Der Blockwart!
Der Blockwart!
Auf jedem Stellplatz gibt es ihn: den Blockwart, oder auch: den ABV, den Abschnittsbevollmächtigten! Ihr erkennt ihn sofort. Denn er ist keiner von den vielen alten Männer, die hier herumstrolchen und neugierig gucken, als würde das allein schon als Hobby durchgehen. Er macht sich bemerkbar! Und er kommt schon seit Jahren hierher, steht auf dem besten Platz, kennt den Inhaber noch aus dem Vietnamkrieg, kennt alle wesentlichen Kfz-Kennzeichen (und ein paar aus dem Osten) und ist immer maximal 1,70 Meter groß.
Ich bin gerade dabei mich einzurichten, da wittere ich ihn auch schon hinter mir. Sein Blick klopft mein Womo ab. Wo kommen die ganzen Beulen hier, ist der Abstand okay, stimmt der Einparkwinkel, ist die Marquise ordnungsgemäß befestigt, und gegen Starkwindereignisse gesichert, die Winde darf man hier nicht unterschätzen, letztes Jahr erst…, ist das Kabel auch stellplatzkonform oder nicht doch ein bisschen zu humanistisch verlegt. Ich lächele über die Schulter und sage: „Die gerade Linie beleidigt Gott!“ und weiß, dass diesen Satz nicht leider versteht. Das Gesicht des Blockwarts gefriert und der Ton wird etwas rauer und erinnert mich gewissenhaft, den Kabelanschluss unters Womo zu legen wegen Regen und so. Ich sag Jaja und nix weiter, weil ich mir denke, naja, vielleicht meint er es ja nur gut…
Aber nein! Das ist grundlegend falsch. Wo sind die Psycholog*innen, wenn man sie braucht?! Denn solche Typen meinen es niemals gut. Die wollen auch nicht behilflich sein oder einfach nett! Die wollen dir einfach ihr kleinkariertes Ordnungssystem, das schon immer alles so war, wie es ist und das ist auch gut so, wo kämen wir denn hin, wenn hier jeder sein Kabel kreuz und quer (wie die Russen) und die Mülltüte (ich: „Wussten Sie, ‚Mülltütengebühr‘ ist übrigens ein Wort mit drei ‚ü‘“) und die Mülltüten nicht vor der Tür lagern wegen den Viechern (Er macht das extra mit dem Dativ. Ich weiß. Aber ich falle nicht darauf rein. Das würde alles noch schlimmer machen… Ich huste unauffällig in die Ellenbeuge). Und die leeren Bierflaschen vorne beim Kiosk, da kann man auch Brötchen bestellen, bei der Roswitha, aber vor 18 Uhr…
Ich bin erst fünf Minuten hier und will schon wieder weg. – Bleib stark! Ich huste noch mal in die Ellenbeuge, während er mir irgendwas vom Krieg, vom Pferd und von einem Gott (dem richtigen vermutlich) und dessen Welt (der westlichen vermutlich) erzählt. Ich sag nichts und huste einfach noch mal. – Und dann noch mal! Ich weiß, sowas macht man in Corona-Zeiten nicht. Keine Karmapunkte… böser Junge, aber leider geil und effektiv…!
Dann ist das „Gespräch“ plötzlich vorbei. Ich lege mein Kabel in Schlangenlinien aus, trink schnell eine Flasche Bier aus, obwohl ich gar keinen Durst habe, lasse sie vorm Womo ins Gras fallen und rülpse in die Ellenbeuge.
Er so Blockwart; ich so Rebell!

