Fundstück – pazifistische Protestform

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Fundstücke in Fernwest – pazifistische Protestform

Popayán ist die Hauptstadt des Departamento Cauca und präsentiert sich stolz als die „Ciudad Blanca“ Kolumbiens, also als die weiße Stadt. Und tatsächlich so viele weiße Häuser in einer Stadt hab ich lange nicht mehr gesehen (wenn überhaupt). Kolonialhäuser reihen sich aneinander, dass es eine wahre Freude ist – wirklich hübsch anzusehen.
Aber so viel weiß kann auch provozierend und einladend wirken. Denn was kann man mit so viel weißer Fläche anfangen? Hmmm, mal überlegen, liebe Kinder! Richtig: beschmieren oder Graffitis ansprühen. Oder aber sie eignen sich auch für eine pazifistische, wenngleich fast vergessene Protestform: das einst beliebte Farbbeutelwerfen.
Rund um die Plaza Cauca, dem zentralen Platz Popayáns, finden sich herrlich weiße, koloniale Prachtbauten und in fast allen befindet sich der Sitz einer Bank. Kennt man also nicht nur aus Deutschland, dass die Banken die protzigsten Gebäude haben. Und nun genau die Fassaden dieser Banken sind zur Leinwand des Protestes geworden (siehe Fotos).
Dabei fällt mir eine hübsche Anekdote ein. Zu guten alten Marburger Zeiten, als ich im so genannten „Madhouse“ wohnte, haben zwei gute Freunde, nennen wir sie mal V.* und M.* (*Namen von der Redaktion gekürzt), daran gemacht, in unserer Wohnung Farbbeutel vorzubereiten, um sie mit viel Schwung und Wut gegen das Gebäude der Deutschen Bank zu schleudern. Als wäre das nicht schon Grund genug, hatte die sich ein Stück vom ehemaligen Biegeneck unter den Nagel gerissen, einem der Streitobjekte der 80er und 90er Jahre (so mit Hausbesetzung, studentischem Wohnraum, polizeilicher Nacht-und-Nebel-Räumung, Abriss ohne Baugenehmigung – volles Programm also).
Zur Tat: Unsere beiden Protestler haben sich, quasi als Rache auch bei Nacht und Nebel aufgemacht, die Fassade der Drecksbank zu beschmutzen. Und womit? Mit Recht! Während M. seine Munition hektisch, wie es seine Art war, schon verschossen hatte, nahm V. präzise Maß, um die Bank an strategisch besonders schmerzvollen Punkten zu treffen (Bank-Logo). M. war nervös und wollte weg und rief tatsächlich folgende Worte: „Los V.! Lass uns abhauen!“ Er rief nicht tatsächlich „V-Punkt!“, sondern er gab natürlich als professioneller Delinquent und Farbbeutelwerfer den kompletten Klarnamen (sowie Anschrift) des Mitdelinquenten bekannt, bevor die zwei im gestreckten Galopp den Tatort verließen.
Diese Geschichte soll nur mal als kleine Anregung dienen, was wir heute noch so als kleine Bürger:innen auf der Straße so tun können, wenn man nicht weiß, wo all die Wut hin soll. Vielleicht mal zur Abwechslung vom Leute beleidigen im Internet. Spaß macht es obendrein!

(In der Hoffnung, dass die Taten verjährt sind! Andererseits kann man das nie wissen in einem Land, indem die Strafen höher sind, wenn man ein Polizeiauto beschädigt als eine:n Polizist:in selbst!)

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