Im Zeitalter der Populisten
Im Zeitalter der Populisten
Dagegen sein ist einfach. Das weiß schon jeder Zweijährige in der Trotzphase. Und wenn Donald Trump als US-Präsidentschaftskandidat in einer Fernsehdebatte einfach immer nur wie ein 70jähriger Zweijähriger „Wrong! Wrong! Wrong!“ ins Mikro bellt und damit, jetzt kommt’s, auch noch Erfolg hat (noch immer würden ihn über 40% der US-Amerikaner wählen), dann wissen wir, was die Stunde geschlagen hat. Was dagegen nicht hilft, ist, Hillary Clinton zu feiern, falls sie sich gegen Trump durchsetzen sollte.
Genau so verfehlt ist, meines Erachtens, die Karikatur aus der Stuttgarter Zeitung, die Viktor Orbán als Verlierer seiner Volksabstimmung gegen die EU-Flüchtlingskontingente sieht. Das ist schlicht Bullshit, realitätsblind und damit gefährlich verharmlosend. Denn ganz im Gegenteil zeigt dieses Ergebnis, wie höchst erfolgreich Orbáns Hetze im eigenen Land ist.
Das einzige, was die totale Katastrophe verhindert hat, war, dass das Quorum von 50% Wahlbeteiligung nicht erreicht worden ist. Die Ablehnung gegen die europäische Flüchtlingspolitik hingegen hätte kaum deutlicher sein können. Denn 98% (!) der gültigen Stimmen sind gegen die EU-Quoten. Daher ist es absolut realitätsblind, das als Orbáns Niederlage zu feiern. Bei deutschen Landtagswahlen werden im Schnitt knapp 60% Wahlbeteiligung erreicht. Gäbe es ein 50%-Quorum, so wären die letzten Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen sogar ungültig. In der Schweiz, wo es häufig zu Volksabstimmungen kommt, liegt die Wahlbeteiligung durchschnittlich bei 40%. In Kolumbien, wo es gerade um einen historischen Friedensvertrag nach über 50 Jahren Bürgerkrieg ging, wollten lediglich 37% darüber abstimmen.
In diesem Licht erscheinen die 40% der Ungarn, die zu 98% gegen die EU-Flüchtlingspolitik stimmten, kaum wie eine frohe Botschaft, ganz im Gegenteil. Und wenn man für die deutschen Nachrichten auf der Straße genau drei Ungarn vor die Kamera holt, die gegen Orbáns Politik sind, dann ist das leider nicht korrekt und spielt die politische Lage in Ungarn grandios herunter. Und das geht leider gar nicht. Denn diese Form der verharmlosenden Berichterstattung stärkt und bestätigt lediglich alle Lügenpresse-Schreihälse und die rechten Populisten.

Oktober 11, 2016 um 10:24 am
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