeutet, dass für mich gerade alles erschreckend günstig ist. Natürlich ist dieses Tauschen illegal. Aber es praktiziert quasi jeder.
Putzig wird das Ganze in Santa Elena, einer Stadt nahe der brasilianischen Grenze. Da hier so ein großer Grenz- und Devisenverkehr herrscht, hat sich der Staat quasi dem Schwarzmarkt ergeben. Deshalb sieht man die Geldwechsler offen auf der Straße herumlaufen mit ihren typischen Hüftgürteln, in denen batzenweise Bolivares stecken. Damit man sie besser erkennt, tragen sie rote Westen, auf denen eine Nummer sowie ihr Name stehen. Hier wird die Illegalität höchst offiziell verwaltet! Das Geldwechseln bleibt zwar irgendwie verboten, da illegal in Venezuela, aber ähh… naja… hier in Santa Elena machen wir mal eine Ausnahme!
Dieser Schwarzmarktkurs führt dazu, dass ich für meinen Einkauf (siehe Foto: Tomaten, Avokado, Bananen, Aji (kleine süßer Paprika), Physalis (eine kolumbianische Strauchfrucht aus 104% Vitamin C / zu deutsch: Kapstachelbeere, noch nie gehört…) sowie 8 Dosen Polar Pilsen (ich weiß, ich Arsch kaufe Dosen, aber dieses Bier ist leider lecker – selten für venezolanisches Bier – und nur in Dosen erhältlich) und eine etwa säuglingsgroße Papaya) gerade mal 4 € bezahle. Natürlich ist dieser Einkauf nur für mich – schwarzmarktbedingt – billig.
Dieses etablierte Tauschsystem führt dazu, dass letztlich alle Firmen, die etwas mit dem Ausland oder mit Tourismus zu tun haben, selbstverständlich Konten im Ausland haben und anbieten, dass man (also ich) gerne dorthin überweisen kann – in Euro zu Schwarzmarktkurs. Das ist völlig gängig und normal.
Mein extrem seriöses Reisebüro in Mérida verkauft mir einen Flug von Caracas nach El Habana/Cuba und zurück für 3000 Bolivares Fuertes, das entspricht nach offiziellem Kurs 350 Euro. Ich überweise stattdessen wahlweise in die USA, nach Spanien oder natürlich nach Panama (wozu brauchen wir eigentlich noch eine Schweiz?) 62 Euro.
Wie lange das alles hier noch gut oder schlecht geht, lässt sich schwer sagen. Die Propagandamaschine läuft weiter – wenn auch ohne Chavez nicht mehr so rund. Ich durfte heute Zeuge davon auf dem Plaza Bolívar (wo sonst?!) werden. Da war eine Wahlkampfveranstaltung der PSUV (Vereinigte Sozialistische Partei Venezuelas), das Publikum größtenteils hübsch in rot gewandet und da wurde böse gegen die Rechten geschimpft und an die Erfolge Chavez‘ erinnert.
Aktuell wird in Venezuela von einer „guerra económica“ gesprochen, also einem „Wirtschaftskrieg“! Und die Sozialisten geben der Wirtschaft die Schuld für die katastrophale Situation, während sich die Politik ohnmächtig gibt. Aha! In der aktuellen Situation kann man leider kein großes Vertrauen in das wirtschaftliche Geschick der Regierung haben. Das geht hier gerade ziemlich steil den Bach herunter!
Apropos „den Bach herunter“, kommen wir zu etwas Positivem! Morgen mache ich Canyoning und dabei geht’s im Neoprenanzug auch den Bach herunter.
Bächarschmand
Bächarschmand

