Monat: Dezember 2025

Wo ist das Spiel? oder: der etwas ausgefallene Spielbericht

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Gerade erst hatte ich die Bestätigungsmail erhalten: Ich bin jetzt offizieller 11freunde-Auslandskorrespondent. Denn die Story von meinem Stadionbesuch beim Hai Phong FC erscheint in der Rubrik „Auswärtsspiel“ in der aktuellen 11freunde-Printausgabe. Yeah!
Und schon steht mein nächstes Auswärtsspiel an, das ich heute in Pakse, im Süden von Laos, im Champasak Stadium sehen werde! Ich habe extra meine Weiterreise nach Kambodscha um einen Tag verschoben, damit ich das Spiel am Sonntagnachmittag noch sehen kann.
Endlich wieder Matchday! Die Vorfreude steigt. Ich fahre artgerecht mit dem Tuktuk vors Stadium und bin dort alleine! Und mit alleine vor dem Stadium ist hier gemeint: Außer mir ist hier niemand und das obwohl das Stadion mitten in der Stadt liegt! Die Lage ist so aussichtslos und deutlich, dass selbst ein Naivling wie ich erkennen muss: Hier findet heute definitiv kein Spiel statt. Trotzdem kann ich ins Stadion gehen und mich davon überzeugen, dass sich auch IM Stadion niemand befindet. ich schlendere ums Stadion und dahinter befindet sich eine weitere, überdachte Sportanlage, auf der sich Leute befinden. Ich schaue mir das mal näher an und erkenne, dass dort Boule gespielt wird. Neben dran Tische, darauf Bierflaschen. Ich fühle mich willkommen, setze mich, bestelle mir eine kalte Flasche Beerlao und schau mir dann doch noch mein Auswärtsspiel an, das auf erstaunlich hohem Niveau ist…

Aufbereitung: Wie konnte es dazu kommen?
Ich hatte schon vor einigen Wochen nach einem möglichen Fußballspiel in Laos geschaut und als es dann klar war, dass ich an/ um dieses Wochenende in Pakse sein würde, hatte ich die Recherche noch einmal konkretisiert. Und mir wurde dieses Spiel vom Champasak Avenir FC bestätigt, auch dank der Mittäterschaft von chatgpt – nennen wir den Schurken/ Versager doch mit Klarnamen. Denn hier handelt es sich um mehr als nur einen vagen Anfangsverdacht. Mir liegt die belastende Korrespondenz vor und dieser Skandal soll hier in aller schonungslosen Offenheit dargelegt werden. Herr Boe heute als Enthüllungsjournalist:
Nachfrage, Sonntagmorgen, Matchday:

Chatgpt ist sich offensichtlich noch keiner Schuld bewusst. Die Seite, „die ich früher gesehen habe“, war die Info von Chatgpt selbst!!

Investigative Nachfrage von Herrn Boe:

Bla Bla Bla! Mit heißer Luft kenne ich mich aus. Habe ich selber schon genügend davon produziert… Das Blöde ist eigentlich der Erkenntnisprozess. Ich kann dieser unfähigen KI ja gar nicht böse sein, sondern nur mir selbst. Denn letztendlich bin ich ja der Depp, der sich nicht ausreichend informiert hat und sich in einer Vereinigung aus Naivität, Faulheit und ungerechtfertigtem Vertrauen von einer fehlerhaften Technologie leiten und in die Irre bzw. vors leere Stadion führen lässt. Na, bravo, Herr Boe. Auf diese Erkenntnis hätte ich auch verzichten können!

Hunde!

