„tommi boe“

Kreatives Fahrverhalten

Gepostet am Aktualisiert am

Kreatives Fahrverhalten

Wir Deutschen neigen sicherlich zur Sachlichkeit. Das mag mitunter auch Kreativität verhindern, was wiederum manchmal sehr hilfreich sein kann. Zum Beispiel im Straßenverkehr. Denn hier sorgt kreatives Fahrverhalten nicht unbedingt für Vergnügen aller Beteiligten. Aber hochdosierter und hochemotionaler Egoismus am Steuer ist auch nicht auf das Wohl der Allgemeinheit ausgerichtet.
In Venezuela habe ich den sogenannten „Truco de cuatro lados“, den „Vier-Seiten-Trick“ kennengelernt. Das versetzt wahrscheinlich auch deutsche Stauexperten in Erstaunen. Dabei ist das Prinzip des „Vier-Seiten-Tricks“ ganz einfach einfach: Man nehme eine vierseitige Kreuzung, lässt sich von Grün- und Rotphasen nicht weiter irritieren und fährt von allen Seiten so konsequent in die Kreuzung rein, dass es in keine Richtung mehr aus der Kreuzung rausgeht.
Das klingt erst einmal banal. Aber eine mehrspurige Kreuzung so zuzufahren, dass tatsächlich niemand mehr rauskommt, dafür bedarf es schon eines ordentlichen, konsequenten kollektiven Egoismusses. Denn natürlich strömt ständig Verkehr nach. Es wollen schließlich alle an diesem Spaß teilhaben und außerdem haben sie ein sozialistisches Anrecht und die dazugehörige Ausdauer, sich an jede verfügbare Schlange anzustellen. Und sei es an einer Kreuzung…
Das hundertfache Hupen kommt einem fast wie ein anerkennender Applaus für die gesellschaftliche Gesamtleistung vor. Denn das schafft nicht jeder! – Fahrer, denen irgendwann die Huplust vergeht (auch solche kommen vor), steigen dann auch gerne aus dem Auto aus, um stolz Erinnerungsfotos vom geglückten Verkehrschaos zu schießen. Denn so ein vollkommener „Vier-Seiten-Trick“ gelingt selbst in Venezuela nicht jeden Tag.
Ich sitze in meinem Taxi und bin auch ein bisschen stolz. Nur fehlt mir leider die Abgebrühtheit und das Geschichtsbewusstsein eines Zeitzeugen, um den perfekten Augenblick zu dokumentieren. (Deshalb heute kein Foto für Euch!)

Fundstück – Männeken Piss

Gepostet am Aktualisiert am

DSC03793  Fundstücke in Fernwest – Männeken Piss

Manchmal sprechen ja Bilder für sich. Und manchmal muss man sich für seine Phantasien noch nicht einmal schämen, weil jeder das gleiche sieht!
Was macht ein gutes Foto aus? Gutes Equipment, gutes Licht, gute Belichtung, Talent und Erfahrung des Fotografen… oder einfach: der richtige Blickwinkel. Manchmal ist das Leben einfach zu einfach! Man setzt sich auf eine Parkbank, blickt zur Seite und… Herrlich!

