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Viel Spaß mit VISA und FedEx – Teil 1
Viel Spaß mit VISA und FedEx – Teil 1
Sicher, sich aufzuregen hilft oft gar nichts. Aber sich nicht aufzuregen, bringt meistens genau so wenig! Und, jetzt mal ehrlich, sich aufregen macht manchmal auch ganz schön Spaß.
Heute soll es der Tag einer guten Tat werden! Naja, ehrlich gesagt, soll daraus gar kein ganzer Tag werden. Ich habe heute morgen schon meinen Kreditkartenscheiß erledigt. Die letzten drei Tage habe ich vergebens versucht, Geld abzuheben. Ich habe es bei allen möglichen Banken probiert und musste bei meiner Bezahlung in Palomino sogar auf meine heiligen Euro-Reserven zurückgreifen. Toll! Meine einzige Kreditkarte hat also genau zwei Abhebungen gehalten. Davor, in Venezuela, bin ich ja nicht an Geldautomaten aktiv gewesen, da diese (noch!) keinen Schwarzmarktkurs anbieten. Würde mich aber nicht wundern, wenn es das bald auch gibt. So ein südamerikanischer Sozialismus ist ja voller Überraschungen!
Jetzt bin ich in Cartagena und hier gibt’s einen Haufen Banken. Ich versuche, in einer Bank meine Karte prüfen zu lassen, ob der Chip kaputt ist oder so ähnlich. Kann man ja vielleicht in einer großen Bank machen! Kann man ja mal checken! denke ich mir. Das Personal ist durchaus freundlich, kann das Problem aber nicht lösen. Meine Bankfachangestellte telefoniert herum und schaut meine Karte schließlich skeptisch an. Jaja, der Chip sehe irgendwie beschädigt aus. Irgendwie beschädigt…? Aha. Ich solle doch besser meine Bank anrufen.
Gut, das hatte ich ohnehin vor. Ich suche also einen Laden für internationale Gespräche auf. Diesen Service bieten die unzähligen Personen in der Straße mit ihren „Llamada“-Schildern leider noch nicht an (siehe Foto unten).
Das erste Telefonat ergibt, dass es die internationale Hotline der DKB nicht mehr gibt – aha!
Das zweite Telefonat spült mich in die Warteschleife der normalen deutschen Hotline, was natürlich immer schön ist, wenn man aus dem Ausland anruft (von wegen 9 Ct/min aus dem deutschen Festnetz, ihr Arschgeigen!). Ich werde mehrfach vertröstet, dass schon der nächste freie Mitarbeiter mit mir und nur mir verbunden wird. Scheiß Nervmusik dazu! Nach ein paar Vertröstungen wird mir geheißen, später noch mal anzurufen. Das tue ich dann auch. Was bleibt mir anderes übrig…? Als beim fünften Anruf tatsächlich jemand dran ist, bin ich viel zu überrascht und zu froh, dass ich ganz vergesse mich zu beschweren, dass ich als Auslandsnotfall nicht direkt in die Notaufnahme komme, sondern mit all den Kassenpatienten ins Warteschleifenzimmer gesteckt werde.
Der Telefonseelsorger kann mir allerdings nicht weiterhelfen, da der Zugriff auf mein Kreditkartenkonto derzeit nicht möglich ist: Aus Sicherheitsgründen gesperrt! Das Warum werde ich erst morgen erfahren, da der zuständige VISA-Service keinen 24-Stunden-Dienst hat.
Am nächsten Morgen erreiche ich direkt (auch das gibt es!) meinen Problemlöser in München. Und Ja in der Tat wurde meine Karte aus Sicherheitsgründen gesperrt, da jemand damit in Kolumbien Geld abgehoben habe! – Okay, das kann ich erklären! „Ja, wir waren uns nicht ganz sicher, ob es dieses Kolumbien wirklich gibt!“ Aber natürlich kann ich meine Karte wieder benutzen. Komisch nur, warum sie mir die Karte sperren, mich aber nicht darüber informieren können? (Später habe ich herausgefunden, dass mir VISA tatsächlich einen Brief nach Hause geschickt hat. Toll. Wie wäre es mit einer Email, ihr Flachzangen?! Wahrscheinlich nicht sicher genug. Dann lieber einen Brief schreiben. Einen Brief! Kann mir leider niemand erklären, wie ich an diesen Brief kommen soll, falls ich tatsächlich in Kolumbien sein sollte…?! Au Mann! Also wirklich, Freunde!)
