Fundstücke in Fernwest
Fundstück – Tuhkakupissa
Fundstücke in Fernwest – Tuhkakupissa
An wie viel Zufall darf man glauben? Und wie nennt man das, was danach kommt?
Genau an dem Schwein, äh, dem Tag, an dem ich dann doch Meerschweinchen esse, wird mir (keine zehn Minuten später!) mein Portemonnaie geklaut. War das die Strafe? Und war sie angemessen?
Im Hostel in Arequipa stehe ich vor dem Regal mit dem Bookexchange und suche nach einem neuen Buch. Am besten etwas in Deutsch oder Englisch. Ein grüner Einband landet in meinen Händen. Er ist von außen nicht beschriftet, die Schutzhülle fehlt. Also schlage ich es auf. Das erste Wort, das mir in den Blick kommt, lautet „Tuhkakupissa“. Und das wo ich gerade erst am Titicacasee war und obwohl ich Nichtraucher bin…! Das kann doch kein Zufall sein!
Ich verlasse das Haus mit leichten Kopfschmerzen, die ich nicht verdient habe. Ich habe nichts getrunken, vielleicht ein bisschen viel vorm Computer gesessen. Die Höhe kann es auch nicht sein. Arequipa liegt nur auf 2300 Metern. Ich finde ein nettes Restaurant und bestelle, bevor mein Blick auf ein Plakat mit Löwenbräu-Werbung fällt. Dazu setzt im Hintergrund „I’d rather be a sparrow than a snail“ mit Panflötenbegleitung ein. Zwei exzellente Gründe für Kopfschmerzen. Aber woher wusste mein Kopf das schon vorher? Und wo sind die Zusammenhänge?
Wollten mich die Inkagötter strafen? Ich hatte gedankenlos das Meerschweinchen verspeist, anstatt es ordnungsgemäß am ersten Freitag des Monats der Pachamama zu opfern.
Hätte ich in der Schule besser im Finnisch-Unterricht aufpassen sollen?
Und forderten mich die Götter des guten Geschmacks auf, mich fern von Löwenbräu und Panflöten-Nervsäcken zu halten? Dabei hatte ich doch gerade das, so weit es mir möglich war, mein Leben lang eingehalten.
Und wenn ja, wo waren die Zusammenhänge?!
Herrlich, was sich mein Gehirn doch für Mühe gibt, um mich vom elenden Warten auf meine neue Kreditkarte abzulenken!
Ach so, für alle, die im Finnisch-Unterricht auch nicht aufgepasst haben: Tuhkakupissa ist keine gängige Beleidigung, der üblicherweise eine Kneipenschlägerei folgt, sondern heißt einfach nur Aschenbecher.
Fundstück – die Meerschweinchentestesserstory 2.0
Fundstücke in Fernwest – die Meerschweinchentestesserstory 2.0
Die Vergangenheit holt einen immer wieder ein! Man könnte auch sagen: Jeder bekommt eine zweite Chance. Beide Sätze sind genau so wahr, wie sie Blödsinn sind. Deshalb benutze ich sie auch so gerne.
Nachdem sich im Dezember in Ecuador mein Meerschweinchenfenster geschlossen hatte, bin ich nun in Peru, wieder in einem Meerschweinchenland. Damit öffnet sich das Fenster wieder, neue Chancen und Herausforderungen tun sich auf. Und Meerschweinchen landen wieder auf Tellern, da wo sie traditionell hingehören. Auch wenn wir verweichlichten mitteleuropäischen Haustierbeschmuser das gerne anders sehen wollen. (siehe Vorgeschichte: https://tommiboe.wordpress.com/tag/meerschweinchentestesser/)
Heute bin ich mit zwei Französinnen zum Essen verabredet, um es genauer zu sagen: zum Meerschweinchenessen. Und nein, es war nicht meine Idee. Aber wer kann zwei entzückenden, caviavoren Französinnen schon einen Korb geben?