Gringoabsteige

Gepostet am Aktualisiert am

Gringoabsteige

Was ist die erste Frage, die heute ein Reisender (früher hätte ich dazu Backpacker gesagt) fragt, wenn er in ein neues Hostel kommt? Früher, das verrate ich schon mal, war’s: „Gibt’s ein Zimmer? Was kostet ein Zimmer oder ein Bett im Dorm/ Schlafsaal?“ Heute ist es überall: „Gibt’s Wifi?“ Im Ernst! Ich glaub, ich hab ein Generationenproblem! Dass ich Assi ohne gescheites Smartphone unterwegs bin, macht mich schon zum Außenseiter. Wie will ich denn wissen, wer’s geil findet, dass ich gleich zum Strand gehe?
Darf man sich noch „Backpacker“ nennen, wenn man überall in der Welt mit seinen 750 Facebookfreunden vernetzt ist und „geh jetzt zum Strand“ postet, anstatt einfach zum verfickten Strand zu gehen? Und war’s am Strand nur dann gut, wenn mindestens zehn Freunde das Foto von mir am Strand geliked haben. Kann ich es dann rückwirkend als erfolgreichen Tag verbuchen und in der Lebensbilanz abrechnen. Wird mein Erlebnis nicht mehr durch das tatsächliche Erleben zu einem solchen sondern erst durch die postume Würdigung daheimgebliebener Neidhammel. Ein langweiliger Tag am Strand wird durch zehn Klicks zu einem Ereignis upgegradet, zu einem Highlight. Ein bisschen Glanz, ein bisschen Ruhm. Drum like ich jeden Scheiß, um zurückgeliked zu werden. Likest du mich, dann like ich dich. Ich glaub, ich spinne!
Aber eigentlich sollte ich die Fresse halten. Was mache ich denn? Ich bin zwar ständig unterwegs, aber hänge mich dann doch immer ins Netz, zum Bloggen, zum Facebooken usw. Ich versuche, mich damit rauszureden, dass ich meinen Blog als ernstes Schreibprojekt betrachte und ich mir einen gewissen Veröffentlichungszwang auferlegt habe. Also muss ich ja… Aber letztlich bin ich keinen Furz besser! Oder nur einen ganz kleinen!
Aber ich wollte noch was anderes loswerden. Es ist das Phänomen der „Gringoabsteigen“. Das Wort gefällt mir so gut, dass ich hoffe, dass es von mir ist. Dabei handelt es sich um Hostels, die meist von ehemaligen Travellern betrieben werden und genau auf die Bedürfnisse des postmodernen Backpackers ausgerichtet sind. Denn im Gegensatz zu früher wird von vielen Reisenden der Kontakt zur bereisten Außenwelt weitestgehend eingeschränkt. Das klingt erst einmal absurd. Aber das Klientel der Backpacker oder inzwischen Rollkofferreisenden hat sich entschieden geändert. Früher sind Freaks gereist, heute darf jeder nach Mittelamerika!
In besagten Gringo-Hostels wird (fast ausschließlich) englisch gesprochen. Die Leute, die dort arbeiten, sind meist auch Traveller, die für einen, zwei Monate dort jobben. Es gibt einen angenehmen, großzügig gestalteten Aufenthaltsbereich mit Pool, mit cooler Bar und international angesagter Musik, sodass man zum „Party machen“ gar nicht das Hostel verlassen muss. Wenn man doch rausgeht, ziehen meist internationale Horden durch die Straße oder sie nehmen an schlüsselfertigen Tagesausflügen zu den umliegenden Naturschönheiten teil. Alles ist geplant. Alles ist sauber. Alles hat Gringostandard!
So gibt es inzwischen in allen attraktiven Reiseorten typische Gringoabsteigen. Der Lonely Planet führt sie alle zusammen. Das Ärgerliche daran ist, dass in den touristischen Orten besonders die ausländischen (Gringo-) Anbieter das Geschäft an sich gerissen haben. Die Wertschöpfung geht in Gringo-Taschen!
Ich habe in Cartagena mit einem kolumbianischen Hostelbesitzer gesprochen. Als er gehört hat, dass ich meine erste Nacht in einer solchen Gringo-Unterkunft verbracht habe, wurde er ganz neugierig und wollte wissen, was denn nun so speziell dort sei. Gar nicht so leicht zu erklären. „Es un gringo-lugar para los gringos! It’s a gringo-place for gringos!“
Meines Erachtens hat sich das Klientel geändert! Auf den Begriff „Backpacker“ gibt es kein Copyright! Jeder darf sich so nennen, selbst mit einem Rollkoffer, in dem sich neben IPad mit Worldwideflat auch ein vollgepacktes Beautycase samt Glätteisen befinden. Lacht nicht! Ich wäre froh, wenn ich hier aus stilistischen Gründen zur Übertreibung gegriffen hätte. Aber die Wahrheit ist ein gemeines Aas. Denn ich hab’s selbst gesehen und es macht mich traurig! Woran ich natürlich selbst schuld bin – nicht am Glätteisen, sondern daran, dass es mich traurig macht. Soll es mir doch egal sein! Es sollte sie traurig machen.
Auf jeden Fall habe ich am nächsten Tag das Hostel gewechselt! Ob das die Welt verbessert hat…? – Natürlich! Zumindest meine!