Ach, übrigens konnte ich zeitgleich mit meiner Maestro-Karte in Kolumbien natürlich Geld abheben. Das ist ja klar!
(Zweiter Teil folgt! Muss mich erst noch beruhigen!)
https://tommiboe.com/2013/10/26/viel-spas-mit-visa-und-fedex-teil-2/

Kleiner Grenzverkehr
Kleiner Grenzverkehr – Teil 1
Ich nehme den „kleinen“ Grenzübergang zwischen Venezuela und Kolumbien, zwischen Maracaibo und der Península La Guajíra, vor dem in manchen Reiseführern gewarnt wird. Ui! Das klingt doch nach Abenteuer. Ich weiß aber inzwischen, dass das nichts weiter zu bedeuten hat.
Nach einem schwül-heißen Tag in Maracaibo fällt mir der Abschied aus der Ölhauptstadt Venezuelas nicht sonderlich schwer. Immerhin konnte ich beim gestrigen Abendessen im einzigen sich drehenden Restaurants Venezuelas das einzigartige Naturphänomen Catatumbo über dem Lago de Maracaibo zumindest noch von Weitem erblicken. Das ist so etwas wie Polarlicht light für Venezolaner: ständig zuckende Blitze ohne Donner!
Am Terminal wird mir dieses Mal schon vorm Eingang „Maicao!“ entgegen gerufen, mein kolumbianischer Grenzort. Es wird mir der Dienst in einem „Por Puesto Taxi“ angeboten. Dabei handelt es sich um eines dieser uralten US-Schlachtschiffe, in denen man einen Platz (also nicht das ganze Taxi) erwirbt. Das Ganze ist zwar etwas teurer als ein Bus aber natürlich viel billiger als ein Taxi selbst. Außerdem hält es nicht überall und sollte dadurch eigentlich schneller sein. Immer verdächtig, wenn das Wort „eigentlich“ in solchen Zusammenhängen fällt!
Naja, warum nicht? – Warum nicht, erklärt sich mir im Verlauf der nächsten Stunde, in der wir auf die nötigen 5 Passagiere warten, die das „Por Puesto“ voll machen! Jaja, es geht gleich los… Sonst wird weiter gewartet…
Nach einer Stunde sind die Wartenden (inklusive mir) sauer genug, sodass uns das Personal dieses „Por Puestos“, dann auch zu viert losfahren lässt. (Auf dem Foto unten erkennt man die vier Männer, die sich mit unserer Fahrt beschäftigt haben, also mehr oder weniger für das „Reiseunternehmen“ arbeiten, unter dessen Flagge unser rollender Mülleimer segelt. – Nicht eingerechnet auf dem Extra-Foto der freiberufliche Typ, der mit Trillerpfeife den Leuten beim Einparken hilft, ob sie wollen oder nicht. Was auch so ein Job ist, den man mal für ’ne Viertelstunde, aber bitte keine Minute länger, übernehmen würde.)
Um Fahrweisen und deren -vergehen soll es hier nicht gehen. Das würde den Rahmen völlig sprengen. Nur so viel: Wer auch nur einen einzigen Tag auf venezolanischen Straßen er- und überlebt hat, wird sich in Europa nie wieder über irgendetwas aufregen (können). Versprochen!
Natürlich müssen wir, bevor’s losgeht, auch noch mal volltanken, was verständlich ist, wenn man sich erinnert, dass Tanken in Venezuela nur Zeit, aber niemals Geld kostet. Die Strecke dauert ungefähr zwei Stunden (theoretische Fahrzeit) und auf den letzten hundert Kilometern vor der Grenze gibt es keine Tankstellen mehr.