Abgesehen vom Nährwert eines Meerschweinchens, es hat mehr Eiweiß und weniger Fett als etwa Ziegen- oder Schweinefleisch, ist auch die international verwirrende Namensgebung des Nagers interessant. In Südamerika heißt das Schwein in Quechua „Cuy“ (sprich: Kui!) nach dem Geräusch, das es macht, also nicht beim Schlachten sondern sonst so. Im Englischen spricht man von „Guinea Pig“, was durchaus die Assoziation erlaubt, es komme aus Guinea. Allerdings stammt die Bezeichnung von der englischen Währung „Guinee“, für die das Schweinchen von Seeleuten einst verkauft wurde. „A Pig for a Guinee!“
Aber auch im Französischen und Italienischen sind die Namen irreführend. Denn sie nennen die Tierchen „Cochon d’Inde“ bzw. „Porcellina d’India“. Die Erklärung dafür ist naheliegend. Vermutlich hatte Marco Polo die Schweinchen aus Indien mitgebracht, aber aus Gründen der Scham verschwiegen, dass er sich auf dem Rückweg großräumig versegelt hatte. Denn Meerschweinchen gab es nicht in Indien sondern nur in Südamerika. Wahrscheinlich hatte ihm beim Navigieren irgendeine Bordschönheit reingequatscht und schwups war er falsch abgebogen. Man kennt das ja!
Die deutsche Bezeichnung ist schon ein bisschen besser, wenn man sich geschickt herausredet und behauptet, Meerschweinchen bedeute, dass es von jenseits des großen Meeres, Atlantik, stamme. Immerhin, so habe ich beim Frühstück in meinem letzten Hostel erfahren, sagen die Japaner auch „Cuy“ dazu. Wahrscheinlich schreiben sie es aber etwas anders…
So und jetzt guten Appetit!


Fundstück – Santa Cruz
Fundstücke in Fernwest – Santa Cruz
Wer sagt, dass die katholische Kirche keinen Spaß versteht (und ich meine hier ausdrücklich keinen perversen Spaß! Und auch nicht die lustigen Momente zu Pfingsten, wenn man während der Prozession direkt hinter dem Weihrauchschwenker herläuft!), der sollte mal zu Santa Cruz nach Peru kommen oder wo auch immer noch das Ganze so gefeiert wird.
Bei unserem Stadtrundgang durch Cusco konnten wir schon einige Prozessionen mit Musik und Tanz beobachten. Vor der Kathedrale San Francisco versammelten sich gleich mehrere „religiös inspirierte Trachtengruppen“. Ihre Prozession war wohl schon beendet und sie hatten ihr geschmücktes Kreuz an die Kathedrale gelehnt. Jetzt galt: Ein bisschen Musik, ein bisschen Tanz und ganz viel Alkohol. Mir wurde auch direkt ein Becher mit Irgendwas in die Hand gedrückt und knapp nach dessen Leerung saßen wir auch schon Arm in Arm mit ein paar Frauen auf den Stufen vor der Kirche und tranken gemeinsam Bier. Hübsch am helllichten Tag auf offener Straße irgendeinen katholischen Feiertag begießen. Na bitte!
Sonntagabend in Aguas Calientes herrschte vor unserem Hotel ordentlicher Trubel. Mit Blasmusik und Trommeln zogen unterschiedliche maskierte Gruppen an uns vorbei in Richtung Plaza de Armas, wo sich das ganze Dorf traf und bei Musik und Tanz ernstzunehmend besoff.
Als wir am Montagmorgen um 4:30 in Aguas Calientes aufbrachen, um nach Machu Picchu hochzulaufen, kamen wir noch mal an der Plaza de Armas vorbei. Noch immer lief Musik und letzte verstrahlte und gestrandete Katholiken-Partysanen torkelten um die Wette. Das nenne ich mal ein seriöses katholisches Besäufnis. Bravo!
