Auf einem Viehtransporter durch die chilenischen Fjorde
Auf einem Viehtransporter durch die chilenischen Fjorde
Für alle Freunde der Reiseübelkeit!
Der Gemeinschaftsraum/ Essensaal ist fast leer. Gerade mal sieben Personen sind da. Nett. Bisher war der Raum immer überfüllt und irgendein sehr lauter Horrorfilm lief. Das steht bei betrunkenen chilenischen Truckern, die weitestgehend für die Filmauswahl verantwortlich sind, neben Fast&Furious 1-8 gerade sehr hoch im Kurs.
Grund für den leeren Raum ist der Golfo de Penas, den wir während unserer Fahrt von Puerto Natales nach Puerto Montt gerade queren. Zwischen zwölf und 15 Stunden Fahrt auf ziemlich offenem Meer (Pazifik) sind damit verbunden. Während der bisherigen Fahrt durch die Fjorde ist der von „Navimag“ als Fähre getarnte Viehtransporter nur gemütlich hin und her geschaukelt. Aber jetzt sind wir echten Pazifikwellen ausgesetzt. Auch die Moral beim Essen ist abends recht bescheiden. Nachmittags, am Beginn des Golfo de Penas, der mehr als nur zufälliger Weise „Golf der Schmerzen“ heißt, war die Stimmung noch gelöst und es wurde das beliebte Gesellschaftsspiel Whalespotting gespielt.
Aber auch andere bedeutende Fragen werden diskutiert. Zum Beispiel: Werden Kühe auch seekrank? Das werde ich nachher mal auf der Ladefläche überprüfen. Richtig gelesen: auf unserer Fancy Ferry sind auch 6-8 LKW-Anhänger mit Rindern unterwegs. Was man zum Ende der Reise auch auf dem Oberdeck noch deutlich riechen kann!
Stimmt es eigentlich, dass Kühe im Wasser volllaufen und ertrinken, weil sie keinen Schließmuskel haben? – Keine Ahnung!
Zumindest können wir uns an Bord darauf einigen, dass Pferde nicht kotzen können. Erklärt sich so der Spruch, den ich von meinem Vater gelernt habe: „Ich habe schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen!“ Was also ein extrem seltenes Ereignis beschreibt, nämlich Pferde, die kotzen, und Pferde, die vor Apotheken stehen, vor denen bekanntlich schon zu Zeiten des regen Kutschverkehrs ein absolutes Halteverbot herrschte.
Zurück zu den Kühen! Hasen sind bekanntlich Mümmler, sie mümmeln den ganzen Tag vor sich hin. Aber sind sie deshalb auch Wiederkäuer? Und können Hasen kotzen? Irgendjemand wirft ein, Hasen würden ihre Vortagsköttel fressen, um sie noch mal verdauen können. Leckere Idee, aber hilft uns das weiter? Außerdem sind, meiner Ansicht nach, Hasen viel zu klein für vier Mägen. Andererseits war Alf, der Außerirdische, auch nur unwesentlich größer als ein Hase und hatte, glaube ich, acht Mägen!
Das Schöne an diesen Gedankenspielen ist, dass wir nichts von unserem Halbwissen und Spekulationen überprüfen können. Es ist richtiggehend beruhigend, mal auf das allwissende Internet verzichten müssen zu dürfen. Auch die sonst allgegenwärtigen leuchtenden, piependen, Kommunikation vernichtenden Smartphones halten endlich mal die Fresse. Herrlich!
Und irgendwie auch schön, die ganzen Fragen einfach mal unbeantwortet für sich stehen zu lassen.
(Hier noch mehr Seemannsgarn vom Viehtransporter)


Dieser Beitrag wurde in chile, patagonien, philosophisches, reiseberichte veröffentlicht und mit "tommi boe", chile, Fancy Ferry, golfo de penas, Internetverzicht, Marienerscheinung, mümmler, navimag, Pazifikwellen, Pferde vor der Apotheke, Puerto Montt, tommiboe, Viehtransporter, Vortagsköttel, Whalespotting getaggt.
März 27, 2014 um 8:52 pm
[…] verzweifelt blökten. Aber niemand putzte ihre Toilette. (Was sonst auf der Fahrt passierte, siehe: https://tommiboe.wordpress.com/2014/03/23/auf-einem-viehtransporter-durch-die-chilenischen-fjorde/)Und wenn man sich überlegt, wie öde das früher erst auf Booten gewesen sein musste und wie lange […]
April 25, 2021 um 9:29 am
[…] meinem Erlebnis mit einer der Kapitänsgehilfinnen von der Brücke. Wir schipperten zwar auf einem Viehtransporter durch die südchilenische Fjordwelt, aber immerhin durften wir auf die Brücke. Von dort konnten wir im Golfo de Penas Wale beobachten. […]