DSC03171      DSC03170

 

Gringo-Absteige mit Pool und Bar, incl. Flatscreen, international anerkannter Gutelaunemusik und USA-Fahne.

Fundstücke – Wasserkraft mal anders

Gepostet am Aktualisiert am

Fundstücke in Fernwest – Wasserkraft mal anders

Der Stausee Peñol-Guatapé ist nicht nur einzigartig und wunderschön (sieht aus wie eine Binnenschärenküste), sondern er erzeugt auch mehr als 60% des kolumbianischen Stroms. Gut dafür mussten in den 1970er Jahren ca. 5000 Menschen umgesiedelt werden. Aber es hat sich neben der Stromerzeugung ein riesiges Freizeitgebiet für den Großraum Medellín entwickelt mit Wassersportangeboten und dem wunderschön-kitschig aufgemotzten Städtchen Guatapé. Jedes Wochenende ist hier die Hölle los.
Da stellt sich mir die Frage, bei der aktuellen Kohledebatte in Deutschland, sollten wir nicht vielleicht auch ein paar Dörfer fluten? Wo ist der qualitative Unterschied, ob ein Dorf wegen einem Tagebau verschwindet oder für einen Stausee geflutet wird? Richtig, der Unterschied ist, der Stausee erzeugt danach sein Leben lang saubere Energie und schafft zusätzlich noch Arbeitsplätze im Tourismus.
Aber welche Region, welche Dörfer wird es treffen? Ich sehe da schon ein passendes Formal fürs Privatfernsehen: „DSDSSS – Deutschland sucht den Superstausee!“ oder „Ich bin ein Dorf – flute mich!“ – In einer mehrteiligen Spielshow würden dann Dörfer aus ausgewählten Standorten gegeneinander antreten. Und das Verliererdorf wird dann live geflutet!
Es ist jetzt nicht meine Aufgabe, das Konzept schlüsselfertig abzuliefern. Einige Spielideen habe ich aber schon: Keller auspumpen, Gräber umbetten, Sandsäcke stapeln, Kirchen sprengen und so weiter.
Anstatt einfach stumpf Kohle zu verbrennen, als gäbe es keine Alternativen, finde ich, muss man für die Zukunft unserer Energieversorgung auch mal ein bisschen querdenken. Oder was haltet ihr davon, liebe EnBW-, Vattenfall-, eon-, RWE-Drecksäcke? Wasserkraft, schon mal davon gehört…?

DSC03650 DSC03649

Fundstück – kolumbianische Fahrerverleumdung

Gepostet am Aktualisiert am

Fundstücke in Fernwest – kolumbianische Fahrerverleumdung

In Kolumbien klebt hinten an allen öffentlichen Verkehrsmitteln eine Plakette mit den Worten „Como conduzco?“. „Wie fahre ich?“ wird hier gefragt und dazu eine Telefonnummer einer kostenlosen Hotline, um sich über die Fahrweise des Bus-/ Taxifahrers zu beschweren. Das soll zu vernünftiger Fahrweise erziehen.
Das ist doch auch mal eine hübsche Idee für Deutschland. Jeder kann sich an eine Hotline wenden und andere Fahrer verleumden (am besten direkt mit dem Handy am Steuer!)
Ich könnte mir das gut als schöne, unpopuläre Idee der „Grünen“ im nächsten Bundestagswahlkampf vorstellen, um noch kurz vor Wahl schnell die Umfrageergebnisse zu halbieren. Und Seehofer und Co könnte sich herrlich künstlich aufregen (was ja auf bayrisch immer besonders lustig und besonders künstlich klingt). Das wäre ja wohl noch schöner! Es wäre ja wohl die Entscheidung eines jeden Bürgers, so beschissen und verantwortungslos zu fahren, wie er wolle. Wir bräuchten nicht die Bevormundung dieser grünen besserwisserischen Gutmenschen. Wahrscheinlich dürfte man demnächst beim Drive-In auch nur noch vegetarische Burger bestellen, weil man auf rotes Fleisch besonders aggressiv fahren würde. So wie ich Seehofer wahrnehme, trinkt der schon morgens rotes Fleisch und zwar ausschließlich!
Wie auch immer! Und egal wie unglaubwürdig das Aufregen wäre, es würde funktionieren. Weil irgendwie hat der Seehofer doch recht…! Am Arsch!

DSC03168