Die andere Seite des peruanischen Katholizismus‘ sahen wir schon am nächsten Tag, als wir an der barocken Kirche von Chichero vorbeikamen. Die Kirche, die von außen unspektakulär aussah, bot drinnen aber tolle Wand- und Deckenmalereien und gilt als bedeutendes südamerikanisches Kirchen-Kleinod. Wir waren die letzten Touristen für den Tag und so begann noch während unseres Besuchs die Abendmesse mit gerade einmal vier Personen, von denen einer so heruntergekommen und abgewrackt aussah, dass ich schon dachte, Richard Gere übe für eine neue Rolle. Hab aber nicht um ein Autogramm gebeten!




Fundstücke in Fernwest – Lamaföten
Fundstücke in Fernwest – Lamaföten
Wenn man so ein bisschen durch den Altiplano gereist ist, dann hat man sich daran gewöhnt, dass links und rechts der Piste Lamas herumturnen. Und man freut sich jedes Mal, sie zu sehen. Hübsch, oft im Familienverbund und mit farbigen Stofffetzen im Ohr.
In La Paz habe ich jetzt auch ganz viele Lamas gesehen. Noch ganz kleine! Die hängen hier getrocknet auf dem so genannten Hexenmarkt rum, zum Teil als frisch geschlüpfte und noch mit Eierschalenresten im Fell, zum Teil noch winzigkleine, fellfreie Lamaföten. Der erste mitteleuropäische Gedanke, der einem einschießt, ist: Ohhh süß, ein Plüschlama von Steiff. Aber nein, weit gefehlt! Sie haben keinen Knopf im Ohr und zum Kuscheln sind sie auch nicht!
Aber wofür ist so ein Lamafötus denn nun gut?!
Klar, man kann sie als originellen Duftbaum lässig am Rückspiegel baumeln lassen. Frauen reißt man mit der Masche vermutlich auf keinem Kontinenten der Welt auf.
Ich frage also eine Lamaföten-Fachverkäuferin und sie erklärt mir bereitwillig (und gar nicht so maulfaul wie viele andere Bolivianerinnen), dass Lamas der Pachamama (Mutter Erde) geopfert würden, um sie zu besänftigen. Übrigens besonders zu Monatsanfang und freitags. Muss ich also nächsten Freitag mit der Schlachterschürze vors Haus treten.
Beliebt ist es auch, einen getrockneten Lamafötus unter der Schwelle der Haustür zu vergraben. Das bringt Glück für das neu errichtete Heim. Na bravo! Bei uns macht man das mit der Schwiegermutter. Muss man sich jetzt genau überlegen, was ethisch-moralisch vernünftiger ist.
Aber müssen wir uns immer vom Entweder-Oder tyrannisieren lassen? Nein! Mein Tipp daher: Warum nicht beides?



Fundstück – Panini-Bilder
Fundstücke in Fernwest – Panini-Bilder
Ja, ich geb’s zu: Ich habe nie Panini-Bilder gesammelt. Zwar habe ich als Kind vor den Weltmeisterschaften überdurchschnittlich viel Hanuta und Duplo gegessen. Aber das zählt unter leidenschaftlichen Sammler natürlich gar nichts.
Beim ersten Schlendern durch Cochabamba, Bolivien, fällt mir auf, dass die WM nicht mehr so weit weg sein kann (räumlich wie zeitlich). Überall auf der Straße werden Panini-Bilder und -Alben angeboten. Die bekannten Tütchen, aber auch die noch fehlenden Spieler können direkt gekauft werden. Nun, da mir noch alle Spieler fehlen, hole ich mir doch mal die deutsche Mannschaft. Komplett mit Mannschaftsfoto und DFB-Wimpel für 18 Bolivianos (1,80 €). Dabei scheint Deutschland auf der bolivianischen Straße kein Favorit. Denn zwei Spieler werden für 1,50 Bolivianos angeboten, während man für zwei Spieler von Brasilien, Spanien und Holland schon 2 Bolivianos (0,20 €) berappen muss.
Ergänzend zum deutschen WM-Team finde ich noch die passende Bierdose, mit der ich dann schon mal mit mir auf den vierten Titel anstoße!