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Ich knattere vor mich hin. Rechts am Horizont die vagen Umrisse eines liegenden Hundes. Keine schlafende Hunde wecken! denke ich mir. Ich nähere mich, der Hund erhebt sich sehr langsam. Ich sehe, wie sich sein Maul in Zeitlupe zu einem mächtigen, genussvollen Gähnen öffnet. Ich, empathisch, gähne mit und nähere mich weiter, bereits mit gedrosseltem Tempo. Denn ich weiß, die gefährlichsten Tiere der Landstraße sind die Hunde.
Wie um diese These zu beweisen, dreht sich der Hund um und läuft langsam genau vor mir auf die Straße. Es ist nicht so, dass ich Hunde besonders mag, ich mag sie aber auch nicht überfahren. Hunde sind so unglaublich unberechenbar und dumm wie kein anderes Tier am Straßenrand (südamerikanische Ausnahme: der Lemmingvogel). Wirklich überraschend, wie wenig tote Hunde am Straßenrand liegen. Die geringe Zahl wird ihrem verkehrsblinden Verhalten nämlich überhaupt nicht gerecht. Man muss es einfach mal sagen: Es wird sehr für Hunde gebremst!
Aber was gibt es noch Gefährliches am Straßenrand? Ganz weit oben steht der Wasserbüffel. Er ist der Boss der Landstraße. Mit ihm legt sich niemand an. Ein ausgewachsener Wasserbüffel kann 1000 kg schwer werden. Andererseits kommt es selten zu gefährlichen Begegnungen, da sie selten aus dem Nichts plötzlich auf die Straße springen und sich alle Verkehrsteilnehmer intuitiv an die wichtigsten Regeln halten. 1. wenn ein Büffel am Straßenrand geht, fahr dran vorbei; 2. wenn er über die Straße geht, fahre langsam und lass ihn rüber; 3. wenn er auf der Straße geht, halte an und lass ihn entscheiden, was als nächstes passiert. Befinden sich hingegen mehrere Büffel auf der Straße, kann sich die Weiterfahrt auch schon mal etwas länger verzögern. Die Deutsche Bahn würde sagen: es befinden sich Tiere auf den Gleisen!
Ansonsten noch ein paar zusammenfassende Tipps: Ausschau nach dem Muttertier halten! Sollten sich Tiere an beiden Straßenrändern befinden, tendieren die Kinder dazu, über die Straße zum Muttertier zu rennen, egal wie dumm oder tödlich diese Idee im Einzelfall auch sein mag. Der moderne Straßenverkehr hat sich offenbar noch in die DNA eingemendelt.
Menschenkinder am Straßenrand hingegen verhalten sich ausgesprochen vernünftig und freundlich. Es darf viel gewunken und zurückgewunken und „Hello!“ und „Sabaidee!“ gerufen werden. Sehr süß! Aber auch das wächst sich raus!
Zurück zu den Tieren. Einen außerordentlichen Warnhinweis habe ich noch bekommen: Das Schild „Achtung Elefanten!“ Aber zu dieser Gefährdungslage ist dann leider/ zum Glück (kreuze an!) nicht gekommen. Und so bleiben die Hunde die gefährlichste Mischlingsbande der Landstraße!

Der innere Mekong

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Nach nur 15 Minuten Blick auf den Mekong erscheint der Dreckstag in einem ganz anderen Licht. Okay, alleine die Abendstimmung taucht den Tag, wie Hobbyfotographen und ich wissen, in ein anderes Licht. Aber der Mekong kann viel mehr als das!
Ich bin den dritten Tag auf dem Scooter unterwegs und habe mich entschieden, heute nicht nur nach Pakse zurück, sondern noch ein Stück weiter bis nach Champasak zu fahren. Auf Empfehlung von Yves, ein Franzose, der mit seiner laotischen Frau nicht nur einen Motorradverleih betreibt, sondern jeden Abend um 8 pm. Tourist:innen zum Pakse(auch Bolaven Plateau)-Loop sehr gut und ausführlich informiert. – Yves: Bubpha Mekong Guesthouse, ruhig, wunderschön direkt am Mekong gelegen, nette Gastgeberin; ich daraufhin: Okay, nichts wie hin!
Dadurch wird meine heutige Etappe allerdings deutlich länger. Da die Straßen weitestgehend in gutem Zustand sind, komme ich gut voran, wundere mich allerdings, warum mir GoogleMaps eine so späte Ankunftszeit prognostiziert. Das Wundern wird mir allerdings vergehen! Google weiß mal wieder mehr als ich! Die letzten 18 km sind schlimme, rauchige Dirt Road und die letzten fünf davon eine einzige Vollkatastrophe. In Schrittgeschwindigkeit holpern, hoppeln und hopsen mein treues Känguru und ich fluchend durch den Sonnenuntergang, den ich mir gedanklich als Belohnung für den Mekong aufgehoben hatte. Daraus wird leider nichts! Verfickter erbärmlicher Drecksweg, elendiger, verkackter!
Aber dann bin ich da! Einatmen – ausatmen! – Und ich setze mich an den mächtigen, trägen, friedlichen Mekong, der auf einer Breite von mehr als einem Kilometer unaufhörlich unfassbare Wassermassen von links nach rechts an mir vorüber schiebt und mich nach und nach beruhigt und meinen angesammelten Ärger und die negativen Energien einfach mit sich nimmt und fortträgt… Da sitze ich nun und lächele friedlich über die Einfachheit des Lebens, über mich und meine unnötige, übertriebene Aufgeregtheit, über das Wunder des beeindruckenden Mekongs und wie ein gerade eben noch viel zu aufgeregter und emotionalisierter Herr Boe seinem inneren Mekong ein kleines Stückchen näher kommt.