Unser junger Fahrer hält aber später trotzdem noch zweimal an, um sich am Straßenrand den Tank auffüllen zu lassen (siehe Foto). Das eine Mal auf offener Strecke an einer wilden Müllhalde, an der dann eine dubiose Person mit Plastikflaschen zwischen den Büschen hervorspringt… Hä?! Ich begreife das nicht! Das Benzin ist in Venezuela quasi ein Werbegeschenk der sozialistischen Regierung an sein Volk. Warum also kurz vor der Grenze überteuerten illegalen Sprit tanken? Hä?! – Beim zweiten Nachtanken sind es gerade mal ein paar Literchen für 20 Bolos, was, wie wir gelernt haben, für vier venezolanische Tankfüllungen ausreicht!
Das wirkt, auf den ersten Blick, bizarr. Aber es lohnt sich ein zweiter. Denn es lohnt sich sehr, mit einem randvollen Tank über die Grenze zu kommen, um dort so viele Liter wie möglich abzusaugen und zu verkaufen. Klingt idiotisch. Aber nicht lange, wenn man sich bewusst macht, dass der Sprit in Kolumbien zu handelsüblichen Preisen gehandelt wird (3000 Peso pro Liter = 1,15 €) und in Venezuela verschenkt wird. Zur Wiederholung und zum Weitererzählen: „An einer venezolanischen Tankstellen ist Pissen teurer als Volltanken!“ Und das ist kein Witz!
Auf der Fahrt von Maracaibo bis zur Grenze kommen wir an geschätzten acht bis zwölf Kontrollposten vorbei. Wir müssen meist nicht mal die Pässe zeigen, aber es staut sich trotzdem jedes Mal der Verkehr auf.
Schließlich kommen wir an die Grenze. Die venezolanische Grenzstelle ist geschlossen, Mittagspause. Dementsprechend vergrößert sich die Schlange der Anstehenden. Nach der Pause wird die Schlange aber dann erstaunlich schnell und ohne lästige Fragen weggestempelt. Unfreundlich natürlich und bei mir landet der Stempel auf einer Seite im Reisepass, die ausdrücklich für deutsche Vermerke vorgesehen ist. Aber sich jetzt zu beschweren, das hieße, sich selbst ins Knie zu schießen.
Bei den Kolumbianern geht’s etwas gediegener zu. Man sitzt an, in einem klimatisierten Raum! Ich bin im übrigen der einzige nicht-Venezolaner/Kolumbianer im ganzen Grenzbereich, was dafür sorgt, dass es natürlich bei mir zu Verzögerungen kommt. Mein Fachbearbeiter hat mir schon mit Schwung den Stempel in den Pass gepresst, verharrt aber und verschwindet von seinem Platz und läuft zu Kollegen im hinteren Bereich! Och, nöh! geht mir durch den Kopf! Was denn nun? Der Typ kommt trällernd, lächelnd zurück und fragt mich, ob ich nach Santa Marta fahren würde. Ich sage: Ja, wahrscheinlich schon. Ja, weil es hier Probleme gibt mit dem Pass, da müsste ich dort noch mal auf ein Amt. Hä…?! Was ist…?! – Zum Glück wartet die Kolumbianerin, die mit mir ihm Taxi saß, noch so halb neben mir und eilt zu Hilfe und fragt nach! Damit hat der Typ nicht gerechnet! Sie sagt, er soll mal genau die Adresse und seinen Namen aufschreiben und noch mal genau erklären, was denn nun Sache sei. Tatsächlich beginnt er, etwas aufzuschreiben, aber hört dann plötzlich auf und meint, irgendwie habe sich jetzt doch alles geklärt. Pasaporte und Tschüss! Hä?! Ich schüttele innerlich ein paar Mal den Kopf. Was sollte das denn werden? Mal hübsch den einzigen Gringo über den Tisch ziehen…? Von wegen Probleme und dann mit ein paar Scheinchen die Sache erledigen… Netter Versuch! Ihr Schweinepriester!
