Evo Morales
Cochabamba
Cochabamba
Cochabamba…, Cochabamba…? Da war doch was? Richtig!
Cochabamba ist nicht deshalb ein Begriff, weil es die drittgrößte Stadt Boliviens ist oder weil es nett und entspannt ist, eine große Universität hat und in einem sehr angenehmen Klima liegt. Cochabamba ist zum Symbol für den Widerstand geworden, als die Wasserversorgung im Januar 2000 privatisiert wurde. Das geschah auf Druck der Drecks-Weltbank mit Zustimmung der damaligen Regierung Banzer. Verkauft wurden sämtliche Wasserrechte an den US-amerikanischen Konzern Bechtel. Die Folge war, dass die Wassertarife um 300% erhöht wurden. Für die Armen bedeutete das, dass sie etwa ein Viertel ihres Geldes für Wasser ausgeben sollten.
Was dann geschah, zeigt eindrucksvoll, wie eine Bevölkerung das Schicksal in die eigenen Hände nehmen und etwas bewirken kann. Ein wochenlanger Protest seitens der vereinten Cochabambinos, auch Wasserkrieg genannt, führte letztlich dazu, dass sich der Bechtel-Konzern wieder aus Bolivien verpisste.
An dieser Widerstandsbewegung war im Übrigen auch ein gewisser Evo Morales beteiligt, der fünf Jahre später erster indigener Präsident Boliviens wurde.
Weit weg das Ganze? Mitnichten! Wir bekommen in den letzten Jahren ja auch in Europa zu spüren, wohin die Reise geht. Da wird verschuldeten Ländern „vorgeschrieben“ staatliche Betriebe, so auch die Wasserversorgung, zu privatisieren. Die Folgen sind IMMER die gleichen: steigende Preise bei schlechterer Wasserqualität und verrotteten Wasserleitungen. Auch auf die Gefahr mich zu wiederholen: DAS PASSIERT IMMER!
Trotz allem strickte die EU-Kommission jahrelang weitestgehend hinter verschlossenen Türen an der Liberalisierung des Wassermarktes, womit letztlich Wasser zur Ware wird. Und milliardenschwere Konzerne stehen bereit. Denn die wissen, dass hier das nächste Milliardengeschäft wartet. Putziger Weise berieten Lobbyisten dieser Konzerne die EU-Kommission! Na, mit welchem Resultat wohl…?! – Zum Glück konnte vorerst (!) Schlimmeres gestoppt werden, dank knapp zwei Millionen Unterschriften der Netzinitiative „Wasser ist ein Menschenrecht“. Aber zurücklehnen sollten wir uns nicht mit diesem Teilerfolg. Zu groß ist der Einfluss von Nestlé und Co und zu groß das verlockende Geschäft mit dem Wasser, als dass diese Konzerne Ruhe geben würden.
Die EU-Kommission rechtfertigt den Vorstoß bei den öffentlichen Vergaben übrigens mit der derzeitigen wirtschaftlichen Situation Europas. So heißt es: „Um in Zeiten der Krise den Binnenmarkt zu optimieren“, sollen mehr private Unternehmen auf öffentlich finanzierter Infrastruktur Gewinne einfahren können.“ Ich lach mich kaputt. Da muss man erst mal drauf kommen! Wer kann denn bei gesundem Verstand so argumentieren…? Ach, ja, mein Fehler: „Common sense is not so common!“ (Voltaire). Zumal wenn europäische neoliberale Bürokraten-Arschgeigen am Wirken sind, die sich von den Konzernen beraten lassen.
Darf man eigentlich auch neoliberalistisch sagen, damit das als negative Steigerung von neoliberal rüberkommt? So wie man das mit sozial und sozialistisch macht.
Ach, was rege ich mich schon wieder auf! Herrlich!
Kleine Video-Empfehlung. Nichts Neues, aber sehr interessant! 1. Link über Cochabamba, 2. Link über die europäische Machenschaften:
http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2012/1213/wasser.php5
Zwischen den Welten
Zwischen den Welten
Zwischen den Welten! So fühle ich mich wieder, seit ich in Bolivien bin. Das meine ich weder positiv noch negativ. Aber nach den letzten Monaten in doch relativ gut entwickelten Ländern, ist die Umstellung in Bolivien riesig: auf der einen Seite das touristische Leben mit entsprechenden Ansprüchen und Angeboten und auf der anderen die spürbare Armut, durch die man mit dem Fotoapparat spaziert, als wäre es ein Erlebnispark.