Nachschlag: Zur Verteidigung des Bubpha Mekong Hostels (es war in der Tat fantastisch, großartig und toll, vielen Dank!) muss ich noch erwähnen, dass für meine Odyssee letztlich (natürlich) GoogleMaps verantwortlich ist, da es einen nicht nur deutlich besseren, sondern auch wesentlich kürzeren Weg gegeben hätte, den ich prima mit dem Scooter hätte fahren können. Aber, was soll ich sagen, ich ärgere mich gar nicht darüber. Dann so habe ich mir den Weg eben für die Rückfahrt gespart! – Im Augenwinkel sehe ich, wie mir der Mekong schelmisch und auch ein bisschen stolz zuzwinkert. Ich zwinkere lächelnd zurück.

Die Drecksbahn – jetzt auch in Laos

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Nachdem ich mich in Luang Prabang schon freiwillig von einigen Gepäckstücken getrennt hatte (minimize yourself!), ist mein Gepäck an der Vang Vieng-Railway Station nun um ein weiteres Stück erleichtert worden. Die Formulierung lässt schon vermuten: dieses Mal höchst unfreiwillig!
Ich reise zum zweiten Mal mit der Laos-China-Railway und zwar von Vang Vieng in die Hauptstadt nach Vientiane. Vor knapp fünf Jahren wurde die Bahnstrecke von Kumming, China, nach Vientiane eröffnet. Dies hat das Reisen in Laos komplett verändert. So dauert die Fahrt von Luang Prabang nach Vientiane knapp zwei Stunden, mit dem Bus sind es fünf bis acht Stunden. Eigentümer der LCR sind zu 70% China und 30% Laos. Die Baukosten betrugen 6 Mrd. US$, mit anderen Worten 0,5 mal Stuttgart21. Neben der touristischen Erschließung (2024 kamen bereits 2,3 Millionen Menschen nach Luang Prabang, inzwischen die größte Gruppe aus China) ist diese Bahnstrecke von großem geopolitischen Interesse für China, das seine Einflusssphäre mit Erfolg kontinuierlich ausweitet. Auch andere Infrastrukturprojekte in Laos werden von China (mit-) finanziert. Auch für Laos, mit einer Bevölkerung von gerade mal 7,5 Millionen und einer sehr schwachen Wirtschaft, lohnt sich diese Partnerschaft, wenngleich sich die Abhängigkeit vom übergroßen China auch als riskant erweisen könnte. Allein die wachsenden Touristenzahlen aus China lassen aber auf einen wirtschaftlichen Aufschwung Laos‘ hoffen.
Der Bahnhof ist schon speziell. Auffallend die neue große Eingangshalle, alles ist super sauber und es gibt wahnsinnig viel Personal in schicken Uniformen. Zudem Sicherheitskontrollen wie am Flughafen. Und tatsächlich meinen die das ernst, wie ich bei meiner zweiten Fahrt erfahren darf. Mein Rucksack wird rausgenommen und ich werde gefragt, ob ich ein Messer dabei habe: „Moi? Ein Messer? Nicht doch!“ Aber Dummstellen hilft wenig. Genauer gesagt habe ich kein Messer, sondern einen Dolch dabei. Beim ersten Check in Luang Prabang war das noch keinem aufgefallen. Jetzt schon! Mir wird klargemacht, dass ich das Messer nicht mit an Bord nehmen darf (aus Gründen!). Die verantwortliche Frau ist unmissverständlich und noch sehr unfreundlich dazu. Ich könne ja jederzeit mit dem Bus nach Vientiane fahren, aber nicht mit dem Zug und mit ihr schon mal gar nicht. Sie nimmer das Messer weg und legt es zur Seite. „Moment!“ ich nehme es mir zurück. Ich möchte erst mal mit meinem (inneren) Anwalt sprechen. Scheißendreck! Es war ein sehr schöner, sehr scharfer und ausgesprochen tödlicher Dolch. Jetzt nicht auf dumme Ideen kommen, denke ich, während ich meine fiese Gegenspielerin grimmig anstarre. Wenn Blicke töten könnte, bräuchte man keine Dolche. Aber auch dieser Gedanke hilft nicht weiter… Ich schaue traurig auf meinen Dolch und mag der unsympathischen prinzipientreuen Frau nicht den totalen Triumpf gönnen. Ich schaue mir das übrige herumstehende Personal an und picke mir einen jungen, sympathisch wirkenden Mann heraus. „You are a nice person!“ beginne ich und dann schenke ich ihm den Dolch und betone, dass er ihn nicht abgeben soll, besonders nicht der unsympathischen Frau. Dann drehe ich mich um (ein Tränchen im Auge) und fahre in atemberaubender Geschwindigkeit mit der Laos China Railway nach Vientiane. Ciao Dolchi…!

