Fundstück – Bankraub
Fundstücke in Fernwest – Bankraub
Ich bin ein anerkennender Fan der deutschen Sprache. Aber das Wort Bankraub wird meines Erachtens völlig widersinnig gebraucht. Und durch diesen Gebrauch wird einem suggeriert, dass es sich um den Normalfall handele, wenn ein Mensch eine Bank beraube. Dabei ist doch genau das Umgekehrte der Normalfall!
Ich durfte gerade gestern Zeuge eines versuchten Bankraubs werden. Und ich war nicht nur Augen-, ich war auch Geldzeuge. Denn es ging um mein Geld.
In zwei Wochen geht meine Reise zur letzten Station, nach Cuba. Und da im Lande der gesetzeskonformen Amerikafeindlichkeit nicht alle Währungen (hier: US$) gleich genehm sind, hatte ich mir vorgenommen, vor meiner Einreise noch europäisches Bargeld zu bunkern. Also führte mich mein Weg, bevor es von Lima weiter in den Norden Perus gehen sollte, noch zu einer Bank. Die erste Bank meiner Wahl konnte/wollte mir aber kein Geld auszahlen. Zur Erinnerung: Ich bin derzeit mit einer „Notfall-Kreditkarte“ ohne Geheimzahl unterwegs. Ich muss also immer am Schalter Geld abheben. Die Bank bestand darauf, neben meinem Reisepass noch einen weiteren Lichtbildausweis zu sehen. Ich wurde an den Jefe de Operaciones verwiesen. Ich erklärte ihm, dass ich gar keinen weiteren Ausweis habe, da mir meine Geldbörse gestohlen worden sei. Nun, mein Pech, so seien nun mal die Richtlinien der Bank, es sei ja schließlich zu meiner Sicherheit, er könne mir da nicht weiterhelfen. Aha, gut zu wissen, dass ich zu meiner eigenen Sicherheit kein Geld bekam! Das beruhigte mich natürlich sofort.
Ich war aber nicht wirklich beunruhigt. Denn ich befand mich in der Bankenstraße. Außerdem hatte ich schon zuvor Geld mit meiner Notfall-Karte abheben können. Und schon bei der nächsten Bank, der BCP, sollte ich Erfolg haben. Es dauerte eine ganze Zeit, da Telefonate geführt werden mussten. Vermutlich zu meiner Sicherheit. Aber dann: Die Frau am Schalter zählte mir dreimal die 1500 peruanischen Soles vor, die ich ihr ungezählt zurückgab. Schließlich wollte ich Euro haben. Sie nahm die Scheine und zählte sie, logisch, noch einmal. Allerdings würde man erst Dollar eintauschen und dann von Dollar nach Euro tauschen. Mir wuchs ein Fragezeichen. Warum? fragte ich. Das ergebe doch überhaupt keinen Sinn. Da könne sie nichts machen, das sei so Bankpolitik. Also an einer Transaktion zweimal Wechselgebühren kassieren? Das sei Bankpolitik? In meinen Augen handele es sich dabei um Bankraub! So recht mit meiner Kritik umzugehen, wusste die Dame nicht. Sie schaute sich hilfesuchend zu ihren Kollegen um. Sicher, es war nicht die persönliche Schuld einer kleinen Bankangestellten und nicht sie persönlich versuchte, mich hier zu berauben. Aber man wird sich doch mal aufregen dürfen, wenn man über den Tisch gezogen wird. Sollen das die anderen doch auch mitbekommen! Mir kam das ein bisschen so vor, als würde man einen Text bei Google-Translator eingeben und mal über zwei verschiedene Sprachen schicken und dann zurück nach deutsch. Da bleibt nämlich auch wenig vom Original übrig!
Ich erkundigte mich, wie viel Euro ich denn bekommen würde. Na ja, sie müsse halt erst schauen, wie viel Dollar das seien, um dann… Wollte die mich jetzt auch noch für blöd verkaufen…?! JA!!! Das Prinzip habe ich verstanden! Deswegen würde ich mich ja so aufregen! Also, wie viel…?! – Während sie mir ausrechnete, dass ich für die 1500 Soles 365 EUR bekäme, holte ich mein Handy raus, um mir den Wechselkurs selbst auszurechnen. So einigermaßen kannte ich den Kurs und wollte doch mal wissen, wie sehr ich hier verarscht werden sollte. Das entsprach einem Wechselkurs von 1€ zu 4,1 Soles. Wow! Ich hatte so etwas wie 1 zu 3,7 in Erinnerung. Das wären 40 € mehr gewesen. Mein Lachen war laut genug, dass ALLE in der Schalterhalle zu uns blickten, einschließlich der bewaffneten Sicherheitskräfte. Upsi, gute Akustik!
Ich nahm mein Geld und verließ kopfschüttelnd die Bank. In der gleichen Straße hatte ich Wechselstuben gesehen. Mal schauen, was ich dort für mein Geld bekam. Und in der Tat bekam ich für meine 1500 Soles hier 394 €, was ungefähr 8% mehr als in der Bank war. Zu Hause überprüfte ich aus Interesse mal, wie denn der Wechselkurs beim letzten Abheben mit der Kreditkarte gewesen war, und stellte fest, dass die Wechselstube den genau gleichen Kurs berechnet hatte.
Schweinebanken! Und im Übrigen ist, meines Erachtens, auch die Berufsbezeichnung Bankräuber ziemlich irreführend…!