In Chile, Argentinien und auch in Uruguay und Brasilien traf ich immer wieder auf einheimische Touristen, die die Highlights ihres Landes besuchten. Das fehlt in Bolivien komplett. Tourismus bedeutet hier internationaler Tourismus!
Gestern bin ich zum Mirador Recoleta gelaufen, von wo es die beste Aussicht auf Sucre geben soll. Dort befindet sich eine alte Kirche, davor ein Platz mit einem kleinen Markt, auf dem sich viele Indios befanden und, man muss schon sagen, auch etliche lagen dort herum. Viele von ihnen in Trachten. Auch das natürlich ein großer Unterschied zu den zuvor bereisten Ländern. Bolivien ist das Land Südamerikas mit der deutlich höchsten Indio-Dichte. Weder die europäischen Besatzer oder ihnen folgende Einwanderer noch afrikanische Einflüsse haben sich in der bolivianischen Bevölkerung nachhaltig eingemischt. Zwar versuchten die Spanier, wie auch in anderen Regionen, afrikanische Sklaven einzusetzen und auszunutzen. Allerdings kamen diese mit der Mischung aus körperlicher Ausbeutung und extremen Höhenbedingungen überhaupt nicht zurecht (z.B. in Potosí im Silberbergbau) und starben ihrer Ausbeutern einfach weg.
Auf der anderen Seite des Platzes (quasi nur durch eine Mauer getrennt) befindet sich mit Blick auf die Stadt das „Café Gourmet Mirador“. Der Name ist Programm! Dort residieren die internationalen Touristen – so auch ich. Denn unsere Vorstellung von „mal gemütlich einen schönen Kaffee trinken“ existiert in Bolivien einfach nicht. Punkt! Gemütlich Kaffee trinken ist Touristensache. Und schon ist man auf seinem vorgesehenen Platz! Kaffee mit Milchschaum dazu internationale Essenkarte… Die Preise sorgen dafür, dass Gringos und Artverwandte reinrassig ihre Aussicht genießen können. Da hilft es auch nicht, dass sich seit Beginn der Präsidentschaft von Evo Morales, seit acht Jahren also, die Durchschnittslöhne um 175% gesteigert haben.
Natürlich hätte ich mich auch oben auf den Platz vor die Kirche fläzen können. Vielleicht hätte ich sogar eine nette Unterhaltung geführt und ein paar Worte Quechua gelernt. Ging es nicht darum beim Reisen…? Aber…! Tja, hier ist der Unterschied zwischen den Welten so hart zu spüren, dass er Beklemmungen auslöst. Zu hart! Also bleiben wir (und ich) bequem auf „unserer“ Seite der Mauer. Der einzige Begegnungspunkt zwischen den Kulturen bleibt, wenn hin und wieder, bei ungünstigem Wind, ein Hauch von Urin (in der Bandstärke von Hundert Pumas) von der anderen Seite herüber zieht. Denn die andere Seite der Mauer dient dort als kostenloses Urinal.
Dann taucht auch noch eine verkleidete Kapelle auf, um für ein bisschen Kulturaustausch zu sorgen. Das mag der Bildungsbürger natürlich gerne. Hach, Kultur! Herrlich! klatscht er in die Hände und bewirft anschließend die Indios noch hübsch mit Indianergeld und darf sich auch noch gönnerhaft fühlen! Meiner Ansicht nach ist das völlig überbewertet und die kulturrevolutionäre Panflöte kann sich gerne selber einen blasen und mich solange in Ruhe lassen. Der Bildungsbürger ruft mir „Pfui! Interkulturelle Intoleranz!“ entgegen. Und wenn schon! Panflöten sind fast so große Nervtöter wie Dudelsäcke und Jürgen Drews. Das hat doch nichts mit Intoleranz zu tun, wenn mir das weh tut! Wenn Panflötisten und Dudelsackgänger (ja, und auch Jürgen Drews!) selber auch nur einen Funken Resttoleranz vor ihrer Umwelt hätten, würden sie ihr Tun einfach lassen!
Was wollte ich noch mal sagen? Ach, auch egal…! Frohe Ostern weiterhin!