Meine Reise endet für heute in Riohacha, der größten Stadt von La Guajira, einem der trockensten Flecken Kolumbiens. Demwidersprechend geraten wir in ein extrem potentes Tropengewitter mit allem Drum und Dran. Die fünf Schritte, die ich im Terminal vom Bus zum Unterstand machen muss, machen mich nass! – Es scheppert, zuckt und knallt, als hätte der Himmel Totalschaden. Dann haut’s im Terminal auch noch den Strom raus. Die Gesamtchoreographie stimmt!
Eine Stunde später fährt mich ein Taxi durch die Seenplatte Riohachas. Was ein Spaß. Jetzt fehlt nur noch ein kaltes Aguila (das Bier der kolumbianischen Küste).
Bienvenido a Colombia!



Apothekenumschau
Apothekenumschau
Es hat mich erwischt! (Nein, ich bin nicht verliebt!)
Einige Tage nachdem Betty, meine Gastmutter, schnaufend durch Haus und Hof gelaufen war, kratzte es an meinen Mandeln und kribbelte es in meiner Nase. Zum einen bin ich froh, dass ich meinen beiden Outdoortage (Canyoning und Gleitschirmfliegen) hinter mir habe, zum anderen habe ich jetzt die Nase richtig voll.
Betty empfiehlt mir ein Medikament, das ich mir nicht verschreibungspflichtig in der Apotheke gleich um die Ecke holen kann. Ich versuche, das Positive in der Sache zu sehen. Da habe ich doch mal wieder einen verbrauchernahen Anlass, mir ein paar unbekannte spanische Vokabeln rauszusuchen. So weiß ich jetzt, das Schleim „flema“ heißt, sich anstecken „contagiarse“ und Popel „loro“. Schön! Das hätte ich sonst nie gelernt!
Das Wort „Pañuelos“ kannte ich schon, hilft mir aber nichts, denn schließlich sind wir in Venezuela, also in einem Land in dem das Klopapier knapp ist und – zumindest leuchtet mir diese Logik ein – damit auch die Taschentücher. Es gibt also keine: akute Zellstoffverknappung! Ich befinde mich in einer Apotheke wohlgemerkt und nicht beim Metzger! Dafür bekomme ich einen Packen Servietten, die zwar nicht so kuschelig weich wie Zewa Softies sind und nicht so viel „flema“ (ihr lernt also auch wichtige spanische Vokabeln) wie Tempos aufnehmen können, aber ich habe ja auch keine verwöhnte Nase, schließlich erledigt den Job zuhause auch die Küchenrolle!
Dann frage ich noch nach „algo para inhalar“, etwas zum Inhalieren, woraufhin mir die Apothekenfachangestellte einen „Inhalador“, einen Inhalator, andrehen möchte. Nein, ich möchte einfach etwas zum Inhalieren haben. Ich kassiere einen ungläubigen Blick, als hätte ich gerade ein Pfund Gehacktes bestellt. Das verstünde sie nicht. Ich könne doch Essig und Salz nehmen… aha! Ach, hatte ich es schon erwähnt, ich war noch immer in der Apotheke. Als Übersprungshandlung kaufe ich eine Tafel Mandelschokolade, die kann ich mir ja später mit Essig und Salz aufkochen… Die Schokoladenauswahl ist hier übrigens ganz ausgezeichnet!
Zurück zu Hause nehme ich meinen ersten Löffel Broxol, schließe die Augen und schmecke Venezuela / Südamerika. Selbst die Medizin ist hier so süß, dass einem die Zähne knirschen! Und auf der Flasche steht „adultos“ drauf, ist also für Erwachsene. Da möchte ich mir gar nicht ausmalen, wie die Kinderversion schmeckt.
Hätte ich das gewusst, hätte ich mir die Schokolade sparen können.