Gutes Tun

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„Gutes Tun fällt gar nicht schnell, zu Hause und im Kreisverkehr“! Wer einen Ohrwurm braucht, höre sich von Fanny van Dannen „Gutes Tun“ an.
Mich erreicht die Nachricht meiner Teilzeitreisebegleiterin V. in Luang Prabang (wir haben in Muang Ngoy und Nong Khiaw ein paar Wanderungen gemeinsam gemacht). Ihr Freund M., mit dem sie gerade unterwegs ist, hat ein Problem. Er hatte beim Scooter-Ausleihen seinen Ausweis als Kaution hinterlegt und ihn dort bei der Rückgabe des Scooters vergessen. Inzwischen sind die beiden allerdings nach Vang Vieng weitergereist. Dorthin will ich morgen ebenfalls. Mein innerer Pfadfinder erwacht und bietet meine Hilfe an, natürlich.
Am nächsten Morgen gehe ich zum Scooter-Verleih. Es ist ein Verleih, wie man ihn sich als Mitteleuropäer:in so vorstellt. Neben Scootern gibt es hier noch Fruchtsäfte und frische Eier im Nebenerwerb. Diversifikation ist also auch im sozialistischen Laos angekommen. Als ich mich nähere, werde ich von einer der Frauen angesprochen. Ich schildere die Situation und sie scheint sich zu erinnern, aber hat keinen Ausweis bekommen. Mit jeder Nachfrage wird sie sogar noch sicherer. Sie sagt, sie hat nur ein Foto vom Ausweis gemacht, und zeigt es mir auf ihrem Handy. Zum Beweis ihrer Geschäftspraxis zeigt sie mir noch etliche weitere Fotos von anderen Ausweisen (schöne Sammlung). Ich rufe V. zurück, ob sie sicher sei, dass M. den Ausweis abgegeben habe. Inzwischen hat sich auch die Eier-Frau eingeschaltet. Auch sie bestätigt die Geschichte. Ich bin geneigt, ihnen das auch zu glauben. V. bestätigt am Telefon, ja, M. habe den Führerschein abgegeben. „Ahhh“, denke ich mir, „Führerschein…!“ Das Foto auf dem Handy zeigte aber den Reisepass! Ich frage die Frauen, ob sie hier beim Scooter-Verleih/ Fruchtsaftstand/ Eierverkauf so etwas wie ein Depot haben. Als ich noch einmal ausdrücklich klarstelle, dass es sich um den Führerschein handelt, wird per Facetime noch eine dritte Frau zugeschaltet. Und plötzlich nimmt das Gespräch noch einmal eine Wendung. Wir gehen zurück zur Office/ Fruchtstand, wo sich tatsächlich eine Mappe befindet und daraus, so als wären sie schon die ganze Zeit darin gewesen, holt sie ein paar Führerscheine hervor und (Tada!) auch den von M.
Das ganze Spiel dauerte so 20-30 Minuten. Zwischenzeitlich hatte ich schon halb aufgegeben, aber mich noch mal festgebissen. Denn zu sehr hätte ich selbst der Depp sein können, der seinen Ausweis/ Führerschein in genau so einer Situation vergisst. Dafür kenne ich den Deppen in mir inzwischen zur Genüge.
Am nächsten Abend in Vang Vieng trifft der eine Depp den anderen und es kommt zur freudigen Übergabe des Führerscheins. Und tatsächlich empfinde ich so etwas wie die Freude des Schenkens, wenn sich das Kind zu Weihnachten so richtig und kindlich über das Geschenk freut. Das Lächeln von M. jedenfalls ist unbezahlbar und es wird mich noch ein wenig begleiten, zum Beispiel jetzt gerade, da ich die Geschichte aufschreibe…
Herr Boe klopft sich und seinem inneren Team auf die Schulter/n: Ja, wir waren heute ein guter Pfadfinder! (das innere Team singt gemeinsam: „Kondome nicht ins Klo, keine Drogen sowieso, weniger Fernsehen, öfter zu Fuß gehen, auch mal an die im Abseits denken, gebrauchte Pornos dem Altersheim schenken – gutes Tun…“)